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Indien baut den Öko-Knast

9. Februar 2010

Das Tihar Central Jail in Neu-Delhi ist das größte Gefängnis in ganz Südasien. Jetzt soll der Knast zum ersten "grünen" Gefängnis weltweit umgebaut werden: Mit Biomasse, Recycling und Solarenergie.

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Vogel am Stacheldraht (Foto: ap)
Bild: AP

Gefängnis-Direktor B.K. Gupta hat ehrgeizige Ziele: Er hat den Umweltschutz entdeckt und will seine 11.500 Insassen am Ökowahn teilhaben lassen. Ab sofort wandelt er sein riesiges Gefängnis um: Zum ersten grünen Knast der Welt.

"Wir wollen internationale Standards einführen", erklärt Gupta. Die Hoffnung des Anstaltsleiters: Ein Million Euro könnte er durch die Energiewende jährlich einsparen. Und - so ganz nebenbei - könnten sich die Lebensbedingungen für die Häftlinge auch noch verbessern.

Grüne Revolution hinter Gittern

Häftlinge im Gefängnis (Foto: ap)
Die Verhältnisse in Indiens Gefängnissen sind bislang katastrophalBild: AP

Das Tihar Central Jail hat die Größe einer Stadt: 160 Hektar groß ist das Gelände, darauf stehen zehn Häuserblocks - bewohnt von mehr als 11.000 Häftlingen. Gebaut wurde der Knast eigentlich nur für gut 6000 Sträflinge - es mangelt überall an Sanitäranlagen und Räumlichkeiten. Auch das soll sich nach den ehrgeizigen Plänen des Direktors ändern.

Die grüne Revolution hinter Gittern beginnt in der Küche: Bislang wurde mit Erdgas gekocht, jetzt sollen vier Biogas-Anlagen in der Nähe der Gefängnisküchen massenhaft Bioabfälle in Energie umwandeln. Außerdem sollen Biomasse-Vergaser eingesetzt werden: Die Holzabfälle aus der gefängniseigenen Werkstatt könnten so auch direkt in Energie umgewandelt werden.

Jede Menge Biomasse

Holzabfälle (Foto: ap)
Holzabfälle sollen in kleinen Biomasse-Kraftwerken zu Energie werdenBild: H.-G. Oed

Regenwasser wird im Knast schon lange gesammelt. Denn der Bedarf ist enorm: 30.000 Liter Warmwasser verbrauchen die Häftlinge täglich. Jetzt entstehen Aufbereitungsanlagen, die Abwässer zu nutzbarem Wasser machen: Toiletten, Duschen und Gärten könnten so bewässert werden. Heißes Wasser gibt es mit Hilfe von Solarenergie.

Wasser und Strom sparen!

Frau trinkt (Foto: ap)
Wasser ist ein kostbares Gut in IndienBild: UNI

Das dürfte künftig auch die Stromkosten deutlich senken: Bisher zahlte der Knast allein dafür mehr als 650.000 Euro. Bald brennen auch im ganzen Knast nur noch Energiesparlampen. Aber auch die Häftlinge bekommen den neuen Spar-Wahn ihres Chefs zu spüren: Morgens zwischen 7 und 9 Uhr und nachmittags zwischen 15 und 17 Uhr soll ihnen der Strom abgestellt werden. "Sie brauchen in der Zeit keinen Strom", so Gupta. "Sie sind draußen und meditieren oder machen Yoga." Als Gegenleistung hat der Gefängnisdirektor versprochen, im Sommer rund um die Uhr Ventilatoren laufen zu lassen.

Sonnengruß und Lachübung

Lachende Häftlinge (Foto: ap)
Lachtherapie für HäftlingeBild: picture alliance/dpa

141.000 Euro soll der Öko-Umbau kosten - die Hälfte davon wird die indische Regierung übernehmen. Diese scheint sich zunehmend für eine bessere Gestaltung von Gefängnissen einzusetzen. So werden auch in anderen Haftanstalten Verbesserungen vorgenommen. Außerdem sollen die Häftlinge positiv beschäftigt werden: Yoga-, Literatur- und Lachkurse werden angeboten.

Sträflingen, die Yoga-Kurse besuchen, wurde jetzt sogar in Aussicht gestellt, früher freigelassen zu werden. Die Übungen stärkten die Selbstkontrolle und verringerten die Aggressivität, erklärten die Behörden. Der Deal ist einfach: Für jeweils drei Monate Sonnengrüße, Atemübungen und Dehnungen sollen künftig zwei Wochen Strafe erlassen werden. Bei einem ersten Pilotprojekt haben sich schon 400 Häftlinge angemeldet. Offen bleibt, ob sie alle tatsächlich Entspannung suchen - oder einfach nur raus aus dem Knast wollen.

Autorin: Anna Kuhn-Osius (afp/ap)

Redaktion: Esther Broders