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Homosexualität im Sport

4. August 2010

Noch immer trauen sich viele Sportler nicht, sich öffentlich zu ihrer Homosexualität zu bekennen. Die Athleten stoßen auf immer größere Widerstände, je höher ihr Leistungsniveau ist. Dabei gibt es mutige Vorreiter.

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Einer der wenigen Profisportler, die sich geoutet haben - Rugbyspieler Gareth Thomas (Foto: David Davies/PA)
Bild: picture alliance / empics

An Gareth Thomas kommt man nicht so einfach vorbei. Der kräftig gebaute 100-Kilo-Mann misst 1,91 Meter und seine Körpersprache verrät: "Ich kämpfe bis zum Umfallen". In seiner Sportart Rugby ist er ein Held und mit 100 Länderspielen Rekordnationalspieler des walisischen Nationalteams. 15 Jahre lang gilt er als einer der härtesten Rugby-Spieler der Welt, niemand ahnt, dass er ein Geheimnis hat. Verheiratet ist er nur zum Schein, seit dem 16. Lebensjahr weiß er: Er ist schwul. Thomas geht an die Öffentlichkeit, als noch aktiver Spieler. Die Ehe zerbricht, doch die Mannschaftskollegen sagen: "Ist uns doch egal." Thomas rät jedem Profisportler, endlich die Wahrheit zu sagen, die Erleichterung wäre es wert.

"Schwule nutzen unsere Produkte nicht"

Die Statistik belegt: Jeder Zehnte ist homosexuell. Und dennoch gibt es nur wenige wie Thomas. Zu groß ist die Angst vor den Reaktionen der Kollegen, der Gegner, der Fans. Im Profisport geht es um bares Geld – um Sponsoringverträge etwa. "Im Zuge der Sponsoring-Aquise für die Gay Games haben viele Firmen behauptet, dass Schwule und Lesben deren Produkte nicht nutzen würden", berichtet Michael Lohaus, Co-Präsident der Gay Games in Köln. "Das sind sehr gängige Klischees und dementsprechend möchte man auch keinen Schwulen oder keine Lesbe als Werbeikone für eine solche Firma haben."

Politik macht es vor

Außenminister Guido Westerwelle (l) mit Partner Michael Mronz. (Foto: DW)
Geht offen mit seiner Homosexualität um: Außenminister Westerwelle (l) mit Partner Michael MronzBild: DW/Nelioubin

Noch immer scheint es also ein Problem zu geben mit homosexuellen Sportlern – dabei ist in anderen gesellschaftlichen Bereichen wie der Politik oder der Kultur die Liebe zwischen zwei Gleichgeschlechtlichen längst kein Tabu mehr. "Aber im Leistungssport ist es noch immer so, dass sich bisher noch fast niemand geoutet hat", klagt Herbert Potthoff vom Centrum schwule Geschichte. "Fußball ist das bekannteste Beispiel. Das gilt aber genauso für den Breitensport." Schwierigkeiten sieht auch Ingrid Blom-Böer vom größten schwul-lesbischen Sportverein SC Janus aus Köln. Doch sie hält den Sport für ein erfolgreiches Medium, um Ängste und Klischees abzubauen. "Da geht es nicht um meine sexuelle Ausrichtung, da geht es um das, was ich kann. Um das, was man im Team – bei Volleyball oder Basketball – was wir zusammen erreichen können." Der Verein SC Janus ist offen für alle, auch für heterosexuelle Sportler.


Schwule Fußballer haben es am schwersten

DFB-Präsident Theo Zwanziger (Foto: dpa)
DFB-Präsident Theo Zwanziger engagiert sich gegen Homophobie im FußballBild: picture-alliance/ dpa

Einige Profisportler haben sich getraut. Judith Arndt, Radsport-Silbermedaillengewinnerin bei Olympia 2004 etwa oder Tennisprofi Gottfried von Cramm, außerdem viele Eiskunstläufer. Doch auch wenn DFB-Präsident Theo Zwanziger sich sehr gegen Homophobie im Fußball einsetzt, scheint es für Fußballer am schwersten zu sein, sich zu bekennen. "Ich denke, dass es in keiner Sportart einfach ist, aber dass manches Coming-Out sehr unspektakulär stattfinden konnte", sagt Blom-Böer. "Denken Sie an Martina Navratilova im Tennis. Sie hat das sehr souverän gemacht. Und es hat niemand einen Aufstand daraus gemacht."

Einen Aufstand würde es aber geben, sollte sich irgendwann ein bekannter Profifußballer outen – so vermutet man es zumindest. Die Affäre Amerell hat nicht gerade dazu beigetragen, diese Barriere zu durchbrechen - auch wenn deutsche Sportler nicht um ihre Sicherheit fürchten müssen wie zum Beispiel Athleten aus muslimischen oder afrikanischen Ländern, die zum Teil unter falschen Namen bei den Gay Games antreten müssen, verrät Co-Präsident Michael Lohaus. "Die Gay Games sind wichtig und ich denke, schon, dass eine gesellschaftliche Veränderung da ist. Aber der Weg ist ein langer, ein steiniger. Wir werden einige Zeit dafür brauchen."

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Wolfgang van Kann