1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Welt zu Gast bei der Bundeswehr

4. März 2010

Jedes Jahr kommen hunderte Soldaten nach Deutschland, um bei der Bundeswehr zu trainieren. Es soll eine Art Nachhilfe in Sachen Demokratie sein. Dass dieses Konzept nicht immer aufgeht, zeigt das Beispiel Guinea.

https://p.dw.com/p/MIdk
Soldaten der Bundeswehr (Foto: AP)
Training bei der BundeswehrBild: AP

"Deutscher Putsch", so wird der Staatsstreich von Moussa Dadis Camara im westafrikanischen Guinea manchmal genannt. Weihnachten 2008 übernahm der ehemalige Junta-Chef für fast ein Jahr die Macht im Land. Sein Markenzeichen: ein rotes Barett mit dem Symbol der deutschen Fallschirmjäger. Das hat er sich ordentlich erworben, vier Jahre trainierte Dadis Camara in Deutschland. Auch viele der anderen Putschisten wurden von der Bundeswehr ausgebildet. Der Finanzminister Mamadou Sandé beispielsweise oder der Sicherheitsminister Mamadouba Camara. Im September 2008 beging die Junta ein Massaker an der eigenen Bevölkerung.

Im September 2009 brachte es die Militärjunta in Guinea zu trauriger Berühmtheit. Soldaten schossen auf friedliche Demonstranten. Augenzeugen berichten außerdem von extremer sexueller Gewalt. Über 150 Menschen kamen bei dem Massaker ums Leben.

Soldaten aus Guinea nach dem Putsch (Foto: AP)
Moussa Dadis Camara nach dem Putsch in GuineaBild: AP

Militärhilfe soll Demokratie stärken

Inzwischen hat die Bundeswehr ihre jahrelange Kooperation mit den Streitkräften von Guinea beendet. Im Februar 2011 sollen die letzten Soldaten Deutschland verlassen. Im Fall Guinea ist das die richtige Entscheidung, sagt Thomas Silberhorn, der verteidigungspolitische Sprecher der CSU im Bundestag. Prinzipiell hält er Ausbildungshilfen aber für ein sinnvolles Instrument der Demokratieförderung: "Die militärische Ausbildungshilfe verfolgt das Ziel, die Beziehungen zu anderen Staaten zu festigen und dabei auch demokratische Wertvorstellungen zu fördern. Das ist grundsätzlich zu begrüßen", sagt er. "Es darf aber nicht passieren, dass die Ausbildungshilfe im Widerspruch zu ihren Zielen steht."

Truppen aus Guinea im Oktober 2009 (Foto: AP)
Nicht alle afrikanischen Armeen respektieren MenschenrechteBild: AP

Insgesamt hat die Bundeswehr in den letzten zehn Jahren mit 28 afrikanischen Armeen zusammengearbeitet und über 1200 Führungskräfte ausgebildet. Doch wie genau eine Armee sich als Kooperationspartner der Bundeswehr qualifiziert, will keines der Ministerien im Einzelnen erläutern. So gab es Ausbildungshilfen für die Streitkräfte von Äthiopien, Nigeria und Niger. Nach Angaben von Mathias John von Amnesty International sind das Armeen, die in Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind. Deshalb fordert er mehr Transparenz bei der Vergabe von Ausbildungshilfen: "Wir fragen uns schon, nach welchen Kriterien die Bundesregierung solche Ausbildungshilfen durchführt und inwieweit dabei die Menschenrechte berücksichtigt werden."

Das Verbesserungspotential nutzen

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte gegenüber der Deutschen Welle, dass man bewusst auch mit solchen Staaten zusammenarbeiten würde, bei denen man ein Verbesserungspotential erkennen könne. Das seien oft keine lupenreinen Demokratien. Aber man versuche, die Rolle der Armee in dieser Gesellschaft positiv zu beeinflussen. Dabei gehe es um Rechtsstaatlichkeit und innere Führung. Ob das wirklich funktioniert, konnte das Verteidigungsministerium nicht im Detail beantworten.

Sekouba Konaté (Foto:AP)
Neuer Machthaber in Guinea: Sekouba KonatéBild: AP

Wie stellt man beispielsweise sicher, dass die in Deutschland trainierten Soldaten ihre militärischen Fähigkeiten nicht dazu verwenden, um gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen? Das sei schwierig, gibt auch Thomas Silberhorn zu: "Natürlich muss man die Auswahl der einzelnen Soldaten den Kooperationspartnern überlassen. Unser Ziel muss nur sein, dass die Kooperationspartner als solche auf einer Linie sind mit unseren Vorstellungen. Wo das nicht der Fall ist, muss man die militärische Ausbildungshilfe dann auch mal sein lassen."

Amnesty International: "Die Zivilgesellschaft stärken"

Amnesty International fordert grundsätzlich, die Lage der Menschenrechte bei der Vergabe von Ausbildungshilfen stärker zu beachten. Und wenn es die Bundesregierung wirklich ernst meinen würde mit der Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, dann gäbe es auch viel Wichtigeres zu tun, als Soldaten zu trainieren, sagt Mathias John: "Streitkräftereform, Sicherheitskräftereform, Reform des Justiz- und Polizeisektors sind in vielen Ländern enorm wichtig. Ich denke aber, dass auch ganz dringend Maßnahmen notwendig sind, die auch die Zivilgesellschaft stärken."

Entwicklungshilfe als Druckmittel eingesetzt

Doch die Zivilbevölkerung eines Landes zu unterstützen, kann zu einem schwierigen Balanceakt werden, wenn gleichzeitig die Regierung isoliert werden soll. Das zeigt wiederum der Fall Guinea. Dort hat sich die Bundesrepublik im April 2009 entschieden, die Entwicklungszusammenarbeit in vielen Bereichen einzuschränken, um Druck auf die Militärregierung auszuüben.

Nach einem Attentat auf Dadis Camara hat dort inzwischen sein Vize Sékouba Konaté die Staatsführung übernommen. Ein in Frankreich ausgebildeter Fallschirmjäger.

Autor: Martin Heidelberger
Redaktion: Klaudia Pape