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Ausgangssperre in Chile verhängt

1. März 2010

Nach dem schweren Erdbeben in Chile mit mehr als 700 Toten wächst in den betroffenen Regionen die Angst vor Plünderungen und Gewalt. Zudem erschweren Nachbeben die Arbeit der Rettungskräfte.

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Weinende Frauen in Concepción (Foto: AP)
Die Chilenen trauern um das Leben vieler LandsleuteBild: AP

Das Erdbeben hat mindestens 700 Menschen das Leben gekostet. Tausende Chilenen sind verletzt, hunderttausende obdachlos. Nach dem Hauptbeben wurde die Bevölkerung immer wieder von Nachbeben erschreckt. Ein besonders heftiges ereignete sich am Montag (01.03.2010). Dieses hatte nach Angaben der US-Erdbebenwarte die Stärke 6,2. Sein Epizentrum lag hundert Kilometer nordöstlich der Stadt Talca.

Umgekippte Autos auf einer zerstörten Brücke (Foto: AP)
Die Infrastruktur des Landes ist in vielen Regionen zerstörtBild: picture alliance / dpa

Plünderer ziehen durch die Straßen

Zwei Tage nach dem Erstbeben hat die chilenische Regierung entschiedene Maßnahmen zur Überwindung der Katastrophe ergriffen. Angesichts zunehmender Plünderungen wurde der Ausnahmezustand über die besonders betroffenen Regionen Maule und Bíobío verhängt. "Wir stehen vor einer Katastrophe von so großem Ausmaß, dass es einer gigantischen Anstrengung aller Teile der Gesellschaft bedarf, sie zu überwinden", sagte Chiles Präsidentin Michelle Bachelet.

Die Behörden verhängten über die Stadt Concepción eine Ausgangssperre, nachdem Plünderer durch die Straßen zogen. Überall in der schwer zerstörten Stadt wurden die Menschen mit Lautsprecher-Durchsagen auf die Ausgangssperre hingewiesen. Bei Verstößen drohten die Behörden mit Festnahmen. Die Entscheidung wurde auch für die gleichfalls hart getroffene Region Maule getroffen.

Die Menschen übernachteten in Zelten oder provisorischen Behausungen aus Pappkartons und Betttüchern zwischen Trümmern, zerstörten Autos und umgeknickten Strommasten. Experten gehen davon aus, dass eine halbe Million beschädigte Häuser sowie Hunderte Straßen und Brücken neu gebaut werden müssen.

Neuer Präsident beginnt bald seine Amtsperiode

Piñera in Siegerpose nach der Wahl (Foto: AP)
Vor einigen Wochen noch der strahlende Wahlsieger: Sebastian PiñeraBild: AP

Der künftige Präsident des Landes, Sebastián Piñera, sprach sich für den Einsatz der Armee aus, um Unruhen zu vermeiden. Recht und Ordnung drohten verloren zu gehen. Piñera war im Januar zum neuen Präsident des Landes gewählt worden und soll am 11. März sein Amt antreten. Chiles Verteidigungsminister Fancisco Vidal kündigte an, dass die Armee beim Wiederaufbau mit den örtlichen Behörden zusammenarbeiten werde. Die chilenische Luftwaffe habe bereits 10.000 Mann entsandt.

Aus einigen Ländern sind bereits Angebote eingegangen, beim Wiederaufbau zu helfen. So sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Unterstützung der Vereinten Nationen zu: "Die UN stehen bereit." Die EU-Kommission erklärte, sie stelle drei Millionen Euro als Soforthilfe bereit.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel versprach schnelle Hilfe. In einem Telefonat mit der chilenischen Präsidentin Bachelet kündigte Merkel auch über die Nothilfe hinaus Unterstützung an. Um Hilfsmöglichkeiten zu erkunden, trafen inzwischen vier Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks in Chile ein. Über mögliche deutsche Staatsangehörige unter den Todesopfern war bis Montagmittag nichts bekannt. In Berlin schloss das Auswärtige Amt aber nicht aus, dass sich dies im Verlauf der Bergungs- und Aufräumarbeiten noch ändern könnte. Das Auswärtige Amt habe einen Krisenstab eingerichtet, und die deutsche Botschaft in Santiago sei durch zusätzliches Personal verstärkt worden.

UN-Tsunamiabteilung zufrieden mit eigener Arbeit

Wegen des Hauptbebens der Stärke 8,8 gab die Tsunami-Warnzentrale auf Hawaii am Samstag einen Alarm für 53 Pazifik-Anrainerstaaten heraus. Allerdings blieben die Auswirkungen außer in Chile begrenzt und es wurden keine weiteren Opfer aus Australien, Tonga, Japan, Russland oder Hawaii gemeldet. "Es ist gelungen, alle Pazifikstaaten nach spätestens einer Stunde zu alarmieren", sagte der Leiter der Tsunami-Abteilung der Vereinten Nationen, Peter Koltermann, gegenüber Spiegel online. "Wir waren durchaus überrascht, wie schnell die Warnung überall ankam."

Autor: Marcus Bölz (afp, dpa, apn)
Redaktion: Oliver Samson