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Koalitionsstreit um Aufklärungsarbeit der Kirche

25. Februar 2010

Der Streit um die Aufklärung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche entzweit die schwarz-gelbe Koalition auf Bundesebene: Mehrere Unionspolitiker weisen die Kritik der Justizministerin an der Kirche zurück.

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Ein Priester hält einen Rosenkranz und ein Stück Papier in der Hand (Foto: dpa)
Es kracht in der Koalition - der Grund: die katholische KircheBild: picture-alliance/ dpa

Als gäbe es nicht schon genug Streitthemen in der Koalition, sorgen nun auch die Aufklärungsarbeit der katholischen Kirche und die Äußerungen dazu von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) für Verstimmungen.

Wolfgang Bosbach (CDU)(Foto: dpa)
Kritisiert die Bundesjustizministerin: Wolfgang BosbachBild: picture-alliance/ dpa

Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU) wundert sich über das Vorgehen der Ministerin. "Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Justizminister während eines laufenden Ermittlungsverfahrens ähnlich massive Kritik an der Kirche geübt hat", sagte Bosbach der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Ausgabe vom 25.02.2010). Leutheusser-Schnarrenberger gehe eindeutig zu weit, wenn sie den falschen Eindruck erwecke, die katholische Kirche würde die Aufklärung behindern.

Scharmützel beenden

Auch Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU) äußerte mangelndes Verständnis für die FDP-Politikerin. Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl hielt Leutheusser-Schnarrenberger vor, sie sei weit über das Ziel hinausgeschossen. Er empfahl ihr und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, ihre Scharmützel schnell zu beenden.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Foto: dpa)
Eine streitbare Frau: Sabine Leutheusser-SchnarrenbergerBild: picture alliance/dpa

Erste Entspannungssignale im Streit zwischen Bundesjustizministerin und der Deutschen Bischofskonferenz gibt es bereits. Leutheusser-Schnarrenberger hatte am Mittwoch (24.02.2010) Erzbischof Zollitsch ein Gespräch angeboten. Er erklärte sich dazu bereit.

Die Ministerin hatte der katholischen Kirche zuvor mangelnde Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle vorgeworfen. Daraufhin hatte Zollitsch der FDP-Politikerin maßlose Polemik vorgehalten und von ihr eine Richtigstellung binnen 24 Stunden gefordert.

Abt tritt zurück

Auf Drängen des Erzbistums München-Freising ist am Mittwoch (24.02.2010) der Ettaler Benediktinerabt Barnabas Bögle (53) zurückgetreten. Grund ist ein bisher nicht öffentlich bekannter Missbrauchsverdacht gegen einen Ettaler Benediktiner aus dem Jahr 2005. Bögle war im Mai 2005 zum Abt des Klosters gewählt worden. Das Erzbistum machte geltend, dass Bögle in diesem Fall seiner seit 2002 bestehenden Meldepflicht gegenüber der Erzdiözese nicht nachgekommen sei. Der Abt habe die Erzdiözese über den Regelverstoß informiert und sei dann der Rücktrittsbitte nachgekommen.

Die Missbrauchsvorwürfe haben strafrechtliche Folgen. Die Staatsanwaltschaft München II habe gegen einen Klosterangehörigen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, zitiert die Nachrichtenagentur apn den leitenden Oberstaatsanwalt Eduard Meyer. Es gehe dabei um sexuellen Missbrauch von Kindern. Die Vorwürfe seien klar noch nicht verjährt. Genauere Angaben zum Zeitpunkt oder dem Umfang wollte Meyer nicht machen.

Erklärung der Bischöfe erwartet

Erzbischof Robert Zollitsch(Foto: AP)
Erzbischof Robert Zollitsch will erklären, wie die katholische Kirche sexuellen Missbrauch künftig verhindern willBild: AP

Nach vier Tagen Beratung wollen die katholischen deutschen Bischöfe bei ihrer Frühjahrsvollversammlung in Freiburg (22.-25.02.2010) Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal ziehen. Robert Zollitsch will zum Abschluss der Tagung erklären, wie die katholische Kirche den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen künftig verhindern will. Im Gespräch ist die Bildung einer Arbeitsgruppe. Diese soll die im September 2002 verabschiedeten kirchlichen Leitlinien zum Schutz vor sexuellen Übergriffen auf ihre Wirksamkeit überprüfen. Zudem sind die Einrichtung von Anlaufstellen für die Opfer sowie eine bessere Prävention im Gespräch.

Zollitsch hatte sich zum Beginn der Tagung bei den Missbrauchsopfern entschuldigt und angekündigt, die kirchlichen Leitlinien zu überprüfen. Eine grundsätzliche Debatte um das Zölibat und die Sexualmoral der Kirche lehnt er ab. Das Zölibat - das Keuschheitsgebot für Priester - sowie die Sexuallehre stünden nicht zur Diskussion. Sei seien nicht die Ursachen für sexuellen Missbrauch.

Der Anwalt eines Opfers hat mittlerweile Strafanzeige gegen Zollitsch und seinen Vorgänger als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehman, im Streit um die Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen gestellt.

Autorin: Pia Gram (dpa, kna, apn)

Redaktion: Martin Schrader