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Von Krise keine Spur

17. Dezember 2009

Trotz der Talfahrt des deutschen Steinkohlenbergbaus fahren die Hersteller von Bergbaumaschinen einen Rekordumsatz von vier Milliarden Euro ein. Gefragt ist Förder-Know-How von Russland bis nach Südamerika.

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Untertagebaumaschine der Firma Eickhoff in Bochum (Foto: Klaus Deuse)
Große Untertagebaumaschinen sind vor allem in China und Russland gefragtBild: Klaus Deuse

In der Bundesrepublik steuert der Steinkohlenbergbau auf das Ende zu. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge sollen 2018 die letzten Zechen in der Bundesrepublik stillgelegt werden. Trotz des Niedergangs des heimischen Steinkohlenbergbaus floriert die deutsche Bergbaumaschinen-Industrie. Mit einem Umsatz von gut vier Milliarden Euro konnten die 130 Unternehmen im Vergleich zu einem ohnehin schon guten Vorjahr sogar noch einmal zehn Prozent zulegen.

Walzenlader (Foto: Klaus Deuse)
Walzenlader der Firma EickhoffBild: Klaus Deuse

Ein Rekordergebnis, für das es Gründe gibt. Denn bergbautechnisches Know-how aus Deutschland, stellt Paul Rheinländer fest, ist weltweit gefragt. Der Zuwachs, so der Vorsitzende des Fachverbandes Bergbaumaschinen im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA), resultiert vor allem aus dem boomenden Export. Insbesondere Russland und China, aber auch die USA sowie Australien zählen weiterhin zu den großen Auftraggebern für Aggregate mit dem Gütesiegel deutscher Bergbautechnik. "Unserer Meinung nach wird das auch so bleiben", ist Rheinländer zuversichtlich.

Ohne Kohle geht es noch nicht

Nach Überzeugung Rheinländers fällt der Kohle als Energieträger global weiterhin eine entscheidende Bedeutung zu. Während sich die Erdölvorräte dem Ende zuneigen, reichen die Kohlereserven, wenn man den heutigen Bedarf unterstellt, noch für rund 200 Jahre. "Man wird allerdings in Zukunft noch mehr abbauen, denn die Industrialisierung der so genannten BRIC-Länder Brasilien, Indien, Russland und China ist ohne zusätzliche Energiegewinnung überhaupt nicht möglich", so Rheinländer.

Und dafür benötigen diese Länder leistungsfähige Abbaumaschinen aus deutscher Produktion. Schon heute entfallen 85 Prozent des Umsatzes auf den Export und nur noch 15 Prozent auf den bundesdeutschen Markt. Bei der Bochumer Maschinenfabrik Eickhoff etwa, bei der Paul Rheinländer die Geschäfte führt, beträgt der Exportanteil sogar 95 Prozent.

Für jede Zeche auf der Welt die passende Maschine

Paul Rheinländer (Foto: Klaus Deuse)
Paul Rheinländer sieht die Zukunft optimistischBild: Klaus Deuse

Mit einem Auftragsvolumen von 235 Millionen Euro bleibt Russland bleibt weiterhin das Hauptexportland für die deutschen Hersteller, gefolgt von China, den USA, Australien und Indien. Die Stärke der deutschen Bergbauzulieferunternehmen, die rund 14.500 Mitarbeiter beschäftigen, besteht auch darin, die Maschinen auf die jeweiligen Anforderungen in den Abbaugebieten abzustimmen.

Die Chinesen etwa, sagt Paul Rheinländer, wollen absolute High-Tech-Maschinen haben. Im Reich der Mitte finde man sehr gute Förderverhältnisse, also sehr große Flöze vor. Und darum müssten die Maschinen extrem leistungsfähig sein. In Russland hingegen gehe es mehr um Robustheit und Zuverlässigkeit. Hier müsse man auch ohne exzeptionelle Wartung Maschinen laufen lassen können.

Anforderungen, für die die deutschen Hersteller die passenden Maschinen liefern. Abbau-Aggregate wie die der Maschinenfabrik Eickhoff beispielsweise genießen auf dem Weltmarkt einen exzellenten Ruf. Je nachdem, in welchem Umfang die Maschine an den speziellen Kundenbedarf angepasst werden muss, beträgt die Produktionsdauer sechs bis acht Monate. Zum Beispiel, wie Paul Rheinländer ausführt, für Walzenlader. "Das sind hochkomplexe Gewinnungsmaschinen. Wert: 1,5 bis fünf Millionen Euro. Sie bestehen aus 3000 bis 5000 Teilen, und jedes Teil muss funktionieren."

Neue Märkte in Mittel- und Südamerika

Auch wenn in China zum Verdruss des Fachverbandes immer häufiger deutsche Bergbaumaschinen kopiert werden, sorgt sich der Verbandsvorsitzende Rheinländer nicht um die Führungsposition der Mitgliedsunternehmen. Denn im Bereich der Mechanik seien die deutschen Ingenieure einfach unschlagbar. "Die Chinesen nehmen durchaus Anleihen an unserer Technik. Wir versuchen natürlich, durch die Innovationen vorne zu bleiben. Und diese Innovationen sind nicht immer ganz leicht zu kopieren."

Auch im Hinblick auf das kommende Jahr zeigen sich die Bergbauzulieferer mit der Auftragslage ausgesprochen zufrieden. Nicht nur aus den angestammten Exportländern, sondern auch aus mittlerweile neu erschlossenen Märkten in Mittel- und Südamerika. Und dabei geht es nicht nur um den Abbau von Steinkohle, für den Maschinen aus deutscher Produktion benötigt werden. In Südamerika stehen diverse mineralische Reserven im Focus. In Chile etwa handelt es sich vorwiegend um Kupfer.

Insofern rechnen die bundesdeutschen Bergbaumaschinenhersteller beim Geschäft mit Mittelamerika mit einer Umsatzsteigerung von 110 Prozent auf 55 Millionen Euro und in Südamerika von rund 100 Prozent auf 52 Millionen Euro. Ein Höhenflug, den die Branche zu Beginn der Talfahrt der deutschen Steinkohle nicht erwarten konnte. Selbst wenn nach den derzeitigen politischen Vorgaben im Jahr 2018 die letzten Zechen in der Bundesrepublik schließen sollten, sehen die Zulieferer keineswegs schwarz. Denn da global an der Kohle als Energieträger vorerst kein Weg vorbei führt, kann Paul Rheinländer nüchtern resümieren: "Die Bergbauzulieferindustrie ist eine Industrie, die Zukunft hat."

Autor: Klaus Deuse

Redaktion: Julia Elvers-Guyot