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Ein stabiles System

20. November 2009

Die Finanzmarktkrise hat enorme Vermögenswerte vernichtet. Wie aber wirkt sich das auf die deutsche Rentenversicherung aus, die durch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und durch Steuergelder finanziert wird?

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Drei aeltere Damen geniessen die Sonne auf einer Bank (Foto: AP)
Die Rente bleibt stabil - auch in KrisenzeitenBild: AP

Das Prinzip der gesetzlichen Rente in Deutschland hat diesen Sozialversicherungszweig davor geschützt, in den Sog der Finanzmarktkrise hineingezogen zu werden. Es lautet: die laufenden Renten werden aus den laufenden Einnahmen finanziert - und das sind rund 237 Milliarden Euro. Die Rücklagen von rund 15 Milliarden Euro - sie sind gesetzlich festgeschrieben - wurden kurzfristig und damit risikolos angelegt, so der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung Bund, Alexander Gunkel. Allerdings: "Die Wirtschaftskrise wird die Rentenversicherung in den nächsten Jahren erfassen. Wenn Beschäftigung und Löhne sich negativ entwickeln, wird sich das auch bei den Rentenanpassungen bemerkbar machen", sagt Gunkel.

Magerkost für Rentner

Alexander Gunkel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Rentenvesicherung (Foto: DW)
Erst 2012 steigen die Renten wieder - sagt Alexander GunkelBild: DW/Lohmüller

Die 20 Millionen Rentner in Deutschland müssen sich in den kommenden beiden Jahren auf Nullrunden bei ihren gesetzlichen Altersbezügen einstellen. Erst 2012, sagt Alexander Gunkel, dürften die Renten dann wieder leicht steigen. Die Ursache für die Magerkost: Der Durchschnittslohn in Deutschland sinkt, auf dessen Grundlage die jährlichen Rentenanpassungen errechnet werden. In vielen Unternehmen werden in diesen wirtschaftlich flauen Zeiten beispielsweise Sonderzahlungen zum Jahresende gekürzt oder gar gestrichen. Auch die über eine Million Kurzarbeiter, so Alexander Gunkel, hinterließen ihre Spuren. Allerdings nicht in einem solchen Umfang wie zunächst befürchtet. Der Grund: Die Arbeitgeber zahlen für Kurzarbeiter 80 Prozent der Beiträge ein, die bei vollem Lohn fällig gewesen wären.

Renten-Garantie verhindert sinkende Altersbezüge

Auch wenn die Rentner in Deutschland über die Nullrunden der nächsten Jahre nicht glücklich sein werden – es hätte schlimmer kommen können. Eigentlich hätten die Altersbezüge entsprechend schrumpfender Löhne und Gehälter sinken müssen. Das aber verhindert die Renten-Garantie, die noch von der großen Koalition festgeschrieben wurde. Folge: Da die Renten nicht gekürzt werden dürfen, baut sich ein Minuskonto auf, das aber in den Folgejahren abgetragen werden muss.

Die Rentner in Deutschland kommen also noch einmal glimpflich durch die Wirtschaftskrise. Auf einer Insel der Glückseligen allerdings sitzen sie nicht. Denn in den vergangenen Jahren wurden Kürzungsformeln vom Gesetzgeber in das System eingebaut, die den demographischen Wandel berücksichtigen. Die Deutschen werden immer älter, die Zahl der Rentner nimmt zu, während die Geburtenrate niedrig ist und immer weniger Menschen in die Versicherung einzahlen.

So sollte beispielsweise 2005 der so genannte Nachhaltigkeitsfaktor in die Berechnungen einbezogen werden, der diesen Wandel berücksichtigt. Im gleichen Jahr wurde er allerdings wieder abgeschafft. Denn dieser Faktor hätte schon damals und in den Folgejahren zu sinkenden Renten geführt. Der Aufschrei wäre groß gewesen - und den wollte die Politik vermeiden.

Nullrunden führen zu niedrigeren Renten

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach
Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied warnt vor AltersarmutBild: picture-alliance/ dpa

Annelie Buntenbach, Vertreterin des Deutschen Gewerkschaftsbundes bei der Rentenversicherung, bereiten nicht nur Nullrunden, sondern auch der zunächst ausgesetzte Nachhaltigkeitsfaktor große Sorgen. Wenn die Politik nicht umsteuere, werde für Millionen Rentner ein "langfristiges Minuskonto" entstehen. Und das führe letztlich zu einem sinkenden Rentenniveau und in die Altersarmut. "Deswegen brauchen wir dringend ein Leistungsniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung, was vor Armut schützt", fordert Buntenbach. Annelie Buntenbach plädiert dafür, gegebenenfalls auch höhere Beitragssätze in Kauf zu nehmen, die von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemeinsam geschultert werden. Darüber hinaus müssten auf lange Sicht auch die Berufstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, die heute aus der Staatskasse ihre Pensionen erhalten: Beamte und Politiker.

Autor: Monika Lohmüller

Redaktion: Klaus Ulrich