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Jahrestag

12. Juli 2010

Am 12. Juli 2006 begann der letzte Libanon-Krieg. Heute, vier Jahre später, befürchten Beobachter, dass Israel und der Libanon schon bald auf einen neuen bewaffneten Konflikt zusteuern könnten.

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Israelische Soldaten im Libanon 2006 (Foto: ap)
Rückkehr zur Situation von 2006?Bild: AP

Ein Sprecher der schiitischen Hisbollah machte dieser Tage eine düstere Prognose: Gegenüber der arabischen Tageszeitung "Asharq Alawsat" ("Der Nahe Osten") meinte er nur wenige Tage vor dem vierten Jahrestag des Ausbruchs des letzten Libanonkrieges, Israel "bereite etwas im Libanon vor". Diesmal sollte etwas erreicht werden, was 2006 nicht möglich war. Die Hisbollah werde aber mit Zurückhaltung reagieren und er hoffe, dass sein Land trotz der israelischen Aktivitäten einen "normalen Sommer" erleben werde.

Patrouille an der israelisch-libanesischen Grenze (Foto: Archiv/ ap)
Streng bewacht: die Grenze zwischen Israel und dem LibanonBild: AP

Diese "Aktivitäten" stehen allerdings in direktem Zusammenhang mit Aktivitäten der Hisbollah und ihrer Anhänger: So ist es in letzter Zeit wiederholt zu Zwischenfällen zwischen diesen und den im Südlibanon stationierten Blauhelmen der UNIFIL gekommen, weil die Hisbollah ihren Einflussbereich entlang der Grenze mit Israel weiter ausdehnen will und die Soldaten der UNIFIL dabei eher stören. Vor wenigen Tagen veröffentlichte Israel nun zum ersten Mal detaillierte Angaben über die Art und Weise, wie die Hisbollah sich in der Gegend etabliert: Waffenlager und Kommandostellen seien innerhalb von Ortschaften angelegt worden, teilweise in direkter Nachbarschaft von Schulen und Moscheen, wie Israel am Beispiel von Fotos und Computersimulationen des Ortes Khiyam zu beweisen versuchte.


Düstere Bilanz

Selbst wenn es keine unabhängige Bestätigung hierfür gibt: Vier Jahre nach dem Krieg, der einen Monat und zwei Tage dauerte und über 1500 libanesische wie auch 43 israelische Zivilisten das Leben kostete, ist die Bilanz dieses Krieges düsterer, als sie es bisher ohnehin schon war: Hatte Israel beabsichtigt, die Hisbollah zu zerschlagen, so ist das ebenso wenig gelungen wie deren Vertreibung aus der Nähe der Grenze. Die Schiiten-Organisation hat ihre Arsenale längst wieder aufgefüllt. Mit mehr und - vor allem - besseren Raketen, die ihr im Ernstfall massive Angriffe auf Israel ermöglichen. Innenpolitisch hat sie sich fest etabliert und keiner kann in Beirut an ihr vorbeiregieren. Außenpolitisch wie auch militärisch profitiert die Hisbollah heute mehr denn je von der Unterstützung durch Syrien und dem Iran und sie ist längst auch beteiligt an der militärischen Unterstützung für die Hamas im Gazastreifen.

Israel nach wie vor in der Kritik

Im Mai 2010 feierte die Hisbollah den 10. Jahrestag des israelischen Abzugs aus dem Libanon (Foto: ap)
Im Mai 2010 feierte die Hisbollah den 10. Jahrestag des israelischen Abzugs aus dem LibanonBild: AP

Israel hingegen hat sich mit dem Libanonkrieg, dann mit dem Gazakrieg und der folgenden Blockade weltweit ins Abseits manövriert. Schließlich aber auch mit seiner mangelnden Bereitschaft, Friedensbemühungen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas oder auch mit Syrien weiter zu verfolgen. Die weltweite Unzufriedenheit und Ungeduld mit Israel sind in letzter Zeit gewachsen, selbst wenn es Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kürzlich gelungen zu sein scheint, die kriselnden Beziehungen zum Weißen Haus wieder ins Lot zu bringen. Wirklicher Druck zur Änderung seines Kurses wird bisher nicht auf Israel ausgeübt. Sollte der aber einsetzen, dann könnte Jerusalem in seiner Rat- und Einfallslosigkeit versucht sein, zu einem bewährten Mittel zu greifen: Einem Konflikt, bei dem es angeblich um Sicherheit und Überleben Israels geht und der die Kritiker zum Schweigen bringt.

So wenig diese Strategie in der Vergangenheit auch genützt hat: Eine neue Auseinandersetzung mit der Hisbollah entspräche genau diesem Strickmuster. Sie könnte diesmal aber noch fatalere Folgen haben als vor vier Jahren.

Autor: Peter Philipp
Redaktion: Ina Rottscheidt