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Aktivisten machen Druck beim Klima-Gipfel

13. Dezember 2009

Zur Halbzeit der UN-Klimakonferenz haben weltweit zehntausende Menschen für einen besseren Umweltschutz demonstriert. Dabei gab es allein in Kopenhagen fast 1.000 Festnahmen.

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Demonstrationszug und Menschen mit Plakaten und Bannern (Foto: ap)
Tausende Australier warben in Sydney für stärkeren KlimaschutzBild: AP

In Dänemark und vielen anderen Ländern demonstrierten am Samstag (12.12.2009) Klima-Aktivisten für ein weitreichendes Klimaschutzabkommen und für Klimahilfe an ärmere Länder. An den Demonstrationszügen in Kopenhagen nahmen nach Angaben der Veranstalter bis zu 100.000 Menschen teil, die Polizei sprach zum Auftakt der Großkundgebung dagegen nur von 10.000. Die Demonstranten zogen zum Tagungsort "Bella Center" vor den Toren Kopenhagens. Hier wollen Regierungsvertreter von 192 Staaten bis nächsten Freitag ein Klimaschutzabkommen zur Dämpfung des globalen Temperaturanstiegs durch Treibhausgase aushandeln.

Demonstranten vor dem dänischen Parlament im Zentrum von Kopenhagen (Foto: ap)
Demonstranten vor dem dänischen Parlament im Zentrum von KopenhagenBild: AP

Die dänische Polizei ging am frühen Abend nach eigenen Angaben "vorbeugend" gegen mutmaßliche Randalierer vor. Nach ihren Angaben wurden insgesamt fast 1.000 Menschen festgenommen, weil sich die Betroffenen in der Nähe einer kleinen Gruppe gewaltbereiter Demonstranten aufhielten. Bis zum Sonntagmorgen wurden fast alle Festgenommenen wieder freigelassen. Nach drastischen gesetzlichen Verschärfungen zum Demonstrationsrecht wegen des Klimagipfels kann die Polizei in Dänemark Personen auf bloßen Verdacht krimineller Handlungen für zwölf Stunden in Haft nehmen. Für die Demonstrationen zum Klimagipfel waren eigens vergitterte Massen-Arrestzellen in einer alten Lagerhalle eingerichtet worden.

Aktivisten in Asien

Demonstrationszug in Sydney (Foto: ap)
"Marsch gegen Erderwärmung" in SydneyBild: AP

In mehreren großen Städten Australiens haben am Samstag bereits zehntausende Menschen mit einem "Marsch gegen die Erderwärmung" auf die Gefahren des Klimawandels hingewiesen. Nach Angaben der Veranstalter wurden in Canberra, Sydney, Melbourne und anderen Städten rund 50.000 Teilnehmer gezählt. Ein Demonstrationszug formierte sich am Parlament in Canberra; in Sydney und Melbourne waren jeweils mindestens 10.000 Klimaaktivisten unterwegs. Sie warben dafür, in Kopenhagen wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu beschließen. Beim Klimagipfel müsse ein "Vertrag" geschlossen werden, der eine "gesunde Klima-Zukunft für uns alle" garantiere, sagte James Dannenberg, einer der Organisatoren.

Auch in weiteren Ländern der Asien-Pazifik-Region gingen viele Menschen auf die Straßen, um Druck auf die Verhandlungen beim Klimagipfel in Kopenhagen auszuüben. In Hongkong waren einige Demonstranten als Pandabären verkleidet, andere trugen Banner mit der Aufschrift: "Klimawandel tötet. Handelt jetzt! Rettet Leben!" In Indonesien versammelten sich mehrere Aktivisten vor der US-Botschaft in Jakarta. Die Demonstranten forderten Hilfe für Entwicklungsländer bei der Reduzierung von Treibhausgasen. Mehrere Aktivisten riefen: "Die USA sind der größte Treibhausgas-Produzent." Auf den Philippinen versammelten sich Studenten zu einem dreistündigen Protest vor dem Rathaus von Manila.

