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EU Diplomaten starten

26. Juli 2010

Nach zähem Ringen zwischen Kommission, Parlament und den Mitgliedsstaaten hat die Europäische Union einen "Auswärtigen Dienst" gegründet. Die neue Mega-Behörde untersteht der EU-Außenbeauftragten. Was soll sie leisten?

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EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton (Foto: dpa)
Catherine Ashton leitet die Runde der EU-AußenministerBild: Picture alliance/dpa

Wenn in einigen Jahren die gesamte Behördenarchitektur fertig ist, sollen Catherine Ashton zwischen 6000 und 8000 Mitarbeiter unterstehen. Die EU-Außenministerin, die offiziell wegen nationaler Empfindlichkeiten einiger EU-Mitglieder so nicht genannt werden darf, wird eine stattliche Behörde führen, die es so in Brüssel noch nicht gegeben hat.

Ihren Apparat stellt die Britin aus Beamten der EU-Kommission, des Ministerrates und auch aus entsandten Beamten aus den Außenministerien der 27 Mitgliedsländer zusammen. Catherine Ashton wird sowohl dem Ministerrat als auch der EU-Kommission Rechenschaft ablegen müssen und mit dem EU-Parlament über die Finanzen verhandeln.

Viele Köche rühren den Brei

Guido Westerwelle (Foto: AP)
Außenminister Westerwelle will Deutsche in Spitzenpositionen bringenBild: AP

Der Ministerrat, also die Außenminister der einzelnen EU-Staaten, billigte am Montag (26.07.2010) das von Frau Ashton vorgelegte Konzept zum Aufbau des Amtes. Zuvor hatten sowohl die EU-Kommission als auch das Parlament mit dem Rat hart um Kompetenzen und Posten gerungen. Heraus kam ein typisch europäischer Kompromiss, der der neuen EU-Außenministerin einen Spagat zwischen allen Institutionen abverlangt. "Das ist eigentlich etwas Unmögliches", mutmaßte schon im März der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU).

Frau Ashtons "European External Action Service" (EEAS), so der englische Originaltitel, übernimmt von der EU-Kommission die 130 Vertretungen in aller Welt, die nun zu richtigen Botschaften ausgebaut werden sollen. Diplomaten im Auslandseinsatz im engeren Sinne sollen rund 2000 Mitarbeiter werden. Rund ein Drittel der Diplomaten muss sich Frau Ashton bei den Außenministerien der Mitgliedsstaaten ausleihen. So sichern sich Berlin, Paris, Rom und viele andere Hauptstädte Einfluss auf das diplomatische Korps der EU.

Kein Außenministerium im klassischen Sinne

Fassade der EU Kommiss des Gebäudes der EU-Kommission in Moskau (Foto: dpa)
Vertretung der EU-Kommission in Moskau soll zur Botschaft werdenBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Diplomaten darf man die Damen und Herren eigentlich auch nicht nennen, denn der "Action Service" soll kein Außenministerium im staatlichen Sinne sein. So weit wollten die Mitgliedsstaaten der EU dann doch nicht gehen, als sie das neue Amt der Hohen Beauftragten für die Außen- und Sicherheitspolitik in den EU-Vertrag von Lissabon schrieben.

Die außenpolitischen Beschlüsse fasst weiterhin der Rat der Außenminister, und zwar einstimmig. Catherine Ashton darf allerdings bei allen Ratstagungen den Vorsitz führen und die Tagesordnung abarbeiten.

Für Entwicklungshilfe ist die EU-Außenministerin nicht zuständig, und auch nicht für Programme in all den Staaten, die der EU beitreten wollen sowie in sämtlichen Nachbarstaaten in Osteuropa, Zentralasien und rund ums Mittelmeer. Für diese Bereiche gibt es zwei EU-Kommissare: Stefan Füle für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik und Andris Piebalgs für Entwicklungshilfe.

EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton (Foto: AP)
Catherine Ashton muss viele Kompromisse machenBild: AP

Das EU-Parlament hat sich die Haushaltskontrolle für die neue Superbehörde gesichert. Die Verhandlungen, die der deutsche EU-Abgeordnete und außenpolitische Spezialist Elmar Brok (CDU) führte, waren langwierig. Frau Ashton bedankte sich in einer Stellungnahme Anfang Juli artig: "Ich bin hocherfreut, dass eine überwältigende Mehrheit des Parlaments meine Vorschläge für den EEAS gebilligt hat."

Die CDU-Abgeordente Ingrid Gräßle warnte bereits, der neue aufgewertete diplomatische Dienst könne ein teures Vergnügen werden. Der Etat der Behörde soll angeblich bei 9,5 Milliarden Euro liegen.

Nationale Botschafter bleiben

Wesentliche Einsparungen auf Seiten der EU-Mitgliedsstaaten wird es wohl kaum geben, denn die beabsichtigen nach Angaben von EU-Diplomaten in Brüssel im Moment nicht, eigene Botschaften in wichtigen Haupstädten aufzugeben oder zusammen zu legen.

Die EU-Botschaften werden also parallel mit den Vertretungen Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Polens und denen der übrigen Mitgliedsstaaten arbeiten. Nur kleine EU-Staaten werden sich vermutlich von den neuen EU-Botschaften vertreten lassen. Diese EU-Botschaften werden nach dem derzeitigen Stand der Planung auch keine konsularischen Kompetenzen bekommen, also etwa Visa für EU-Staaten ausstellen können.

Catherine Ashton ist jetzt erst einmal damit beschäftigt, rund 30 Führungspositionen in ihrer neuen Behörde zu besetzen. Ein Franzose wird wohl Generalsekretär des Auswärtigen Dienstes, eine Deutsche und ein Pole werden Stellvertreter des Generalsekretärs. Daneben sind zahlreiche Generaldirektoren, ein Geheimdienstchef und Botschafter in wichtigen Hauptstädten zu ernennen. Frau Ashton versprach bei den Berufungen auf Länderproporz zu achten. Deutsche EU-Parlamentarier hatten moniert, Deutschland erhalte nicht genügend Spitzenposten.

Bis zum Jahresende soll der Europäische Auswärtige Dienst arbeitsfähig sein. Wie sich das Nebeneinander von nationalen Botschaften und europäischer Botschaft dann in den jeweiligen Hauptstädten auswirken wird, wird man sehen. "Wenn erst einmal alles funktioniert, hofft der liberale Parlamentsabgeordnete Guy Verhofstadt, "werden wir in der EU auch zu gemeinsamen außenpolitischen Positionen kommen."

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Fabian Schmidt