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Tote nach Plünderungen in Chile

2. März 2010

Mehr als drei Tage nach dem Erdbeben in Chile hat sich die Lage in den Katastrophengebieten weiter zugespitzt. Wegen ausbleibender Hilfe in den Ruinen von Concepcion lieferten sich Plünderer Schießereien mit dem Militär.

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Soldaten mit Gewehren auf einem Fahrzeug (Foto: AP)
Immer mehr Plünderungen: Soldaten sollen in Concepcion für Ordnung sorgenBild: AP

Angesichts ausgebliebener Hilfslieferungen im chilenischen Erdbebengebiet auch mehr als drei Tage nach den verheerenden Erschütterungen der Stärke 8,8 sahen sich am Dienstag (02.03.2010) immer mehr Bürger zu Einbrüchen und Plünderungen von Lebensmittelgeschäften gezwungen. Auch eine weit über die Nachtstunden hinaus verhängte Ausgangssperre konnte die notleidenden Menschen nicht davon abhalten. Berichtet wird zudem von organisierten Banden, die plündernd zunehmend für Angst und Schrecken sorgen. Um sie abzuwehren, bildeten sich spontan bewaffnete Bürgerwehren.

Ein Supermakt wird geplündert (Foto: AP)
In Concepcion: ein Supermakt wird geplündertBild: AP

Präsidentin Michelle Bachelet kündigte die Aufstockung des Militärs im Krisengebiet auf insgesamt 14.000 Soldaten an und rief zur Ruhe auf. Bachelet äußerte Verständnis für das Leid der Menschen in den Krisengebieten. Zugleich erklärte sie, dass die Regierung kriminelle Handlungen nicht dulden werde. Die Soldaten hätten die Aufgabe, Hilfsgüter zu verteilen und für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Auf dem Weg nach Concepcion stürzte ein kleines mit Hilfsgütern beladenes Flugzeug ab. Dabei kamen nach Angaben der chilenischen Luftwaffe alle sechs Insassen ums Leben.

Plünderungen und Schusswechsel

In Concepcion selbst - mit mehr als 200.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Chiles - gingen nach Plünderungen ein Kaufhaus und ein Großmarkt in Flammen auf. Dabei sollen nach unbestätigten Berichten bis zu 20 Menschen ums Leben gekommen sein. Etwa 160 Menschen seien festgenommen worden, hieß es. Plünderungen wurden auch aus anderen Städten und Ortschaften gemeldet. Auch dort sollen Menschen bei Schusswechseln getötet worden sein.

Die vereinzelt anlaufenden Hilfsmaßnahmen wurden zudem durch eine Reihe von Nachbeben erschwert. Hinzu kam schlechtes Wetter, das den vielen Obdachlosen zusetzte.

Mehrere Städte und Dörfer komplett zerstört

Menschen in den Trümmern ihres Ortes (Foto: AP)
Zerstörungen nach Erdbeben und Tsunami in einem chilenischen KüstenortBild: AP

Erst langsam wird das volle Ausmaß der Zerstörung deutlich. Bisher wurden fast 800 Erdbebentote geborgen. Viele weitere Menschen werden noch vermisst. Zwei Millionen Menschen sind nach Behördenangaben von dem Erdbeben und den anschließenden Flutwellen vom Samstag direkt betroffen. Die Zivilschutzbehörde richtete im ganzen Land 40 Notunterkünfte ein.

Einige Städte und Dörfer wurden komplett zerstört. In den ländlichen Gebieten der Regionen Biobio und Maule sind zahlreiche Dörfer und Städte noch immer von der Außenwelt abgeschnitten. Viele Dorfbewohner haben sich nach Angaben von Hilfsorganisationen aus Angst vor weiteren Flutwellen in die umliegenden Wälder und auf Hügel zurückgezogen.

Internationale Hilfe angelaufen

Soldat und Erdbebenopfer (Foto: AP)
Erdbebenopfer stehen für Wasser anBild: AP

Angesichts der Not und Zerstörung bat Chile die internationale Gemeinschaft um Hilfe. Gebraucht werden insbesondere Feldlazarette mit Operationseinrichtungen, mobile Brücken und Küchen.

Erste internationale Hilfslieferungen trafen bereits in Chile ein. Weltweit laufen entsprechende Vorbereitungen, darunter auch in Deutschland. Bundeskanzlerin Angela Merkel sicherte dem südamerikanischen Land Hilfe beim Wiederaufbau zu. Am Dienstag traf US-Außenministerin Hillary Clinton zu einem schon länger geplanten Besuch in Chile ein. Sie brachte zunächst Satellitentelefone mit, um die Kommunikation in den Unglücksgebieten zu verbessern. Die USA hatten gleich nach dem schweren Beben am Samstag ihre Hilfe angeboten. Am Montag hatte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva als erster Staatschef Chile nach dem Beben besucht.

Autor: Herbert Peckmann (dpa, afp, apn, rtr)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot