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Streit um Umgang mit Steuerdaten

31. Januar 2010

Zwei Jahre nach dem "Fall Zumwinkel" streiten Regierungsparteien und SPD über den Ankauf von wahrscheinlich gestohlenen Daten aus der Schweiz über mögliche deutsche Steuersünder.

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Bankenviertel in Zürich (Foto: AP)
Bankenviertel in Zürich (Archivbild)Bild: AP

Nach Berichten der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) - die in Berliner Regierungskreisen im Grundsatz bestätigt wurden - hat ein Informant den Steuerbehörden Daten von bis zu 1500 Deutschen angeboten, die Millionensummen am Fiskus vorbei auf Schweizer Konten geschleust haben sollen. Der Datenhändler wolle für die Liste 2,5 Millionen Euro, hieß es.

Koalition gegen Kauf von "Diebesgut"

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU, sagte der "Neuen Zürcher Zeitung" vom Sonntag (31.01.2010), er "persönlich habe ein Problem" mit einem möglichen Kauf der Datensätze. Steuerermittlungen hätten "rechtsstaatlichen Maßstäben zu gehorchen". Zudem warnte der Minister, gewachsene gute Beziehungen, in diesem Fall mit der Schweiz, dürften "nicht leichtsinnig aufs Spiel" gesetzt werden.

Euroscheine vor dem Finanzamt
Mit Euroscheinen vor dem FinanzamtBild: Bilderbox

Der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs riet in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" dringend davon ab, die Datensätze zu kaufen: "Das ist ein gestohlenes Gut. Da würde man Diebe belohnen." Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Otto Fricke, sagte, hier gelte "die alte Regel: Keine Geschäfte mit Kriminellen". Die Schweizer Wirtschaftsministerin Doris Leuthard sagte im Fernsehen ihres Landes, es gebe im Prozessrecht die Regel, dass man illegale Daten nicht verwende.

SPD: Keine Rücksicht auf "Koalitionsklientel"

Hingegen forderte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß, es dürfe "auf keinen Fall Rücksicht genommen werden auf die Wählerklientel von Union oder FDP, die in der Regel zu den Besitzern großer Vermögen zählt". Die SPD-Finanzexpertin Nicolette Kressl erklärte: "Die angebotene CD enthält offenbar entscheidende Daten, die zur Aufklärung von zahlreichen Straftaten im Bereich der Steuerhinterziehung führen können.".

Das Bundesfinanzministerium wollte sich zu dem Fall unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht äußern. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa ist Minister Wolfgang Schäuble, CDU, persönlich mit dem Vorgang bisher nicht befasst gewesen. Er wäre für den möglichen Kauf der Daten auch gar nicht zuständig. Denn Steuerverfahren sind in Deutschland Ländersache. In wichtigen Fällen kann der Bund aber mit einbezogen werden.

Stichprobe deckt Hinterziehung auf

Über die Identität des Datenanbieters ist nichts bekannt. Nach dem Bericht der FAZ hat er der Staatsanwaltschaft Wuppertal aus seinen Unterlagen eine Stichprobe überlassen. Bei der Auswertung dieser Daten hätten die Ermittler festgestellt, dass in jedem der fünf Fälle eine Steuernachzahlung von jeweils einer Million Euro fällig wäre. Die Ermittler würden damit rechnen, dass es insgesamt Steuernachzahlungen von rund 100 Millionen Euro geben könnte, wenn die Behörden die Datensätze ankaufen würden.

Klaus Zumwinkel im Gerichtssaal vor seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (Foto: AP)
Klaus Zumwinkel (2. von links) im Gerichtssaal vor seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Januar 2009Bild: AP

BND kaufte Daten

Der Fall erinnert an die so genannte Liechtenstein-Affäre vom Frühjahr 2008. Der damalige Finanzminister der großen Koalition, Peer Steinbrück, SPD, hatte zusammen mit den Steuerbehörden grünes Licht für einen spektakulären Deal gegeben: Der Auslandsgeheimdienst BND kaufte einem ehemaligen Mitarbeiter der Liechtensteiner LGT-Bank gestohlene DVD's mit Daten über deutsche Steuerhinterzieher für rund fünf Millionen Euro ab. Es folgten Razzien und viele Verfahren.

Prominentester der enttarnten Steuersünder war der damalige Chef der Deutschen Post AG, Klaus Zumwinkel. Er verlor seinen Posten und wurde wegen Hinterziehung von einer Million Euro zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und einer Geldbuße verurteilt. Die Staatsanwaltschaft in Bochum ermittelt in noch rund 400 weiteren Liechtenstein-Fällen.

Autor: Michael Wehling (dpa/afp/apn/rtr)

Redaktion: Hajo Felten