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Zweifel an der Ukraine

13. November 2009

Die Vorbereitungen für die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine laufen auf Hochtouren. Besonders in der Ukraine sieht man sich vor enorme Herausforderungen gestellt.

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Baustelle in einem Stadion in der Ukraine (Foto: dpa)
In der Ukraine laufen die Vorbereitungen - wird es reichen?Bild: picture-alliance/ dpa

Die EM-Vorbereitungen seien wie eine Prüfung, sagt der stellvertretende Kiewer Bürgermeister Anatolij Holubtschenko. "Wir wussten gar nicht, womit wir überhaupt beginnen sollten." Für den noch jungen Staat ist es das erste Mal, dass ein solch großes Infrastrukturprojekt umgesetzt werden muss. In den kommenden zweieinhalb Jahren müssen in der Ukraine Sportanlagen, Hotels, Straßen und Flughäfen modernisiert oder neu gebaut werden. Bislang erhielt nur Kiew das Gütesiegel der UEFA. Ob und wie viele andere Städte ebenfalls Austragungsorte werden dürfen, wird am 10./11. Dezember 2009 entschieden.

Mehr als nur ein Sportereignis

Schwarz-weißes Foto: Eröffnungsfeier im Stadion (Foto: AP)
Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in der Sowjetunion (Archivfoto: 19.07.1980)Bild: AP

Das letzte sportliche Großereignis in der Ukraine liegt bereits 29 Jahre zurück: 1980 richtete die Sowjetunion die Olympischen Spiele aus - daran war auch die Ukraine beteiligt. Doch von den Menschen, die damals an der Vorbereitung beteiligt waren, sei heute kaum noch jemand aktiv, sagt Holubtschenko. Und die UEFA-Experten akzeptieren keine Ausreden. Also sei man gezwungen gewesen, den Verpflichtungen pünktlich nachzukommen. Das habe eine disziplinierende Wirkung auf die ukrainischen Behörden und Unternehmen gehabt, sagt der Politiker weiter.

Markian Lubkiwskij ist der Vorsitzende des ukrainischen Organisationskomitees zur Vorbereitung der Euro 2012. Für ihn ist die Meisterschaft mehr als ein sportliches Ereignis: Es sei eine verbindende nationale Idee, die Staat, Geschäftswelt und Gesellschaft zusammenführe, sagt Lubkiwskij. "Die EM hilft der Ukraine, die Probleme der eigenen Identität zu überwinden, sich in die europäische Gemeinschaft zu integrieren und die Beziehungen zu Polen zu vertiefen."

Das Land profitiert von der EM

Ein Hotel, das gerade gebaut wird (Foto: Statnik Galina)
Noch im Bau: Hotels für die anreisenden FansBild: Stadnik Galina

Rund 1,3 Millionen Fans werden in der Ukraine erwartet. Für sie müssen noch die Verkehrswege und der Service im Land verbessert werden. Laut UEFA-Präsident Michel Platini liegen genau hier die größten Schwierigkeiten. Die UEFA beklagt immer wieder Mängel in der Infrastruktur. Markian Lubkiwskij versucht, das positiv zu sehen. Der nötige Ausbau sei zwar zum einen eine enorme Herausforderung, zum anderen eine große Chance, sagt er. Denn nun würden langjährige Baustellen fertig gestellt und lange geplante Projekt realisiert.

Die EM soll auch ein Anstoß für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Staat und Privatwirtschaft sein. Geschäftsmänner finanzieren beispielsweise Stadien, die für die Meisterschaft dringend gebraucht werden, und beteiligen sich an dem Ausbau der Infrastruktur. Hotelbesitzer Jaroslawskij sagte in einem persönlichen Gespräch, dass "die Geschäftswelt noch nie so fruchtbar mit den Behörden zusammengearbeitet" habe.

Die Hoffnung auf schwarze Zahlen

Juri Pawlenko, Sportminister der Ukraine (Foto: DW)
Juri Pawlenko, Sportminister der UkraineBild: DW

Was der UEFA Sorgen macht, ist die Finanzierung der Europameisterschaft, die immer noch unsicher ist. Die Lösungsvorschläge der Regierung von Julia Timoschenko sorgten für einen politischen Skandal: Mit einem Gesetz wurde die Nationalbank verpflichtet, etwa 800 Millionen Euro für die Finanzierung von Projekten für die Euro 2012 bereitzustellen. Dabei ist die Nationalbank eigentlich ein unabhängiges Organ. Präsident Viktor Juschtschenko legte ein Veto gegen dieses Gesetz ein, das vom Parlament aber überstimmt wurde. Daraufhin legte er ein erneutes Veto ein und wandte sich an das Verfassungsgericht, nachdem der Parlamentsvorsitzende das umstrittene Gesetz dennoch unterzeichnet hatte. Solche Streitereien müssten jedoch im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl im Januar 2010 gesehen werden, betonen Kenner der ukrainischen Szene.

Der ukrainische Sportminister Juri Pawlenko ist überzeugt davon, dass es sich auch in schwierigen Zeiten wie diesen lohne in ein solches Projekt zu investieren. "Es gab noch keine Europameisterschaft, die sich nicht rentiert hätte. Egal, wie viel Geld wir in die Infrastruktur stecken: Am Ende werde wir schwarze Zahlen schreiben. Aber noch viel mehr werden wir davon haben, dass diese ganze Infrastruktur ja dauerhaft erhalten bleibt: Straßen, Stadien, Sportanlagen, restaurierte Städte und sogar Kultur auf neuem Niveau." Doch erst einmal muss das alles noch gebaut werden.


Autor: Alexander Sawitsky
Redaktion: Julia Kuckelkorn