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SpaceLife

13. September 2010

Einen Promotionsstudiengang mit außerirdischen Dimensionen bietet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Bei SpaceLife erarbeiten sich Biologen, Sportler oder Physiker ihren Doktor in der Weltraumforschung.

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Filmstill aus '2001 - Odyssee im Weltraum' (Foto: picture-alliance)
Mission WeltraumforschungBild: picture-alliance / KPA

Ganz vorsichtig holt Tina Koch die empfindlichen Zellkulturen aus dem Inkubator und setzt sie in eine sterile Box. Seit einem Jahr untersucht die 29-Jährige menschliche Tumorzellen, um herauszubekommen, wie sie auf Weltraumstrahlung reagieren. Irgendwann einmal können ihre Forschungen dazu beitragen, Astronauten besser vor Strahlen zu schützen. Tina Koch hat Biologie studiert und auf der Suche nach einer Doktorandenstelle SpaceLife beim Googlen im Internet eher zufällig entdeckt. "Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich mich mit Weltraumforschung gar nicht beschäftigt, aber es klang faszinierend", sagt sie. Also bewarb sie sich und bekam den Platz.

Gemeinsam eine Mission erfüllen

25 Studierende aus der ganzen Welt forschen und experimentieren im DLR, im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt – immer in Absprache mit dem Doktorvater ihrer jeweiligen Universität von Kiel bis Regensburg. Sie kommen aus den verschiedensten Disziplinen: Sport, Medizin, Elektronik, Biologie oder Physik. Die Nachfrage ist groß, täglich bekommt SpaceLife-Koordinatorin Dr. Christine Hellweg Anfragen aus aller Welt. "Bei uns macht jeder ganz normal seine Doktorarbeit, erfährt aber auch etwas von den angrenzenden Wissenschaften", sagt sie. "Und all diese Doktorarbeiten sind ein kleiner Baustein zu einer größeren Mission." Die Mission heißt Weltraumforschung: Wie man Astronauten leitungsfähiger machen kann, ist eine zentrale Frage, aber auch, ob es dort draußen Leben gibt und wie man längere Aufenthalte im All gestalten könnte.

Studentin Tina Koch Doktorandin im Labor des DLR 9.8. im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. in Köln Porz Foto: Suzanne Cords
Experimente im LaborBild: DW/Cords

Blick über den Tellerrand

Geforscht wird in Köln, und damit sich die Doktoranden voll und ganz auf ihre Arbeit konzentrieren können, haben sie Stipendien bekommen. Gemeinsame Unterrichtssprache ist Englisch, Vorlesungen finden in regelmäßigen Abständen an der Heimatuniversität der Studierenden statt. Die Physiker fahren nach Kiel, die Sportler nach Köln und die Biologen nach Bonn. Der Rest der Zeit wird im DLR verbracht, und einmal im Jahr treffen sich alle Teilnehmer, um sich gegenseitig ihre Projekte vorzustellen. Die wissbegierige Inderin Alankrita Mrigakshi hat Physik, Mathematik und Elektronik studiert, interessiert sich aber auch brennend für die Arbeit ihrer Kommilitonen. "Das Spannende an SpaceLife ist, dass Wissenschaftler der verschiedensten Richtungen hier zusammen in einem Gebäude sitzen und am gleichen Ziel arbeiten", sagt sie. "Ich finde es ungeheuer bereichernd, Einblick in andere Disziplinen zu gewinnen.“

Ein kleiner Planet im großen Universum

Alankrita Mrigakshi Doktorandin im Space Life Studium Foto: Suzanne Cords
Alankritas Labor ist der ComputerBild: DW/Cords

Im Gegensatz zu Tina Koch war die 24-jährige Alankrita Mrigakshi schon ihr ganzes Leben lang vom Weltraum fasziniert. Als Kind erlebte sie in ihrer Heimat eine Sonnenfinsternis und von da an hatte die damals Achtjährige nur noch eins im Sinn: den Weltraum zu erforschen. Ihre Eltern kauften ihr ein Teleskop, und seitdem starrt sie jede Nacht in den Sternenhimmel. "Wir sind ein kleiner Planet, aber die Menschheit ist so auf sich selbst fixiert, dass der Weltraum sie nichts anzugehen scheint", sagt sie nachdenklich. "Dabei hängt unser Leben vom Sonnenzyklus und von der ganzen Galaxie ab. Für mich war das genug Ansporn, hier bei SpaceLife zu studieren."

Alankritas Mrigakshis Arbeitsplatz ist der Computer, an dem sie Weltraummodalitäten und Strahlungen simuliert. Auch Tina Kochs Stundenplan im DLR sieht nicht viel anders aus als ein normaler Biologenalltag. Immer wieder muss sie Neugierige enttäuschen, die hinter SpaceLife Versuche in schwerelosen Kapseln oder ähnlich exotische Dinge vermuten. "Wenn man mein Projekt isoliert betrachtet, würde man nicht denken, dass es mit Weltraum zu tun hat", lacht sie. Im Grunde genommen macht sie nämlich nichts anderes als früher im Studium: Sie sitzt im Labor und arbeitet mit Zellen. "Aber die Vorstellung, dass meine Arbeit ein kleines Puzzleteil in dem ganzen Weltraumforschungsprojekt ist, fasziniert mich."

Erfindungen der Weltraumforschung erleichtern den Alltag

SpaceLife-Koordinatorin Dr. Christine Hellweg Foto: Suzanne Cords
Dr. Christine HellwegBild: DW/Cords

Tina Koch bestrahlt Zellen, eine chinesische Biologin untersucht, wie sich das Knochenmark im All verändert, und der Sportphysiologe eine Tür weiter entwickelt ein spezielles Trainingsprogramm für Astronauten, um den Knochenabbau in der Schwerelosigkeit zu bremsen. Nicht jeder, der seinen Doktor bei SpaceLife abschließt, wird später einmal in der Weltraumforschung einen Job finden. Doch SpaceLife sei keine Einbahnstraße, betont Dr. Christine Hellweg. "Die Doktoranden bekommen eine grundlegende Ausbildung in ihrem Fachgebiet und können dann in allen möglichen Bereichen arbeiten." Viele Entwicklungen aus der Raumfahrt haben längst im Alltag Einzug gehalten, so wie die teflonbeschichtete Pfanne, Schaumstoffmatratzen für Rückengeplagte oder Sportprogramme für Astronauten, die man auch in der Reha nutzt. Die Liste ist lang. Das fächerübergreifende Wissen öffnet den Absolventen von SpaceLife viele Türen, doch für Alankrita Mrigakshi ist klar, dass sie dem Weltraum treu bleiben wird: "Die indische Weltraumforschung steckt noch in den Kinderschuhen, und wenn ich erst meinen Doktor habe, wäre es mein größter Wunsch, dort mitzuarbeiten.“


Autorin: Suzanne Cords

Redaktion: Gaby Reucher