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Neuer Präsident

26. Juli 2010

Munib Younan tritt das Amt des neuen Präsidenten des Lutherischen Weltbundes an, dem Dachverband für rund 70 Millionen evangelische Christen weltweit. Der palästinensische Theologe ist allerdings nicht unumstritten.

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Bischof Munib Younan, Foto: ap
Tritt an die Spitze des LWB: Bischof Munib YounanBild: AP

Heiße Schokolade habe ihn zum Lutherischen Weltbund geführt: Diese Anekdote aus seiner Jugend erzählt der Palästinenser Munib Younan gerne. Die Tassen mit dem Kakao habe er damals, als Flüchtlingskind in den 1950er Jahren, in der Martin-Luther-Schule in Jerusalem erhalten. Seit 1998 ist er Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. An diesem Dienstag (27.07.2010) übernimmt er offiziell das Präsidentenamt des Lutherischen Weltbundes (LWB), in das er am vergangenen Wochenende bei der elften Vollversammlung in Stuttgart mit großer Mehrheit gewählt worden war.


Younan folgt dem US-amerikanischen Bischof Mark Hanson an der Spitze des rund 70 Millionen Christen umfassenden konfessionellen Dachverbandes. Er gilt als streitbarer Kämpfer für einen gerechten Frieden im Nahen Osten und Förderer des interreligiösen Dialogs. Er ist Mitbegründer des "Council of Religious Institutions of the Holy Land", dem Rat religiöser Einrichtungen im Heiligen Land, der sich aus Vertetern von Juden, Muslimen und Christen zusammensetzt.

Elfte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Stuttgart 2010, Bischof Munib Younan, Foto: epd
Munib A. Younan ist Vater von drei Kindern. Seine Ehefrau Suad Yacoub engagiert sich für die Rechte behinderter Menschen in der Region.Bild: epd


Eindeutige politische Haltung

Younan, der im Herbst seinen 60. Geburtstag feiert, stammt aus einer palästinensischen Familie. Während des israelischen Unabhängigkeitskrieges 1948 floh sein Vater aus Beersheba nach Jerusalem. Younan wuchs in der Altstadt von Jerusalem auf und besuchte dort und in Beit Jalla, einem kleinen Ort bei Bethlehem, die evangelische Schule. Nach dem Studium der Theologie in Finnland und den USA und bis zur Übernahme des Bischofsamtes war er Pfarrer in Beit Jalla und Ramallah im besetzten Westjordanland.

Nach seiner Wahl am Wochenende kündigte er den Schwerpunkt seiner künftigen Arbeit an: "Solange Armut, HIV und Aids, Unterdrückung und Ungerechtigkeit bestehen, müssen wir eine kämpfende Gemeinschaft sein und dürfen uns nicht damit abfinden, dass die Welt so ist, wie sie ist", sagte Younan. Aus seiner pro-palästinensischen Haltung hat er zudem nie einen Hehl gemacht. So fordert er etwa Israel auf, sowohl mit der Palästinensischen Autonomiebehörde als auch mit der im Gazastreifen regierenden Hamas zu verhandeln. Immer wieder kritisiert er auch scharf die israelische Siedlungspolitik und die Sperranlage, die Israel vom Westjordanland trennt.

Younan fordert zusammen mit anderen Kirchenvertretern, dass Jerusalem einen von der internationalen Gemeinschaft überwachten Sonderstatus erhalten müsse, der den Zugang aller Gläubigen - Juden, Muslimen und Christen - zu den Heiligen Stätten gewährleiste. Wegen seines Eintretens für die Rechte der Palästinenser halten Kritiker ihn für einseitig und voreingenommen.




Grabeskirche in Jerusalem (Archiv, Foto: ap)
Minderheit: In der Region leben nur rund 12.000 ChristenBild: dpa

Kleine Gemeinde

Gemessen an der Zahl ihrer Mitglieder ist Younans Gemeinde geradezu winzig: Schätzungen zufolge leben in Israel, Palästina und Jordanien etwa 12.000 Christen, davon 3.000 mit lutherischem Glauben. "Wir sind als Kirche klein, aber wir sind unbequem, das ist unsere Aufgabe", sagte Younan. Die arabischen Christen in Israel und den Palästinensergebieten rief Younan nach seiner Wahl zum Bleiben auf: "Was wäre das Heilige Land ohne Christen?"

Die Wahl Younans stieß in den Kirchen in Deutschland auf Zustimmung. Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sicherte ihm Unterstützung für sein schwieriges Amt zu. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, äußerte in einem Glückwunschschreiben die Hoffnung, dass "der Dialog zwischen der katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund auch künftig in konstruktiver Weise fortgeführt wird."

Autorin: Ina Rottscheidt (apn/epd)

Redaktion: Anne Allmeling