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Erneuerbare Energien - eine Erfolgsgeschichte

17. April 2010

Vor zehn Jahren trat das deutsche Erneuerbare-Energie-Gesetz – kurz EEG – in Kraft. Es ist das weltweit wohl erfolgreichste Gesetz zur Förderung regenerativer Energien.

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Sonne am Abend (Foto: AP)
Sauberer EnergielieferantBild: AP

Seit nunmehr zehn Jahren gibt das EEG Stromerzeugern finanzielle Anreize, Strom aus Wind- oder Wasserkraft, Solar- oder Bioenergie sowie Erdwärme ins Stromnetz einzuspeisen. Das ganze funktioniert über langjährig garantierte Fixpreise. Die Erfolgsgeschichte wurde mittlerweile von 46 Ländern kopiert. Heute wird in Deutschland fünf Mal so viel grüner Strom ins Netz gespeist wie noch 1990. 16 Prozent des Stromverbrauchs werden im Augenblick durch Erneuerbare gedeckt. Doch während in die CO2-arme Energieproduktion massiv investiert wurde, steht der Um- und Ausbau der Stromnetze noch am Anfang.

Strom muss immer da sein

Steckdose und Stecker (Foto: AP)
Rund um die Uhr - Strom erwünschtBild: AP

Wenn morgens um 7 Uhr in Deutschland die Kaffeemaschinen massenhaft Strom aus dem Netz ziehen, hat sich der Wind auf der Ostsee bereits gelegt. Wenn besonders viel Strom verbraucht wird, stehen die Windräder auf See oft still. Der grüne Strom aus Windenergie kommt und geht; für das Stromnetz dagegen gilt: es muss immer genau so viel Strom produziert werden, wie in dieser Sekunde verbraucht wird. Nur dann ist das Netz stabil. Kein Wunder, dass weltweit daran getüftelt wird, wie man die Energie aus erneuerbaren Quellen am besten speichern kann, sagt Martin Kleimaier von der Arbeitsgruppe Energiespeicherung des Elektroverbandes VDE: "Im Zusammenhang mit Wind- und Sonnenenergie dient eben ein Speicher dazu, die Energie, die von Wind und Sonne ungleichmäßig anfällt, gleichmäßig zu machen, und so an den Bedarf anzupassen".

Alternativen für die Stromspeicherung gesucht

20 Prozent der Endenergie will die derzeitige deutsche Regierung im Jahr 2020 aus Erneuerbaren Energien beziehen. 20 Prozent Energie, die auf intelligentes Strom- und Wärme-Management und Energiespeicher angewiesen sein werden.

Winderäder auf einer Rapswiese (Foto: AP)
Nicht immer dreht sich das Rad...Bild: AP

Um große Mengen Strom zu speichern, stehen Pumpspeicherkraftwerke bereit. Sie pumpen mit überschüssigem Nachtstrom Wasser nach oben, um bei besonders hohem Strombedarf das Wasser wieder ins Tal abzulassen; und dabei über eine Turbine Strom zu produzieren. Ein Langzeitenergiespeicher, der einen Nachteil hat: rund ein Drittel der Energie geht durch den Pumpaufwand verloren. Außerdem: ihre Standorte sind begrenzt, das Ausbaupotential gering. Mit 7400 Megawatt Leistung könnten Pumpspeicherkraftwerke theoretisch das deutsche Stromnetz gerade einmal sechs Stunden am Laufen halten, rechnet Kleimeier vor. Weil ein Windrad gerne auch mal vier Tage still stehen kann, wird klar, wie dringend Alternativen her müssen.

Größter Hoffnungsträger sind hier die so genannten Wasserstoff-Speicher. Das Prinzip: Überschüssiger Windstrom könnte Wasser - in einer elektrochemischen Reaktion - in seine Einzelbestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerlegen. Dabei ist der Wasserstoff ein idealer Energiespeicher – pro Kubikmeter kann er 100 mal mehr Energie speichern als Wasser in Pumpspeichern. Der Haken: noch gibt es nur Prototypen, denn im Kontakt mit Luft wird aus Wasserstoff ein hochexplosives Knallgas; kein Wunder, dass die Lagerung des komprimierten Gases in unterirdischen Salzstöcken eine Herkulesaufgabe darstellt. Und weil der Wirkungsgrad der Wasserstoffspeicherung bislang noch unter 40 Prozent liegt, fehlt der ökonomische Anreiz.

