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Sonnenöfen für den Klimaschutz

23. August 2010

Afrikas Wälder werden abgeholzt – mit Folgen für die ganze Welt. Verantwortlich ist auch der Mangel an Energie auf dem Kontinent. Doch zumindest Feuerholz lässt sich ersetzen.

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Gustl Barth mit ihrem SonnenofenBild: Gustl Barth

Afrika verantwortet weniger als drei Prozent des globalen CO2-Ausstoßes. Jedenfalls wenn es darum geht, den eigenen Wohlstand zu vergrößern oder die Mobilität der Menschen. Doch über eine Milliarde Tonnen CO2 entstehen jährlich, weil Afrikas Regenwälder abgeholzt werden.

"Die Abholzung geht in einem rasanten Tempo weiter. Trotz großer Anstrengungen hat sich die Situation in vielen Ländern nicht verbessert.", sagt Mette Wilkie von der UN-Landwirtschaftsorganisation (FAO). Nach den Zahlen des "State oft the World's Forest Report 2010" der FAO, wurden in den letzten 10 Jahren mehrere Millionen Hektar Wald in Afrika vernichtet. Die große Abholzung geschieht einerseits für den Holz- und Rohstoffhunger der Industriestaaten, andererseits sind die Menschen in armen und ländlichen Regionen aber oft auf Feuerholz oder Kohle angewiesen.

Konsequenzen für das Weltklima

Kochen mit Holzfeuer
Verschwenderisches Kochen mit HolzfeuerBild: FAO/Djibril Sy

Die Konsequenzen für das Weltklima stehen noch aus, doch die lokalen ökologischen Folgen sind bereits katastrophal: In Tansania verödet das Land rund um die Hauptstadt Dodoma, die Bevölkerung kann es möglicherweise bald nicht mehr ernähren. Im benachbarten Kenia fällt immer weniger Regen, weil der Mau-Wald im Rift Valley abgeholzt wird. Auch in der Demokratischen Republik Kongo, in Gabun und in vielen weiteren Ländern Afrikas raubt die Abholzung den Menschen ihre Lebensgrundlage.

Eine attraktive Vision für weite Regionen Afrikas wäre es natürlich, statt Feuerholz die Kraft der Sonne im großen Maßstab zu nutzen. Doch die praktische Umsetzung ist mit zahlreichen Problemen verbunden. Photovoltaik zur Stromerzeugung ist für Afrika meist noch zu teuer und zu wartungsintensiv. Doch auch günstigere Systeme, die über direkte Sonneneinstrahlung Energie zum Kochen liefern - wie zum Beispiel Parabolspiegelkocher oder Boxenkocher - konnten sich bisher nicht wirklich durchsetzen. Einen anderen Weg versucht deshalb die Nichtregierungsorganisation "Migesado" aus Tansania: Mit Unterstützung von "Brot für die Welt" baut sie Biogasanlagen und energiesparende Lehmöfen, die mit Kuh-Dung befeuert werden.

Design muss dem Menschen dienen

Sonnenofen im Einsatz
Sonnenofen im Einsatz - nach den Vorstellungen von Gustl BarthBild: Gustl Barth

Die ungeheure Energie der Sonne könnte für Afrika trotzdem eine entscheidende Rolle spielen - das glaubt zumindest die Designerin Gustl Barth (26) aus Braunschweig. Wichtig seien dafür ein breiter Energiemix und die Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten. Barth hat einen eigenen Sonnenofen entworfen. "Das Problem bei den meisten Öfen ist das Design", erklärt sie. "Eines muss doch immer klar sein: Die Objekte müssen dem Menschen dienen und nicht der Mensch den Objekten."

In vielen Regionen Afrikas sei es beispielsweise üblich und notwendig, dass eine Familie erst nach Untergang der Sonne isst. Gustl Barths Ofen ist deshalb als Speicherofen konzipiert und kann unabhängig von der Sonneneinstrahlung betrieben werden. Günstig sollte er außerdem sein und möglichst vor Ort zu fertigen. Das Herzstück ist ein großes Ölfass, das in der Mitte abgeschnitten wurde. Die wertvollsten Bauteile sind Kupferleitungen, mit denen das Ölfass umwickelt wird. In diesen Leitungen fließt Pflanzenöl als Wärmespeicher - das kann zum Beispiel lokal angebautes Erdnussöl oder Palmöl sein. Erhitzt wird das Öl tagsüber mit Hilfe von optischen Linsen. Durch seine Konstruktionsweise kann der Ofen nachts außerdem als Heizkörper dienen.

Im Zentrum des Ofens befindet sich ein Topf. Ein Tontopf genauer gesagt, denn der ist wiederum leicht zu fertigen. Was aber noch wichtiger ist: Die afrikanische Küche basiert nach den Erkenntnissen von Barth häufig auf dem Kochen im Tontopf. Das aromatisiere die Speisen auf eine spezifische Art und Weise und mache sie besonders zart. "Als Designer sollte man immer genau hinschauen", sagt sie. "Afrika hat seine eigene Kultur und die gilt es auch beim Design zu respektieren."

Der schwierige Weg zur Praxis

Madagaskar Klima Geschütztes Waldgebiet
Schwindende Ressource WaldBild: Victoria Averill

Praktiker wie der Solarkocher-Pionier Wolfgang Scheffler berichten von Schwierigkeiten mit Speicherkochern in Afrika. In einem Erfahrungsbericht aus Mali und Burkina-Faso beschreibt er, dass die Wärmespeicher seiner Systeme mit geringem Volumen nicht richtig funktionierten oder einige Materialien für den Bau vor Ort dann doch nicht verfügbar waren. So hatte das Glas in Burkina-Faso einen zu hohen Eisenanteil für die Fertigung von Linsen. Seine Erfahrung zeigen, wie schwierig der Weg von einer guten Idee in die Wirklichkeit ist.

Doch Gustl Barth rechnet gar nicht damit, dass es einfach wird: "Ich weiß natürlich, dass ich nicht einfach nach Afrika fahren kann, die Öfen aufstelle und dann wird alles gut", betont sie. Stattdessen soll vor einem Testlauf noch intensive Vorarbeit geleistet werden. "Es gibt eine Vielzahl von Faktoren zu beachten. So kommt nur ein Ort in Frage, an dem die Grundbedürfnisse befriedigt sind. Die Menschen müssen ja etwas zu essen haben, das sie kochen können."

Positive Reaktionen

Trotzdem glaubt sie an ihren Ofen. Sie hat auch schon viele positive Reaktionen bekommen. So wurde er mehrmals ausgestellt. Beispielsweise auf der "Arte Sustenibile UNO", einer internationalen Ausstellung zu Kunst und Design im Zeichen der Nachhaltigkeit, die auch von der UNESCO gefördert wird.

Wenn der Zusammenhang zwischen CO2 Ausstoß und globaler Erwärmung stimmt, dann tragen die Industriestaaten die größte Verantwortung für den Klimawandel. Unter den Folgen werden jedoch vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer leiden. Für Afrika werden Massenmigrationen und verheerende Hungersnöte erwartet. Gustl Barths Ofen gibt einen wichtigen Denkanstoß: Wie in Afrika gekocht wird, geht alle etwas an.

Autor: Martin Heidelberger
Redaktion: Julia Bernstorf/Dirk Bathe