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Europäische Reaktionen auf Schweizer Minarett-Votum

30. November 2009

Das Urteil zum Minarett-Verbot wird in der europäischen Politik gemischt aufgenommen. Rechtspopulisten freuen sich über die Entscheidung, der Großteil jedoch ist schockiert.

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Spitze des Minaretts in Zürich (Foto: AP)
Keine Minarette in der Schweiz: Die Europäische Union ist überwiegend irritiertBild: AP

Das "Nein" der Schweizer zum Neubau von Minaretten stößt in der EU auf deutliche Kritik. Vor allem der schwedische EU-Vorsitz zeigte Unverständnis über das Abstimmungsergebnis in der Schweiz.

"Nicht wirklich qualifiziert"

"Das ist eine Frage für Stadtplaner, eigentlich nicht für ein Referendum", sagte der schwedische Einwanderungsminister Tobias Billström im Namen der EU-Präsidentschaft am Montag in Brüssel. "Es ist problematisch, wenn Politiker anfangen, über Architektur und ähnliche Dinge zu entscheiden. Dafür sind wir nicht wirklich qualifiziert."

Die schwedische Ressortchefin Beatrice Ask zeigte sich schockiert über das Votum der Schweiz: "Ich glaube nicht, dass Europa ohne das Recht auf freie Meinungsäußerung aufgebaut werden kann", so Ask. Mit dieser Haltung steht sie auf europäischem Parkett nicht alleine da: Zur Religionsfreiheit gehörten auch Gotteshäuser, so die österreichische Innenministerin Maria Fekter.

Ausdruck des Fundamentalismus?

Geert Wilders (Foto: dpa)
Forderte einen Baustopp auch für die Niederlande: Islam-Kritiker Geert WildersBild: picture-alliance/ dpa

Unterdessen bemühte sich die schweizerische Justizministerin Widmer-Schlupf in Brüssel, die Wogen zu glätten. "Ich denke, dass es jetzt ganz wichtig ist, dass man zum Ausdruck bringt, dass es nicht eine Abstimmung gegen den Islam ist, gegen die Menschen, die dieser Religionsgemeinschaft da angehören, sondern dass eine Abstimmung war, die sich gegen fundamentalistische Ausprägungen richtet", so die Politikerin. "Offensichtlich wollte man mit dem Minarett-Verbot ein Zeichen gegen diese fundamentalistischen Ausprägungen setzen." Es gehe absolut nicht darum, sich gegen den muslimischen Glauben als solchen auszusprechen.

Für regelrechten Jubel sorgte die Entscheidung bei den niederländischen Rechtspopulisten um den Islam-Kritiker Geert Wilders. Seine "Partei für die Freiheit" forderte umgehend einen Baustopp für Minarette auch in den Niederlanden. Die Regierung in Den Haag lehnte dies ab.

Frankreich schockiert über Verbot

Bernard Kouchner (Foto: AP)
"Ich verabscheue Intoleranz!" - Der französische Außenminister Bernard Kouchner ist empörtBild: AP

Frankreichs Regierung übt derweil harsche Kritik am Schweizer Minarett-Votum. Wenn man keine Minarette mehr bauen könne, bedeute das, dass man die Religion unterdrücke, so Außenminister Bernard Kouchner. "Was würden wir sagen, wenn wir keine Glockentürme mehr bauen dürften! Das ist ein Ausdruck von Intoleranz, und ich verabscheue Intoleranz." Auch die französischen Sozialisten beunruhigte das Schweizer Votum gegen neue Minarette.

Zufrieden sind hingegen Frankreichs Rechtsextreme. "Front National"-Vizepräsidentin Marine Le Pen will Volksentscheide über Moscheen auch für Franzosen durchsetzen. In Frankreich lebt mit fünf bis sechs Millionen Gläubigen die größte muslimische Gemeinde Europas.

Autor: Angela Ulrich/Peter Heilbrunner
Redaktion: Christian Walz/Mareike Röwekamp