Verbrauch und Produktion brauchen Einklang

Deshalb schwören viele auf Batterien. Energie speichern, das wird in Zukunft wohl auch die Aufgabe von Millionen von Elektro-Autos sein. Ihre Lithium-Ionen-Akkus sollen den überschüssigen Windstrom nachts aufnehmen, Solarstrom mittags speichern. So könnten Verbrauch und Produktion von Strom besser in Einklang gebracht werden, sagt Martin Kleimaier vom Elektroverband VDE.

Füllstecker in einem Elektroauto (Foto: Fraunhofer Institut)
Lokale Stromspeicherung durch AkkusBild: Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung

Bis 2020 wird es aber maximal eine Million solcher Fahrzeuge geben, so die Prognose. Eine nennenswerte Energiespeicherung bietet das noch nicht. Die derzeitige christlich-liberale Regierungskoalition will deshalb das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiterentwickeln. Lokale Stromspeicherung und die Stromselbstversorgung soll finanziell besser gestellt werden, um Anreize für die Entwicklung kleiner Speichertechnologien fürs Haus zu setzen, sagt Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Christdemokraten. Jeder Hauseigentümer, sagt Pfeiffer, bekomme künftig einen Anreiz, seinen Strom selber zu produzieren und auch selber zu verbrauchen: "Da hoffen wir, dass er dann entsprechende Speicher einbaut. Das können Akkus sein, das können auch andere technische Lösungen sein, auf die wir vielleicht heute noch gar nicht kommen."

Digitale Stromzähler und grüne Stromtarife

Durch gezielte grüne Stromtarife ließe sich langfristig zusätzlich das Nutzungsverhalten der Kunden ändern, ist Michael Beckereit, Geschäftsführer des regionalen Energieversorgers Hamburg Energie, überzeugt. Es müsse nur gewährleistet sein, dass Kunden mögliche Vorteile, die sich aus einer Überproduktion ergäben, auch nutzten. Deshalb gehe es nur weiter, wenn Stromnetz und Stromtarife intelligent würden. Dazu gehöre der digitale Stromzähler, smart metering, der weiß, wann besonders viel Windstrom im Netz verfügbar ist, und dementsprechend die Tarife senkt. Die vorprogrammierte Waschmaschine würde erst dann laufen, die leere Elektroauto-Batterie erst dann geladen, so die Theorie. Eine konsequente Einführung digitaler Stromzähler und grüner Stromtarife könnte etwa 9,5 Terrawattstunden Strom pro Jahr einsparen, schätzen Experten. Das entspricht der Leistung von vier mittelgroßen Kohlekraftwerken. Noch sind das aber Konzepte.

Wärmespeicherung ist schon weiter

Solarzellen in Forscherhand (Foto: Agenda/Huppertz)
Solarzellen nutzen für die WarmwasserspeicherungBild: Q-Cells

Im Gegensatz zum Strom hat die Speicherung von Wärme dagegen gerade in jüngster Zeit große Fortschritte gemacht. Fürs Eigenheim gibt es hier überwiegend Warmwasser-Pufferspeicher, die beispielsweise von Solarkollektoren auf dem Dach am Tag erhitzt werden, und auch in der Nacht noch bis zu 95 Grad Celsius warmes Wasser bereitstellen können. Auch größere Wärmespeicher, die bis zu 120 Einfamilienhäusern durch ein Nahverbundnetz mit Wärme versorgen, sind bereits markterprobt, auch wenn sie noch teuer sind.

Viele Experten plädieren dafür, nach dem Vorbild des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes auch Strom- und Wärmespeichertechnologien gezielt staatlich zu subventionieren, weil sonst der Ausbau der Erneuerbaren spätestens nach 2020 ins Stocken geraten könnte. 2010 allein zahlen die Stromkunden acht Milliarden Euro extra für grünen Strom. Schon die Hälfte davon würde die Forschung an Speichern revolutionieren. Doch diese Forderung muss wohl selbst noch eine Weile gespeichert werden, bis ihre Zeit endgültig reif ist.

Autor: Richard Fuchs

Redaktion: Monika Lohmüller