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Ukraine: Eier und Nebelbomben im Parlament

27. April 2010

Eine Militärbasis in der Ukraine für günstigeres russisches Gas - dieser Deal hat im ukrainischen Parlament zu heftigen Tumulten geführt. Es flogen Eier, Rauchbomben gingen los. Gestoppt wurde das Abkommen aber nicht.

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Mehrere Rauchbomben explodierten und lösten Alarm aus (Foto: AP)
Mehrere Rauchbomben explodierten und lösten Alarm ausBild: AP

Der ehemalige Präsident Viktor Juschtschenko tobte nach der Abstimmung. Die pro-russischen Abgeordneten in Kiew hätten die militärische Sicherheit des Landes an den Kreml verkauft. Er kritisierte damit die Zusage der Ukraine, dass die russische Schwarzmeerflotte auf der Halbinsel Krim im Schwarzen Meer bis mindestens 2042 stationiert bleiben kann. Der bisherige Pachtvertrag wäre 2017 ausgelaufen. Im Gegenzug zahlt die Ukraine jährlich drei Milliarden Euro weniger für russische Gaslieferungen.

Im Parlament kam es vor der Abstimmung am Donnerstag (27.04.2010) zu turbulenten Szenen. Die Opposition sprach von einem Ausverkauf der Ukraine und einer russischen Besatzung. Sie entrollte eine blau-gelbe Staatsflagge über den Bänken. Dann bewarfen Abgeordnete Parlamentsprecher Wolodimir Litwinm mit Eiern, der sich daraufhin für den Rest der Sitzung hinter Schirmen versteckte.

"Im Stile der Klitschkos"

Die Abgeordneteten lieferten sich hitzige Kämpfe und Auseinandersetzungen (Foto: AP)
Die Abgeordneten lieferten sich hitzige Kämpfe und AuseinandersetzungenBild: AP

Rauchbomben wurden gezündet, minutenlang stand dichter Nebel in der Luft, Alarm ging los. Daraufhin setzten die Abgeordneten die Debatte mit lautem Geschrei fort. Einige prügelten sich, ein Abgeordneter musste ins Krankenhaus. Alles geschah unter Beobachtung des CDU-Politikers Friedbert Pflüger, der derzeit in Kiew weilt und zufällig die Debatte vom Besucherrang aus verfolgte. "Da haben sich einige Abgeordnete wohl den Stil der Klitschkos zu eigen gemacht", sagte er. Am Ende kam es doch zu einer Abstimmung: 236 der 450 Abgeordneten stimmten für die Verlängerung des Pachtvertrags.

Ukraine mit der Krim und Russland (Grafik: DW)
Mehr als 16.000 russische Soldaten sind auf der Krim stationiertBild: DW

Oppositionsführerin Julia Timoschenko kündigte juristische Schritte gegen den Vertrag an und rief den Westen dazu auf, Kritik an der Regierung zu üben. Der einstige Präsident Viktor Juschtschenko sagte: "Dies ist das Ergebnis, wenn man eine gewissenlose Regierung hat." Das Gleiche werde mit dem Luftraum und dem Atomenergiesektor passieren. In den Straßen von Kiew demonstrierten im Laufe des Tages Gegner und Befürworter der Regierung, insgesamt rund 10.000 Menschen.

Präsident Janukowitsch: "Wir sind das gewöhnt"

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch, der seit Februar an der Spitze des Landes steht, gilt als Freund Moskaus. Er blieb gelassen. "Wir sind das gewöhnt, doch man muss dem einmal ein Ende setzen", sagte Janukowitsch beim Europarat in Straßburg. Diese Art der Auseinandersetzung sei "nicht unerwartet, und man kann sagen, dass die Abgeordneten einen Mangel an parlamentarischer Haltung zeigen".

Viktor Janukowitsch Yanukovych weilte am Dienstag beim Europarat in Straßburg zeigte sich nicht überrascht Foto: AP)
Viktor Janukowitsch zeigte sch am Dienstag beim Europarat in Straßburg nicht überraschtBild: AP

In Russland stimmte die Duma mit großer Mehrheit für die Annahme des Abkommens der beiden Länder. Präsident Dmitri Medwedew lobte die Zustimmung beider Parlamente in Kiew und in Moskau als "Sieg der strategischen Interessen über die Emotionen". Die Schwarzmeerflotte, zu der heute mehr als 16.000 Soldaten mit über 40 Schiffen gehören, ist seit dem 18. Jahrhundert auf der Krim stationiert.

Neuer Haushalt sichert Ukraine Milliarden-Kredit

Unmittelbar nach den Tumulten verabschiedete die Ukraine den Haushalt für das Jahr 2010. Damit machte die Kammer den Weg frei für einen Zwölf-Milliarden-Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF). Wegen der Vorkommnisse wurde auf die übliche Aussprache über den Haushalt verzichtet, der Etat sofort gebilligt.

Autor: Julian Mertens (apn, rtr, dpa)
Redaktion: Manfred Götzke

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