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Island bald neues EU-Mitglied?

24. Februar 2010

Island steht vor dem Beginn offizieller Beitrittsverhandlungen mit der EU. Das Land hatte im Juli 2009 einen entsprechenden Antrag gestellt. Die EU-Kommission will die Aufnahme von Verhandlungen empfehlen.

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(AP Photo/Thierry Charlier)
Islands Regierungschefin auf Werbereise bei EU-Kommissionspräsident BarrosoBild: AP

Zum ersten Mal in seiner Geschichte bemüht sich der Staat Island um eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Denn erst nach der Wirtschafts- und Finanzkrise Ende 2008, die einen riesigen Schuldenberg in Island hinterlassen hat, konnten sich pro-europäische Politiker ihren Wunsch nach noch intensiverer EU-Annäherung durchsetzen. Am 16.Juli 2009 stimmten die Parlamentarier mit einer knappen Mehrheit (33 von 63) für eine sofortige EU-Bewerbung, einen Tag später folgte das offizielle Beitrittsgesuch der Regierung unter der Führung der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardottir.

Symbolbild Island mit EU-Sternen Europa EU-Erweiterung Island Foto: picture-alliance/dpa Grafik: DW
Island wäre das kleinste Mitgliedsland der EUBild: picture-alliance/dpa/DW-Montage

Die Krise zwang zum Kurswechsel

Frühere isländische Regierungen hatten keine Notwendigkeit für eine Vollmitgliedschaft in der EU gesehen. Hauptgrund dafür ist der Kontrollverlust über Fischerei und Landwirtschaft. Nach einem Beitritt würden diese Bereiche zentral über die gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik der EU geregelt. Außerdem mögen die Isländer - die erst 1944 die Unabhängigkeit von Dänemark erlangten - grundsätzlich ihre Eigenständigkeit. Die Aussicht auf Mitgliedschaft in der Eurozone ist derweil eines der Hauptargumente für einen Beitritt, denn die isländische Krone verliert weiter an Wert.

Nah dran an der EU ist Island bereits: Das Land ist Teil der europäischen Schengen-Zone, in der Reisefreiheit herrscht. Außerdem ist das Land seit 1994 Teil des europäischen Wirtschaftsraums, was bedeutet, das ein Großteil der EU-Regularien und Gesetzgebung bereits umgesetzt wird. Island hat somit längst Zugang zum Binnenmarkt der EU. Grundsätzlich spräche dies alles für einen zügigen Beitritt des Landes zur Europäischen Union. Bis auf die hohe Staatsverschuldung bereitet Island aus EU-Sicht keine Probleme.

Ein Stolperstein auf dem Weg in die EU könnte jedoch der Streit um die so genannten "Icesave"-Konten sein. Im Januar 2010 blockierte Islands Präsident Olafur Grimsson das sogenannte "Icesave"-Gesetz, durch das Entschädigungszahlungen in Höhe von rund 3,8 Milliarden Euro in die Niederlande und nach Großbritannien fließen sollten. Dort hatten besonders viele Kunden der isländischen Onlinebank "Icesave" ihr Geld verloren, nachdem die Mutterfirma "Landsbanki" in der Finanzkrise Ende 2008 kollabiert war.

Photographer: Island Morgon Bladid/GOLLI +++(c) dpa - Report+++
Vor einem Jahr demonstrierten Isländer gegen den StaatsbankrottBild: picture-alliance/ dpa

Gläubiger stellen Bedingungen

Die Niederlande und Großbritannien sind verstimmt und verhandeln zurzeit erneut mit Reykjavik über eine Lösung. Die isländischen Bürger wiederum fühlen sich von der EU im Stich gelassen. Denn "Icesave" wird für jeden einzelnen Isländer sehr teuer: Etwa 18.000 Euro Schulden pro Kopf kämen auf den ohnehin großen Schuldenberg Islands dazu. Das entspricht etwa 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Ein Referendum über das "Icesave"-Gesetz ist für den 6.März 2010 geplant - eine mehrheitliche Ablehnung des Gesetzes wird erwartet.

Auch wenn es um den EU-Beitritt geht, kommt es letztendlich auf die Meinung der 320.000 Isländer an. Nach Abschluss der Verhandlungen in Brüssel werden sie den Beitritt per Volksabstimmung absegnen oder kippen. Doch seit dem vergangenen Sommer ist das Thema EU-Beitritt weit weniger in den Schlagzeilen und das Interesse der Bürger daran ist drastisch gesunken.

Autorin: Susanne Henn
Redaktion: Bernd Riegert