Angebot der EU

In Peking demonstrierten traditionelle chinesische Trommler für den Klimaschutz (Foto: ap)
In Peking demonstrierten traditionelle chinesische Trommler für den KlimaschutzBild: AP

Die Europäische Union beschloss am Freitag, mit einer milliardenschweren Soforthilfe für die Entwicklungsländer den Klimaverhandlungen in Kopenhagen neuen Schwung zu verleihen. Bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel stellten die europäischen Staats- und Regierungschef 7,2 Milliarden Euro für die kommenden drei Jahre zur Verfügung, Deutschland gibt davon 1,26 Milliarden Euro.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem "deutlichen Signal nach Kopenhagen". Die EU zahlt nun knapp ein Drittel der weltweit benötigten Anschubfinanzierung, mit der die Entwicklungsländer die Folgen des Klimawandels abmildern sollen.

Merkel warnt vor Arbeitsplatzabbau

Weitere deutsche und europäische Vorleistungen für das Ziel eines weltweiten Klimaschutzabkommens lehnt Merkel jedoch strikt ab. "Wir werden nicht zulassen, dass Deutschland und die anderen europäischen Industriestaaten weit voran gehen beim Klimaschutz, andere nichts tun und dann Arbeitsplätze bei uns abwerben mit dem Argument, weniger Kosten für den Klimaschutz." Das sagte die Regierungschefin der "Bild am Sonntag" und fügte hinzu: "Das ist mit mir nicht zu machen und deshalb brauchen wir ein globales Abkommen."

China kritisierte die Zusage der EU als zu gering. Es handele sich um eine "kurzfristige Unterstützung und das reicht nicht", sagte der chinesische Vize-Außenminister He Yafei in Kopenhagen. Sudans Delegationschef Lumumba Stanislas Dia-Ping, dessen Land derzeit dem Entwicklungsländer-Bündnis G-77 vorsitzt, bezeichnete die EU-Zusagen als "bedeutungslos". Sie erhöhten zudem das Misstrauen gegenüber den Absichten der EU-Länder, den Klimawandel zu bekämpfen.

Kritik von Greenpeace und Hilfswerken

Auch der neue Chef von Greenpeace International, Kumi Naidoo, kritisierte Merkels Klimapolitik. "Ihr Verhalten in der aktuellen Debatte ist mehr als enttäuschend", sagte Naidoo der "Berliner Zeitung" (Samstagausgabe). Merkel könne auf dem Klimagipfel in Kopenhagen zwar das Ruder herumreißen. "Deutschland ist dennoch nicht zu Zugeständnissen bereit, die von Wissenschaftlern als notwendig eingefordert werden", sagte Naidoo. Die Finanzfrage sei der entscheidende Punkt bei den Verhandlungen. "Wenn die reichen Länder nicht genügend Geld bieten, um die ärmeren Länder zu unterstützen, wird es keine Einigung geben".

Vertreter evangelischer Landeskirchen und Hilfswerke forderten Deutschland auf, beim Klimagipfel eine Vorreiterrolle zu übernehmen und die Verhandlungen zu einem Erfolg zu führen. "Deutschland kann und muss mehr tun", sagte die Direktorin von "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel, am Samstag in der dänischen Hauptstadt. Die kirchliche Delegation verlangte mehr Hilfen für Entwicklungsländer sowie deutsches Engagement für eine stärkere Reduktion der klimaschädlichen Treibhausgase auf Ebene der EU. Der deutsche Beitrag zur Klimaschutz-Finanzierung in Entwicklungsländern sollte nach Ansicht der evangelischen Kirchen und Hilfswerke ab 2013 auf sieben Milliarden Euro jährlich aufgestockt werden, ohne diesen Betrag auf die Entwicklungshilfe anzurechnen.

Die Politik hängt hinterher

Nach Einschätzung der beiden Forscher Claus Leggewie und Harald Welzer hängt die Politik mit ihren Entscheidungen den Wünschen vieler Menschen nach wirksamen Maßnahmen gegen den Klimawandel hinterher. Es gebe auch nicht viel Hoffnung, dass sich dies von alleine ändern werde, schreibt Leggewie zusammen mit dem Sozialpsychologen Harald Welzer in dem Buch "Das Ende der Welt, wie wir sie kannten". Darin vertreten die beiden Wissenschaftler die These, dass nur eine umfassende Protestbewegung die zu einem effektiven Kampf gegen den Klimawandel nötigen gesellschaftlichen Veränderungen vorantreiben könne.

Autor: Martin Schrader (mit ap/afp/dpa/rtr)

Redaktion: Reinhard Kleber, Oliver Samson

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