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Die Welt feiert den Berliner Mauerfall

9. November 2009

Mit Staatsgästen aus aller Welt haben Bundespräsident Köhler und Kanzlerin Merkel in Berlin den 20. Jahrestag des Mauerfalls gefeiert. Zugleich erinnerten Installationen und Aktionen in aller Welt an das große Ereignis.

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Styropor-Mauerelemente vor dem beleuchteten Brandenburger Tor (Foto: dpa)
Am Abend wurde in Berlin symbolisch eine Mauer zu Fall gebrachtBild: picture-alliance/ dpa

Mehr als 30 aktive und ehemalige Staatenlenker, mehrere Friedensnobelpreisträger, ehemalige Bürgerrechtler, viele Touristen und noch mehr Berliner Bürger haben sich am Montag (09.11.2009) in Berlin versammelt, um den Fall der Mauer zu feiern. Bundespräsident Horst Köhler würdigte das historische Ereignis als Zeichen für eine "Epochenwende zu Freiheit und Demokratie".

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete den Tag des Mauerfalls nicht nur als Feiertag für die Deutschen, sondern für ganz Europa. Die Öffnung der Mauer sei die "Erfüllung eines Traums". Merkel mahnte allerdings weitere Anstrengungen zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland an: "Die deutsche Einheit ist noch nicht vollendet." Zugleich sprach sie sich für eine neue globale Ordnung aus. Die Nationalstaaten müssten Kompetenzen an multilaterale Organisationen wie die Europäische Union abgeben.

Symbolischer Spaziergang an Bornholmer Brücke

Symbolischer Besuch der Bornholmer Brücke -Gorbatschow, Merkel und Walesa (Foto: AP)
Symbolischer Besuch der Bornholmer Brücke: Gorbatschow, Merkel und WalesaBild: AP

Mit den ehemaligen Präsidenten Polens und der Sowjetunion, Lech Walesa und Michael Gorbatschow, sowie Bürgerrechtlern und Zeitzeugen überquerte Merkel am Nachmittag symbolisch den ehemaligen Grenzübergang Bornholmer Straße. Er war der erste Grenzübergang in Berlin, der unter dem Druck der DDR-Bürger in der Nacht des 9. Novembers 1989 geöffnet wurde. Dort strömten damals die ersten Menschen aus dem Osten Berlins in den Westen.

Merkel bedankte sich dabei bei Gorbatschow: "Sie haben mutig Dinge geschehen lassen. Das war mehr, als wir erwarten konnten." Gorbatschow rief dazu auf, sich allen neuen Trennlinien in der Welt entgegenzustellen. Zugleich erinnerte er daran, dass die jahrzehntelange deutsche Teilung Konsequenz des NS-Vernichtungskrieges war, bei dem Millionen Menschen ihr Leben lassen mussten.

Köhler empfing die Staatsgäste am Abend in seinem Berliner Amtssitz. Unter ihnen waren die Präsidenten von Russland und Frankreich, Dmitri Medwedew und Nicolas Sarkozy, US-Außenministerin Hillary Clinton sowie Altbundespräsident Richard von Weizsäcker. Der Wandel, der auf den Mauerfall folgte, habe das Gesicht Europas verändert, sagte Köhler. Mit dem Ende des Kalten Krieges seien jedoch keineswegs alle Probleme gelöst worden. Vielmehr habe sich gezeigt, dass der Ost-West-Konflikt Probleme wie Armut und Hunger nur in den Hintergrund gedrängt habe.

Dominosteine beim "Fest der Freiheit"

Der Schauplatz der zentralen Feier - das Brandenburger Tor (Foto: AP)
Der Schauplatz der zentralen Feier: das Brandenburger TorBild: AP

Höhepunkt der Feierlichkeiten war am Abend das "Fest der Freiheit" am Brandenburger Tor mit zehntausenden Besuchern, die sich auch vom Regen nicht abschrecken ließen. Dabei wurde eine 1,5 Kilometer lange Reihe von 1000 Dominosteinen aus Styropor der Reihe nach zum Umsturz gebracht – als Symbol für den Sturz der Mauer. Den Anstoß dazu gab unter anderem Polens früherer Präsident Lech Walesa.

Die Feierlichkeiten hatten am Morgen mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Berliner Gethsemane-Kirche begonnen, an dem auch Köhler und Merkel teilnahmen. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hob hervor, dass die Einheit ohne Gewalt und Blutvergießen erreicht worden sei. In dem Gottesdienst wurde auch an die NS-Pogrome vom 9. November 1938 erinnert.

Bischof Huber erinnerte an die Kraft der Kerzen (Foto: DW)
Bischof Huber erinnerte an die Kraft der KerzenBild: DW

Der Berliner evangelische Bischof Wolfgang Huber erinnerte an die "Macht der Kerzen und Gebete". Damit hätten die Menschen der Einschüchterung Widerstand entgegengesetzt. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischöfin Margot Käßmann, bezeichnete den Fall der Mauer als Wunder: "Dass Gebete und Kerzen eine Diktatur in die Knie zwingen könnten, haben wir manchmal ja selbst nicht zu hoffen gewagt", sagte die Bischöfin. Die Einheit sei möglich geworden durch eine Revolution ohne Blutvergießen.

Gedenken auch an Pogromnacht

Neben den Feiern zum Mauerfall fanden in ganz Deutschland Gedenkfeiern anlässlich des Jahrestages der NS-Pogrome vor 71 Jahren statt. In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 schürten die Nationalsozialisten Ausschreitungen gegen Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnhäuser. Die Pogrome gelten als Auftakt zur systematischen Verfolgung der Juden, die in den Holocaust mündete.

Weltweite Feiern zum Mauerfall

Die Öffnung der Mauer wurde in vielen Ländern mit Kunstaktionen, Installationen, Ausstellungen und Diskussionen gewürdigt. Von Asien bis in die USA wurde so an den "Wind of Change" vor 20 Jahren erinnert. In Warschau, Sofia und Los Angeles wurden Mauern symbolisch eingerissen. In Paris stellten etwa 100 Künstler, Sänger und Musiker den Weg von der Teilung Europas zur Wiedervereinigung künstlerisch dar.

Die schmelzende Eismauer in London (Foto: AP)
Die schmelzende Eismauer in LondonBild: AP

In London ließ ein Künstlerpaar eine 3,5 Meter hohe Mauer aus Eisblöcken dahinschmelzen. In Südkorea ließen Demonstraten einen Luftballon mit 2.500 Flugblättern über die Grenze nach Nordkorea fliegen.

Eine echte Mauer rissen Hunderte Palästinenser im Westjordanland nieder. Mit Hilfe eines Drahtseils und eines Lastwagens brachen sie ein acht Meter hohes Mauersegment nieder. In der Nähe des Kalandija-Grenzübergangs entstand so eine kleine Lücke zwischen dem Westjordanland und Ostjerusalem. Die Demonstranten schwenkten palästinensische Fahnen und forderten den vollständigen Abbau der Sperranlage. Die Organisatoren erklärten, dass die israelische Mauer länger und höher als die ehemalige Mauer in Berlin sei.

Autor: Reinhard Kleber (epd, dpa, ap, afp)
Redaktion: Martin Schrader