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Koalition will von 2011 an sparen

Michael Wehling16. Dezember 2009

Die neue Regierung bricht alle Schuldenrekorde. Auf insgesamt gut hundert Milliarden Euro wird die Neuverschuldung des Bundes im kommenden Jahr emporschnellen. Danach soll gespart werden.

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Finanzminister Schäuble (Foto: AP)
Finanzminister Schäuble erläutert vor Journalisten den Etatentwurf 2010Bild: AP

Das Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel billigte am Mittwoch (16.12.2009) den Haushaltsentwurf 2010 mit einer Neuverschuldung von 85,8 Milliarden Euro - ein einsamer Höchststand in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Hinzu kommen noch rund 14,5 Milliarden Euro an frischen Krediten in Nebenhaushalten wie etwa dem Investitions- und Tilgungsfonds, mit dem ein Teil der Konjunkturpakete finanziert wird oder dem Bankenrettungsfonds Soffin. Diese Schulden sind in der regulären Haushaltsplanung nicht enthalten.

Schäuble: Krise noch nicht überwunden

Finanzminister Wolfgang Schäuble verteidigte den neuen Schuldenberg als "bitter, aber notwendig". Der Etatentwurf sei Spiegelbild der schwersten Wirtschaftskrise in der bundesdeutschen Geschichte. "Sie ist nicht überwunden", betonte der CDU-Politiker. Der Bund müsse krisenbedingt Steuermindereinnahmen von 43,5 Milliarden Euro sowie Mehrausgaben für den Arbeitsmarkt von 23,3 Milliarden Euro verkraften. Hinzu kämen Mehrbelastungen durch Zuschüsse zu den gesetzlichen Krankenkassen sowie durch die Koalitionsbeschlüsse.

Schäuble betonte, die Bundesregierung aus Union und FDP werde ab 2011 das Defizit im Etat "glaubwürdig und seriös" zurückführen. Von 2011 an müssten jährlich rund zehn Milliarden Euro eingespart werden. Dies werde - so der Finanzminister - "ungewöhnlich schwierig" und "nicht mit den herkömmlichen haushalterischen Maßnahmen zu schaffen" sein. Wie genau diese Aufgabe erfüllt werden solle, könne er derzeit nicht sagen. In einem Punkt aber legte sich Schäuble fest: "Eine Mehrwertsteuererhöhung steht nicht zur Debatte, sie ist ausgeschlossen."

Eingangasbereich der Bundeagentur für Arbeit in Ludwigsburg (Bild: AP)
Berlin gibt mehr Geld für die Bundesagentur für ArbeitBild: AP

Stabilitätspakt soll 2013 eingehalten werden

Der Finanzminister versicherte, dass Deutschland bis 2013 wieder die Defizitobergrenze des Euro-Stabilitätspakts von drei Prozent des Brutto-Inlandsprodukts (BIP) einhalten wolle. Die internationale Glaubwürdigkeit des Euro müsse unbedingt erhalten bleiben; dabei sei die Bundesrepublik der "entscheidende Anker". Im nächsten Jahr werde das gesamtstaatliche Defizit "aber eher bei sechs als bei fünf Prozent" liegen, führte Schäuble aus.

Der Etatentwurf für 2010 sieht Ausgaben von insgesamt 325,4 Miliarden Euro vor, ein Plus von 7,3 Prozent im Vergleich zu diesem Jahr. Dem stehen Einnahmen aus Steuern und anderen Quellen in Höhe von 239,6 Milliarden Euro gegenüber. Größter Einzeletat ist der des Arbeitsministeriums mit einem Volumen von 146,8 Milliarden Euro. Zur Bedienung der Schulden muss der Bund 2010 mehr als 40 Milliarden Euro aufwenden. Für Investitionen sind 28,7 Milliarden vorgesehen.

SPD fordert Sparvorschläge

Die Opposition kritisierte, Schäuble nehme mehr frische Kredite auf als nötig, um unsinnige Wahlgeschenke zu finanzieren. Die SPD warf der Koalition vor, sich um Einsparvorschläge zu drücken. Die Linke kritisierte, die Regierung unternehme nichts, um die Steuereinnahmen zu sichern. "Die öffentliche Hand wird in die Handlungsunfähigkeit getrieben", sagte die Etatexpertin der Fraktion, Gesine Lötzsch.

Grünen-Chefin Claudia Roth erklärte, Schäuble entwerfe ein "Staatsbankrottprogramm", wenn er den 1996 vom damaligen Finanzminister Theo Waigel aufgestellten Schuldenrekord von umgerechnet rund 40 Milliarden Euro mehr als verdoppele. "Union und FDP gefährden die Stabilität der Bundesrepublik", sagte Roth.