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Peinliche Panne: Brown beschimpft Wählerin

28. April 2010

Der Premier trifft seine Wähler – so der PR-Plan. Doch der wurde zum Desaster: Eine Woche vor der britischen Parlamentswahl beschimpfte Gordon Brown eine Wählerin als verbohrt – bei eingeschaltetem Mikro.

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Der britische Premier Gordon Brown bei einem Wahlkampftermin in Südengland am 26.04.2010 (Foto: AP)
Panne könnte Brown zahlreiche Stimmen kostenBild: AP

Die neue Wahlkampftaktik der Labour-Partei, den britischen Premierminister in direkten Kontakt mit kritischen Wählern zu bringen, sollte eigentlich für Auftrieb bei den schlechten Umfragewerten sorgen. Doch ein Schnitzer von Gordon Brown bei einer Wahlkampfveranstaltung im nordwestenglischen Rochdale am Mittwoch (28.04.2010) könnte nun das Gegenteil bewirken. Der Premier beschwerte sich nach einer Diskussion mit der 65-jährigen Witwe Gillian Duffy über diese Begegnung - ohne zu bemerken, dass noch das Mikrofon eines Fernsehsenders an seinem Hemd steckte.

Labour-Wählerin bei eingeschaltetem Mikro beschimpft

Premier Gordon Brown, rechts, im Gespräch mit Gillian Duffy, links (Foto: AP)
Brown beschimpfte Gillian Duffy nach einem Gespräch als verbohrtBild: AP

Brown sagte im Auto zu einem Mitarbeiter: "Das war ein Desaster - sie hätten mich niemals mit dieser Frau zusammenbringen dürfen. Wessen Idee war das? Es ist lächerlich." Auf die Frage, was die Frau denn gesagt habe, seufzte Brown: "Alles. Sie ist eine dieser verbohrten Frauen, die sagt, sie sei für Labour." Gillian Duffy hatte Brown zuvor mit Fragen über Immigration, Steuern und die britische Verschuldung konfrontiert.

Duffy, die direkt nach dem Treffen erklärt hatte, Brown nett zu finden und wieder Labour zu wählen, reagierte auf die Äußerungen des Premiers verärgert und verlangte eine Entschuldigung. Sie habe sonst immer Labour gewählt, das würde sie jetzt aber nicht mehr tun, so Duffy. "Ich bin empört. Er ist eine gebildete Person, warum benutzt er solche Worte?"

Brown bemüht um Schadensbegrenzung

Der Ausrutscher könnte sowohl Brown als auch seiner Labour-Partei bei der Parlamentswahl am 6. Mai zum Verhängnis werden. Kommentatoren bezeichneten die Panne als "größtmöglichen Schaden" für den Premier. Denn der Wahlkampf in Großbritannien wird vor allem in den Medien ausgefochten, die Spitzenkandidaten stehen mit ihrer Persönlichkeit im Zentrum der Debatte.

Brown verlässt das Haus der Witwe in Rochdale bei Manchaster (Foto: AP)
Brown entschuldigte sich persönlich bei der WählerinBild: AP

Der Premier bemühte sich nach der Panne umgehend um Schadensbegrenzung. Er entschuldigte sich in einem BBC-Interview bei Duffy, dass er "etwas Verletzendes" gesagt habe. Nach Angaben seines Sprechers bat er die Witwe später auch noch in einem persönlichen Gespräch bei ihr zu Hause in Rochdale bei Manchaster um Entschuldigung. "Er sei ein reuiger Sünder", sagte er nach dem Bittgang.

Brown, der für sein aufbrausendes Temperament und seine Wutanfälle bekannt ist, bemüht sich seit langem, sein Image zu verbessern und in der Öffentlichkeit nicht mürrisch aufzutreten.

Tories schlachten Panne aus

Die konservativen Tories witterten nach der Panne eine Gelegenheit, Brown anzugreifen. Der Finanzexperte der Tories, George Osborne, sagte, die Worte Browns sprächen für sich. Die Wahlen enthüllten "den wahren Charakter der Menschen". Der Premierminister müsse nun eine ganze Menge erklären.

Der Ausgang der Wahl gilt bisher noch als offen. Allerdings liegen die Tories in Umfragen vorne. Browns Labour-Partei folgt erst hinter den Liberaldemokraten an dritter Stelle. Zuletzt hatten jedoch sowohl die Liberaldemokraten als auch Labour aufgeholt, so dass eine klare Mehrheit für eine Partei als unwahrscheinlich gilt.

Nicht der erste Zwischenfall dieser Art

Brown kann sich immerhin mit der Tatsache trösten, dass er nicht der erste britische Politiker oder Prominente ist, dem ein vermeintlich abgeschaltetes Mikrofon zum Verhängnis geworden ist. Auch Tory-Premier John Major und Prinz Charles sind früher schon in diese Falle getappt.

Die Bemerkungen von Prinz Charles über einen BBC-Korrespondenten gingen um die Welt: "Furchtbar, der Typ", raunte er seinen Söhnen bei einem Interview zu. "Grässliche Leute, ich kann den nicht ausstehen", war dank offener Mikrofone zu hören. Der ehemalige britische Premier John Major hatte im Gespräch mit einem Fernsehjournalisten euroskeptische Minister als "Bastarde" charakterisiert und sich selbst als "Waschlappen". Techniker schnitten das Gespräch mit und spielten es der Presse zu.

Autorin: Ursula Kissel (dpa, apn, afp)
Redaktion: Manfred Götzke