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"Chemie-Ali" endet am Strang

26. Januar 2010

Ali Hassan el Madschid zählte zu den schlimmsten Vertretern der früheren Diktatur im Irak. Viermal verurteilten irakische Gerichte den Vetter Saddams zum Tode. Nun wurde er gehängt.

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Ali Hassan el Madschid, genannt 'Chemie-Ali', auf einem Archivfoto aus dem Jahr 2002 (Foto: dpa)
So kannten und fürchteten ihn die Iraker: "Chemie-Ali" in Armee-UniformBild: picture-alliance/dpa

Wie ein irakischer Regierungssprecher am Montag (25.01.2010) in Bagdad mitteilte, wurde Ali Hassan el Madschid wegen Mordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehängt. Der 69-Jährige - ehemaliger Minister, Kommandeur und Berater Saddam Husseins - war wegen Völkermords und anderer Kriegsverbrechen insgesamt vier Mal zum Tod durch den Strang verurteilt worden.

Bis zu 5600 Tote in Halabdscha

Wenige Tage nach dem Giftgas-Angriff durchstreifen Kamera-Teams Halabdscha (Foto: dpa)
Wenige Tage nach dem Giftgas-Angriff durchstreifen Kamera-Teams HalabdschaBild: picture-alliance / KPA / TopFoto

Das letzte Todesurteil erhielt der frühere Gouverneur der irakischen Nordprovinzen erst vor einer Woche wegen des Massakers in der überwiegend von Kurden bewohnten Kleinstadt Halabdscha. Am 16. März 1988 hatte die irakische Luftwaffe Halabdscha mit mehreren Sorten Giftgas, darunter Senfgas und das Nervengas Sarin, bombardiert. Dabei starben nach unterschiedlichen Angaben bis zu 5600 Menschen. Kurz vor der Attacke hatten kurdische Untergrundkämpfer die Stadt unter ihre Kontrolle gebracht.

Madschid hatte damals den Einsatz der international geächteten Massenvernichtungsmittel persönlich angeordnet. Er wurde außerdem wegen Niederschlagung eines Aufstands im Jahr 1999, wegen Völkermordes an den Kurden und wegen seiner Beteiligung an der Unterdrückung rebellierender Schiiten nach dem Golfkrieg 1991 zum Tode verurteilt.

Der Pik-König im US-Kartenspiel

Ali Hassan el Madschid vor Gericht (Foto: AP)
So trat Madschid als Angeklagter vor Gericht aufBild: AP

Damit gehörte "Chemie-Ali" zu den schlimmsten Missetätern während der Diktatur von Saddam Hussein. Madschid wurde laut Gerichtsakten 1941 geboren, nach eigenen Angaben 1944. Er stammt ebenso wie Saddam Hussein aus Tikrit. Sein Vorgehen gegen die Kurden war besonders grausam, so dass er auch den Beinamen "Schlächter Kurdistans" erhielt. Auf der US-Fahndungsliste der 55 meistgesuchten Iraker nahm Madschid Platz fünf ein, in dem zur Fahndung ausgeteilten Kartenspiel der US-Armee war er der Pik-König. Im August 2003 wurde Madschid festgenommen und in ein US-Militärgefängnis im Irak gebracht worden. Saddam Hussein wurde Ende 2006 hingerichtet, "Chemie-Ali" war ihm bis zuletzt treu ergeben.

Rache von Saddams Anhängern?

In Bagdad explodierten am Montag drei Autobomben vor den Hotels Palestine-Meridien, Babylon-Oberoi und Al-Hamra, in denen zahlreiche Medienvertreter leben und arbeiten. Dabei wurden mindestens 37 Menschen getötet und über 100 verletzt. Hinter dem Anschlag stecken möglicherweise Anhänger des alten Regimes von Saddam Hussein. Regierungssprecher Ali al Dabbagh erklärte, die Bombenserie stelle eine Ausweitung der Aktivitäten der Aufständischen dar, die mit Saddams Regime verbunden seien.

Die angegriffenen Hotels befinden sich außerhalb der Grünen Zone, dem stark gesicherten Bagdader Regierungsviertel, am gegenüberliegenden Ufer des Tigris. Die erste Detonation ereignete sich um 15.40 Uhr Ortszeit auf dem Parkplatz des Sheraton-Hotels. Wenige Minuten später explodierten zwei weitere Autos in der Nähe des Babylon- und des Al-Hamra-Hotels. Alle drei Bomben wurden laut Militärangaben von Selbstmordattentätern gezündet.

Autor: Stephan Stickelmann (ap, rtr, dpa, apn)
Redaktion: Oliver Samson