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"Soul Boy" – ein Film aus den Slums von Nairobi

25. Februar 2010

Filmemacher Tom Tykwer fördert kreative junge Menschen in Ostafrika. Und dabei ist er durchaus erfolgreich. Der in Kenia realisierte Spielfilm 'Soul Boy' feierte während der Berlinale seine Deutschlandpremiere.

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Filmszene aus "Soul Boy" (Foto: Internationale Filmfestspiele Berlin)
Filmszene aus "Soul Boy"Bild: Internationale Filmfestspiele Berlin

Abis Vater fürchtet, seine Seele verloren zu haben. Dumpf und depressiv liegt er im Verschlag hinter seinem kleinen Laden. Helfen kann nun nur noch die Nyawawa, die geheimnisvolle Frau mit dem Pferdefuß, die am anderen Ende von Kibera in einer dunklen Hütte haust. In Kibera, Nairobis größtem Slum, ist der Film "Soul Boy" gedreht worden.

Stolz und Würde im Slum

Slum Kibera in Nairobi (Foto: DW)
Blick auf Kibera, einen der größten Slums AfrikasBild: DW

"Die Faszination bestand darin, keinen Film von außen betrachtet über diese Menschen dort zu machen, sondern die Menschen, die da leben, machen den Film über sich", erklärt Fimemacher Tom Tykwer. "Sie machen einen Film über ihr Leben, aber auch über ihre Mythologien, über ihre Märchen, über ihre Geheimnisse".

Gemeinsam mit dem kenianischen Autor Billy Kahora hat er das Konzept für "Soul Boy" entwickelt. Entstanden ist dabei eine berührende Geschichte, die ganz selbstverständliche Einblicke in den geschäftigen Alltag Kiberas gibt. Sie erzählt von Stolz und Würde, von einer zarten ersten Liebe, kleinen Wundern und dem Reifeprozess, den der junge Abi durchläuft. Denn die Seele seines Vaters wird der Junge nur retten können, wenn er die sechs rätselhaften Aufgaben löst, die die Nyawawa ihm gestellt hat. Und das wiederum gelingt nur mit Klugheit, Phantasie, Mut und Selbstlosigkeit.

Vom kleinem Budget zum großen Format

Filmemacher Tom Tykwer, Hawa Essuman, Billy Kahora (Foto: Internationale Filmfestspiele Berlin)
Filmemacher Tom Tykwer, Hawa Essuman, Billy KahoraBild: Internationale Filmfestspiele Berlin

"Der frappierendste Effekt ist natürlich, zu merken, dass man nicht bei Null anfangen muss, sondern dass man mit wirklich künstlerischen Köpfen zusammenkommt, die eine Vision haben. Und dass man diese Vision fördern muss". Tom Tykwer hat nur einige Profis aus seiner deutschen Filmcrew mit nach Nairobi genommen. Die haben dann all die jungen Menschen aus Kibera, die bei "Soul Boy" mitmachen wollten, angeleitet und in die praktische Arbeit integriert. Gedreht wurde mit kleinem Budget und im großen Kinoformat, auf 35 Millimeter, mit Laiendarstellern und in der unverfälschten Kulisse des Wellblechhütten-Mikrokosmos Kibera. Regie führte dabei die gerade dreißigjährige ghanaisch-kenianische Regisseurin Hawa Essuman.

"Sie ermöglichen uns, mit Weltklasse-Regisseuren und Weltklasse-Crews zu arbeiten, um unsere Sache zu machen. Denn wir haben phantastische Drehorte, wir haben wunderbare Geschichten, die erzählt werden wollen, aber wir haben nicht genug Fachleute", so Hawa Essuman. Den Luxus einer künstlerischen Filmproduktion kann sich Kenia nämlich nicht leisten. Das Angebot beschränke sich, wie in anderen afrikanischen Ländern auch, auf jede Menge Soap-Operas und schlechte Bollywood-Imitationen.

"An die Zukunft glauben"

"Soul Boy" ist ein lebenspraller Film aus einer Welt, die gleichzeitig von Glaube, Aufgeklärtheit und Magie durchtränkt ist. Es ist ein Film, der mit ruhigen Totalen, schnellen Kamerafahrten und dem Verweilen auf ernsten Gesichtern eine eigene Handschrift trägt. Und in den die Phantasie und Kreativität vieler begabter junger Menschen eingeflossen ist.

"Man fängt an, an die Zukunft zu glauben". "Tatsächlich bin ich stolz. Und ich habe das Gefühl, dass Gott nicht schläft", sagen zwei junge Darsteller aus "Soul Boy". Der Film soll kein Unikat bleiben. Künftig nämlich will Tom Tykwers Produktionsfirma "One Fine Day Films" in Zusammenarbeit mit dem Goethe Institut Nairobi, einem lokalen Produzenten und der Akademie der Deutschen Welle Nachwuchsautoren in Dramaturgie und Drehbuchentwicklung unterrichten und jährlich mindestens einen Film von betreuten Nachwuchskräften realisieren lassen.

Autorin: Silke Bartlick

Redaktion: Katrin Ogunsade