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Eine Flotte für Gaza

28. Mai 2010

Seit Jahren ist der Gazastreifen von der Außenwelt abgeriegelt. Warenlieferungen werden von Israel streng rationiert. Einige internationale Hilfsorganisationen schicken jetzt eine Schiffsflotte mit Hilfsgütern nach Gaza.

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Das Schiff 'Dignity' der Free Gaza-Bewegung landet in Gaza (Foto:dpa)
Schon 2008 sind Mitglieder der "Free Gaza"-Bewegung mit einem Schiff in Gaza gelandetBild: picture-alliance/ dpa

Medikamente, Verbandsmaterial, Rollstühle, Zement und Baumaterialien – das sind Güter, die im Gazastreifen dringend benötigt werden. Aber wegen der anhaltenden israelischen und internationalen Blockade kommen sie nicht ins Land. Darum sollen sie nun per Schiff hineingebracht werden. Acht Schiffe mit Aktivisten, Menschenrechtlern, Ärzten und Politikern an Bord sind auf dem Weg nach Gaza. Auch fünf Deutsche sind unter den Passagieren, unter ihnen die Linken-Abgeordnete Annette Grothe. "Ich bin sehr gespannt, wie Israel sich verhalten wird", sagt sie kurz vor ihrer Abreise in Berlin. Sie hoffe, dass sie Gaza erreichen werde und nicht in einem israelischen Gefängnis lande. Sollte die kleine Flotte jedoch von der israelischen Marine aufgehalten werden, dann erwarte sie von der Bundesregierung, dass sie dagegen protestiere.

Angekündigte Blockadebrecher

Sonnenuntergang an Gazas Küste (Foto:ap)
Sonnenuntergang an Gazas KüsteBild: AP

Zum letzten Mal hat im Juni 2009 ein Schiff der "Free Gaza"-Bewegung versucht, die Blockade zu durchbrechen. In internationalen Gewässern wurde es von der israelischen Armee aufgebracht, die Menschenrechtler an Bord, unter ihnen eine amerikanische Kongressabgeordnete und die irische Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire, wurden festgenommen, die Ladung konfisziert.

Diesmal hoffen die Aktivisten, mit ihrer kleinen Flotte durchzukommen, sagt Gisela Siebourg vom Deutschen Koordinierungskreis Palästina Israel, der die Reise unterstützt und mitorganisiert hat. Man halte sich mit dieser Reise durch das östliche Mittelmeer strikt an internationales Recht, sowohl die griechischen und zypriotischen als auch die israelischen Behörden seien über die Ladung an Bord und über die Passagiere genau informiert. Israel dürfe die Schiffe nicht aufhalten, denn wenn es tatsächlich, wie die Regierung in Jerusalem behaupte, den Gazastreifen nicht länger besetzt halte, habe es in den palästinensischen Hoheitsgewässern vor Gaza auch nichts zu sagen. Wenn Israel jedoch den Gazastreifen immer noch besetzt halte, dann sei es nach internationalem Recht verantwortlich für das Wohlergehen der Zivilbevölkerung in dem schmalen Küstenstreifen und müsse dafür sorgen, dass die Menschen mit allen benötigten Gütern beliefert würden.

Protest gegen Israels Blockadepolitik

Liegengebliebene UN-Hilfslieferungen an der Grenze zwischen Israel und Gaza (Foto:ap)
Liegengebliebene UN-Hilfslieferungen an der Grenze zwischen Israel und GazaBild: AP

Das sieht auch Annette Grothe so. Sie kritisiert, dass Israel mit der Blockade des Gazastreifens internationales Recht verletze. Artikel 33 der Genfer Konvention verbiete Kollektivstrafen. Israel aber habe mit der Abriegelung des Gazastreifens eine harte Kollektivstrafe über die Zivilbevölkerung verhängt, die dazu geführt habe, dass sich die Armut in dem schmalen Küstenstreifen drastisch verschlimmert habe. Sie erwarte, dass die Bundesregierung sowie alle anderen Unterzeichnerstaaten der Genfer Konventionen von Israel die Einhaltung des Völkerrechts einforderten. Und sie zitiert den Chef des UN-Hilfswerks für die palästinensischen Flüchtlinge in Gaza, John Ging: "Gaza ist zum Synonym für Verletzungen des internationalen Rechts und der Unmenschlichkeit gegen eine Zivilbevölkerung geworden. So wird das in die Geschichtsbücher eingehen. Jeder westliche Politiker trägt hier eine Mitverantwortung."

Hilfsgüter statt Waffen

In Deutschland gebautes israelisches U-Boot (Foto:dpa)
Deutschland baut unter anderem U-Boote für die israelische MarineBild: dpa

Mit an Bord eines Schiffs in der Flotte für Gaza ist auch Grothes Kollegin, die Linken-Abgeordnete Inge Höger. Sie ist Mitglied im Verteidigungsausschuss und abrüstungspolitische Sprecherin ihrer Partei. Sie kritisiert, dass Deutschland Waffen an Israel liefert. Und das, obwohl das Kriegswaffenkontrollgesetz Waffenlieferungen in Krisengebiete untersagt. Es sei anzuprangern, dass die Bundesregierung Rüstungsexporte in diese Region ermögliche, anstatt den zivilen Wiederaufbau in Gaza zu unterstützen und zu ermöglichen.

Mit ihrer Teilnahme an der Hilfsaktion für Gaza wolle sie daran erinnern, dass im Gazastreifen 1,5 Millionen Menschen abgeschnitten von der Welt, in tiefer Armut und im Elend leben müssten, eine Tatsache, die von der deutschen Öffentlichkeit und den deutschen Medien kaum zur Kenntnis genommen werde.

Israel protestiert

Unterstützt wird die Hilfsaktion für die Palästinenser in Gaza auch von "Pax Christi" und den "Internationalen Ärzten für die Verhütung eines Atomkriegs", deren stellvertretender Vorsitzender Matthias Jochheim mit an Bord ist. Am 1. Juni werden die deutschen Teilnehmer der Flotte in Griechenland zurück erwartet.

Palästinensische Kinder an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen. (Foto:ap)
Palästinensische Kinder an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen. Seit Jahren sind die rund 1,5 Millionen Bewohner des Landstrichs von der Außenwelt nahezu völlig abgeschnitten.Bild: AP

Die israelische Regierung hat die europäischen Staaten inzwischen aufgefordert, ihre Bürger daran zu hindern, mit Schiffen nach Gaza zu fahren. Der Direktor für europäische Angelegenheiten im israelischen Außenministerium Naor Gilon sagte, Israel werde alle europäischen Bürger stoppen, die versuchen sollten, die Küste Gazas zu erreichen. Eine solche Mission sei provokant und verletze israelische Gesetze.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Thomas Latschan