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Neue Geldquellen

1. Mai 2010

Vielen Städten in Deutschland steht das Wasser finanziell bis zum Hals. Da selbst drastische Sparmaßnahmen nicht mehr ausreichen, suchen sie nach Einnahmemöglichkeiten. Von der Betten- bis zur Sexsteuer.

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Ein Mädchen lehnt an der Hansastraße in München (Oberbayern) an einem Auto und hält zerknitterte Geldscheine in der Hand (Foto: picture-alliance/ dpa)
Sexsteuer für Prostituierte und Freier soll Stadthaushalte aufpäppelnBild: picture alliance/dpa

Bei der Suche nach neuen Einnahmequellen kennt die Phantasie der deutschen Stadtverwaltungen keine Grenzen. So verlangt die Ruhrgebietskommune Duisburg im Kulturhauptstadtjahr von den Hoteliers eine Kulturtaxe in Höhe von drei Euro pro Übernachtung. Ganz ausgefallene Wege beschreitet die norddeutsche Stadt Quickborn. Sie hat in Form einer Geldanlage bei 30 Bürgern einen Kredit von einer Million mit einer Laufzeit von fünf Jahren bei einer Verzinsung mit 2,6 Prozent aufgenommen.

Sexsteuer stopft Haushaltslöcher

Jörg Stüdemann, Stadtkämmerer Dortmund (Foto: Stadt Dortmund)
Keine Bedenken bei skurrilen Steuern: Jörg StüdemannBild: Stadt Dortmund

Bei einem aktuellen Loch von 1,2 Milliarden Euro im Etat wäre der Stadt Dortmund mit einer Million nicht viel geholfen. Und darum hat Dortmund die Sex-Steuer als zusätzliche, einträgliche Finanzquelle entdeckt. Dass diese Sexsteuer nicht nur für Diskussionsstoff, sondern auch für amüsante Kommentare sorgt, das irritiert den zuständigen Stadtkämmerer Jörg Stüdemann nicht im geringsten. Hauptsache, es kommt Geld in die Kassen.

15 Euro pro Tag will die Stadt Dortmund von den Prostituierten kassieren, die auf dem Straßenstrich ihr Geld verdienen. Da dürfte aufgrund der vielen Liebesdienerinnen allerhand zusammen kommen. Denn die viel frequentierte rote Meile zieht auch Interessenten aus dem gesamten Ruhrgebiet an. Oder wie es Stüdemann formuliert: "Wir sind, was die Dimensionen unseres horizontalen Gewerbes betrifft, schon ein ziemlich breit aufgestellter Standort."

Mautgebühr für aufkreuzende Freier

Zur Kasse bitten will man darum nicht nur die Prostituierten, sondern auch die Freier, die den Straßenstrich ansteuern. Und zwar mittels einer Schranke, an der für jede Durchfahrt eine Mautgebühr von einem Euro fällig ist. Probleme, den Verkehr vor und hinter dieser Schranke zu kontrollieren, gibt es für Kämmerer Stüdemann nicht. Auch nicht bei der Erhebung der Gebühren. Schließlich finden schon bislang begleitende Maßnahmen statt, wie es im Behördendeutsch heißt. Auch zum Schutz der durch Zuhälter zumeist aus Osteuropa hierher gebrachten Frauen. Maßnahmen, die die Stadt Dortmund eine Menge Geld kosten.

Problemlose Auslegung der Vergnügungssteuer

Besucher des Pascha-Bordells in Köln (Foto: Pascha)
Das Geschäft mit dem Sex boomt: ein Bordell in KölnBild: Pascha

Und rechtliche Einwände gegen die Sexsteuer kann Jörg Stüdemann auch nicht erkennen, denn vom Verfahren her sei das lediglich eine Erweiterung der Vergnügungssteuer mit einer eigenen Satzung.

Auch andere Städte wie Duisburg, Essen und Oberhausen feilen an einer solchen Satzung, um durch Steuern aus dem Geschäft mit dem Sex ihre Einnahmen zu verbessern. Und da man in Dortmund neben dem Straßenstrich auch bei Privatclubs die Steuerschraube anziehen will, verspricht sich Stüdemann jährlich eine ordentliche Zusatzeinnahme in der Größenordnung von etwa 600.000 Euro. Und wenn es mehr als eine Million wird, dann umso besser für das Stadtsäckel.

Jedes Bett bringt Gebühren

Zimmer im FutureHotel-des Fraunhofer-Instituts in Duisburg (Foto: DW)
Auch Hotels werden zusätzlich zur Kasse gebetenBild: DW

Die Städte in der Republik benötigen dringend jeden Euro. Und darum führen immer mehr Kommunen eine Bettensteuer ein - beispielsweise Köln. Nicht im Rotlichtmilieu, sondern in den Hotelbetrieben. In Duisburg beispielsweise sollen in diesem Jahr rund 1,1 Millionen Euro aus der neu angezapften Quelle sprudeln. Gewissensbisse plagen bei dieser Steuer auch den Dortmunder Dezernenten nicht.

In den Rathäusern spielt das Parteibuch schon lange keine Rolle mehr. Es geht nur noch darum, die Haushaltslöcher zu stopfen. Also lautet landauf, landab die Losung: Da die Hotellerie die ihr von der Bundesregierung spendierte Mehrwertsteuersenkung nicht an die Kunden weitergebe, bräuchten sich die Kommunen nicht scheuen, davon einen Teil zurückzuholen. Auch zur Deckung der Pflichtausgaben, die ihnen der Bund auferlegt habe. Für Dortmund etwa kalkuliert Jörg Stüdemann mit knapp einer Million Euro zusätzlichen Einnahmen durch die Bettensteuer. Was natürlich auch von den Umsätzen in der Hotellerie abhänge.

Notfalls wird eben gebellt

Ein Hund schnüffelt an einer gelben Plastikhülle (Foto: AP)
Strengere Kontrollen für HundebesitzerBild: AP

Dass die Städte in der Republik inzwischen notgedrungen quasi jedem Euro nachjagen, dafür liefert Köln ein bemerkenswertes Beispiel. In der Domstadt haben Mitarbeiter des Kassen- und Steueramtes nämlich die Lizenz zum Bellen. Das heißt: Hundehalter, die für ihren Vierbeiner keine Steuern bezahlen, müssen damit rechnen, dass diese städtischen Mitarbeiter bei dringendem Verdacht an ihrer Tür klingeln. Falls der Hund bei dem Geklingel nicht schon laut antwortet, geben die Behördenmitarbeiter Bellgeräusche von sich. Spätestens dann kläffen die meisten Hunde zurück. Auf diese tierische Art und Weise schnellte die Zahl der gemeldeten Hunde um 6.000 auf 31.000 in die Höhe. Macht unter dem Strich eine Zusatzeinnahme von jährlich rund einer Million Euro.

Ob solche bellenden Mitarbeiter auch für Dortmund ein Beispiel sein könnten, merkt Dezernent Stüdemann schmunzelnd wie zurückhaltend an: "Wenn sie eine gute Stimme haben, kann man das erwägen." Aber das seien nur Sperenzchen am Rande.

Nur wenn es unter dem Strich um Millionen geht, dann halten es die finanziell klammen Städte in diesen Zeiten mit der Devise: Kleinvieh macht auch Mist.

Autor: Klaus Deuse
Redaktion: Nicole Scherschun