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Einhellige Kritik an Gaza-Blockade

2. Juli 2010

Es war eine überraschende parteiübergreifende Einigkeit, die der Bundestag über die Lage im Gazastreifen an den Tag legte. Mit einem gemeinsamen Antrag forderten alle vier Fraktionen die sofortige Aufhebung der Blockade.

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Palästinensische und libanesische Flaggen werden auf Booten im Mittelmeer während einer Demonstration gegen die Gaza-Blockade geschwenkt (Foto: AP)
Bei Demonstrationen auf dem Mittelmeer wird ein Ende der Blockade gefordertBild: AP

In einer Bundestagsdebatte am Donnerstag (01.07.2010) wurde die Blockade des Gaza-Streifens parteiübergreifend als völkerrechtswidrig und kontraproduktiv eingeschätzt. Der FDP-Abgeordnete Rainer Stinner würdigte diese neue Einigkeit des Parlamentes: "Das, was wir hier erleben, ist tatsächlich eine neue Qualität gemeinsamer deutscher Außen- und Sicherheitspolitik." Auch der Linken-Abgeordnete Wolfgang Gehrcke unterstrich die Bedeutung des gemeinsamen Antrags aller vier Bundestagsfraktionen: "Das heißt, dass zum ersten Mal in der Nahostfrage alle Fraktionen des Hauses einen gemeinsamen Antrag haben und dieses Signal wird mit Sicherheit auch im Nahen Osten wahrgenommen werden."

Kritik für Gaza-Aktivisten der Linken

Blick in den Plenarsaal des Deutschen Bundestages (Foto: AP)
Seltene Einigkeit im Deutschen BundestagBild: AP

Der gemeinsame Antrag sei nicht anti-israelisch oder anti-palästinensisch zu verstehen, fügte Gehrcke hinzu. Er sei am Wohl beider Völker im Nahen Osten orientiert. Auch dafür fand er die Zustimmung der FDP, wie Stinner deutlich machte. Der Antrag, so der Liberale, bedeute natürlich in keinster Weise ein Abrücken von dem gemeinsamen Konsens im Deutschen Bundestag über die historisch bedingte besondere Beziehung zum Staate Israel.

Nur der CSU-Abgeordnete Thomas Silberhorn goss Wasser in den Wein der neu gefundenen Einigkeit im Parlament. Er beschuldigte die Linke mit der Teilnahme zweier Abgeordneter an der Gaza-Flottille, islamistische Kräfte unterstützt zu haben. "Es ging ihnen in erster Linie nicht um die Menschen in Gaza, sondern um die Konfrontation mit Israel", so sein Vorwurf.

"Inhumane Blockade"

Festnahme eines Aktivisten (Foto: AP)
Die Bilder vom israelischen Angriff auf den Hilfskonvoi für Gaza gingen um die WeltBild: AP

Ansonsten spielte die internationale Gaza-Flotille und der israelische Angriff auf die Schiffe in der Debatte keine weitere Rolle. Stattdessen herrschte weitgehende Übereinstimmung bei der Beurteilung der Blockade. Sie sei inhuman und kontraproduktiv, sagte die Grünen-Abgeordnete Kerstin Müller. Denn sie fördere die Tunnelwirtschaft, von der nur die Hamas profitiere. "Das ist absurd, dass diese Blockade de facto eine Blockade der Vereinten Nationen (UN) ist, die sagt, wir kaufen diese illegalen Materialien nicht, um die Schulen zu errichten." Gleichzeitig müssten die Vereinten Nationen jedoch 40.000 Kinder abweisen, weil die Schulen überlaufen seien. "Und diese Kinder gehen dann in die Koranschulen der Hamas." Die Blockade leiste damit der weiteren Islamisierung und der Radikalisierung Vorschub, so Müller weiter.

Ende der Isolation

Unterstützung erhielt die Grünen-Abgeordnete für ihre Kritik vom SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich. Dieser forderte neben der humanitären Hilfe für den Gaza-Streifen auch die Unterstützung für den wirtschaftlichen Wiederaufbau und das Ende der politischen Isolierung. In diesem Zusammenhang seien auch die Palästinenser selbst gefragt, so Mützenich: "Wir müssen auch gegenüber den palästinensischen Fraktionen dafür werben, dass nur eine Regierung der nationalen Einheit die Chance für eine anhaltende und gerechte Friedenslösung in Palästina und dann auch zum Nutzen Israels ist."

Dass ein Ende der Blockade letztendlich auch Israel nutze, darüber waren sich die Redner aller Fraktionen einig. Die legitimen Sicherheitsinteressen Israels dürften dabei jedoch nicht aus dem Blick geraten, erklärte der CDU-Politiker Philipp Mißfelder und erhielt dafür den Beifall des gesamten Hauses.

Autorin: Bettina Marx

Redaktion: Stephanie Gebert