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BGH erleichtert Verfolgung von Neonazis

3. Dezember 2009

Die Einstufung von rechtsextremistischen Gruppierungen als kriminelle Vereinigung führt vor Gerichten immer wieder zu Diskussionen. Der Bundesgerichtshof hat nun die Kriterien dafür präzisiert.

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Hoheitsschild des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe (Foto: dpa)
Bundesgerichtshof hebt Urteil zu Rechtsextremisten teilweise aufBild: picture-alliance/ dpa
Tätowierter Hinterkopf eines Angeklagten der Neonazi-Gruppe 'Sturm 34' bei der Sitzung der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden im August 2008 (Foto: dpa)
Einer der Angeklagten beim Prozess in DresdenBild: picture-alliance/dpa

Nach der Entscheidung des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofes (BGH) ist die rechtsextremistische "Kameradschaft Sturm 34" aus dem sächsischen Mittweida eindeutig eine kriminelle Vereinigung. Der Staatsschutzsenat der Karlsruher Richter hob am Donnerstag (03.12.2009) ein Urteil des Landgerichts Dresden gegen fünf Rädelsführer auf und entsprach damit in Teilen der Revision der Staatsanwaltschaft. Die Dresdner Richter hatten im August 2008 geurteilt, dass die Kameradschaft nur eine Bande, aber keine kriminelle Vereinigung sei. Dieses Urteil sei rechtsfehlerhaft, weil das Gericht in Dresden Umstände außer Acht gelassen habe, die für die Existenz einer kriminellen Vereinigung sprechen, beschloss der BGH. Der Fall muss nun vor dem Dresdner Landgericht neu aufgerollt werden.

Die Gruppe war im Jahr 2006 aus einer Gruppe rechtsorientierter Jugendlicher hervorgegangen. Hauptziel der Kameradschaft sei es gewesen, Mittweida durch die Schaffung einer sogenannten nationalbefreiten Zone "zeckenfrei" und "braun" zu machen, heißt es in einer Mitteilung des BGH. Das bedeute, dass gegen alle anders denkenden Personen mit Gewalt vorgegangen werden sollte. Dazu sollten unter anderem "Skinheadkontrollrunden" durchgeführt werden, bei denen nach missliebigen Personen Ausschau gehalten worden sei. Mitglieder der Kameradschaft hätten mehrere Menschen zusammengeschlagen und erheblich verletzt.

Verboten – aber keine kriminelle Vereinigung?

Das Sächsische Innenministerium hatte die Gruppierung daraufhin im April 2007 verboten und aufgelöst, weil deren Zwecke und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwider liefen und sich gegen die rechtsstaatliche Ordnung richteten. In einem Prozess gegen mehrere Mitglieder der Gruppe hatte das Dresdner Landgericht zwei Angeklagte – einen Aussteiger und einen Polizeiinformanten – freigesprochen; drei Angeklagte erhielten wegen mehrfach gefährlicher Körperverletzung lediglich Jugendstrafen zwischen zwei Jahren und drei Jahren und sechs Monaten. Eine Verurteilung wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung und der "mitgliedschaftlichen Beteiligung an dieser" lehnten die Richter ab, weil nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen dazu nicht gegeben waren.

Prozess wird neu aufgerollt

Der 3. Strafsenat des BGH hob nun das Urteil teilweise auf und verwies es an eine andere Kammer des Dresdner Landgerichts zurück. Dabei präzisierten die Richter die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung. Demnach kann "ein übergeordnetes, etwa weltanschauliches oder ideologisches Ziel" Beleg dafür sein, dass es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt. Eine Mitgliederliste, Einheitskleidung oder Gruppenzwang sind dagegen laut Gericht keine ausschlaggebenden Kriterien. Der Fall muss nun unter Anwendung der präziser gefassten Kriterien neu aufgerollt werden. Im Falle einer Verurteilung drohen den Angeklagten deutlich höhere Strafen.

Die Einstufung einer Gruppierung als kriminelle Vereinigung hat neben höheren Strafen auch zur Folge, dass den Angehörigen der Gruppierung keine konkreten Straftaten nachgewiesen werden müssen. Bereits die Mitgliedschaft in der Organisation oder ihre Unterstützung ist strafbar.

Autor: Gerhard M. Friese/Reinhard Kleber (dpa, ap, epd, BGH)

Redaktion: Martin Schrader

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