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Kiloweise Plutonium in Frankreich entdeckt

15. Oktober 2009

Beim Abbruch einer südfranzösischen Atomfabrik ist kiloweise hochgefährliches Plutonium entdeckt worden, das nirgendwo verzeichnet war. Laut Greenpeace würde die gefundene Menge für den Bau von fünf Atombomben reichen.

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Französische Flagge mit Symbolbild Atom (Fotomontage: AP / DW)
Gefährlicher Fund in SüdfrankreichBild: AP Graphics/DW Fotomontage

Einen solch "schweren und gefährlichen" Vorfall habe es schon lange nicht mehr gegeben, erklärte Greenpeace. Die französische Atomsicherheitsbehörde ASN sprach von einem "Störfall" der Gefahrenstufe zwei auf der siebenstufigen internationalen Skala. Bei der Demontage der südfranzösischen Atomanlage Cadarache, nahe Aix-en-Provence, wurden in einem abgedichteten Behälter 39 Kilo Plutoniumstaub gefunden. Ein Vielfaches von dem, was der Betreiber CEA angegeben hatte. Lediglich acht Kilo Plutonium hatte dieser gemeldet, als die Anlage noch in Betrieb war. Die Atomsicherheitsbehörde ordnete an, die Arbeiten umgehend einzustellen. "Große Mengen Plutonium am selben Ort können zu einer gefährlichen Kettenreaktion führen", sagte der Vizechef der Atomsicherheitsbehörde Alain Delmestre. In einem solchen Fall könnten Menschen tödlich verstrahlt werden.

Atomsicherheitsbehörde wurde zu spät informiert

Schon seit März liefen die Abbauarbeiten der mehr als 40 Jahre alten Anlage. Die Atomsicherheitsbehörde wirft dem Betreiber CEA vor, den Zwischenfall nicht rechtzeitig gemeldet zu haben. Bereits im Juni sei der Fall dem Betreiber bekannt gewesen, dieser habe die ASN aber erst vor einer Woche informiert, so Delmestre. Dadurch, dass das Atomenergiekommissariat die Menge unterschätzt habe, sei der "Sicherheitsspielraum" zur Vermeidung eines "kritischen Unfalls" erheblich eingeschränkt worden. Der Fall sei deswegen der Staatsanwaltschaft gemeldet worden.

Der Eingang der französichen Atomanlage Cadarache (Foto: dpa)
Der Betreiber der Atomanlage CEA hatte die Atomsicherheitsbehörde erst Monate nach dem Fund informiertBild: picture alliance/dpa

CEA-Sprecher Henri Maubert sagte, es habe "keine Gefahr" durch das Plutoniumpulver bestanden, da dieses nicht als Masse, sondern in 450 Behältern aufbewahrt worden sei. Frankreichs Umweltminister Jean-Louis Borloo zeigte sich derweil schockiert und forderte "absolute Transparenz" bei der Atomsicherheit.

Greenpeace nannte es "unglaublich", dass die zuständigen Stellen nicht einmal in der Lage seien, die Menge an Plutonium auf zehn Kilo genau anzugeben. Plutonium sei so gefährlich, dass es auf jedes Gramm ankomme, so der Chef der Umweltorganisation, Yannick Rousselet. Dies zeige, dass das Atomenergiekommissariat und der französische Atomkonzern Areva, der Mutterkonzern von CEA, "unfähig" seien mit hochgefährlichem Plutonium umzugehen.

Bereits Frankreichs zweiter Atomskandal in einer Woche

Greenpeace Transparent gegen Atomkraft über dem Haupteingang des REichstgsgebäudes(Foto: AP)
Auch Deutschland steht in der Kritik: aus der Urananreicherungsanlage in Gronau wurde jahrelang Atommüll nach Russland transportiertBild: AP

Dies ist bereits der zweite Atomskandal innerhalb einer Woche, der Frankreich erschüttert. Erst vor wenigen Tagen hatten der Fernsehsender "Arte" und die Zeitung "Libération" darüber berichtet, dass Frankreich Uran nach Sibirien entsorgt. Rund 13 Prozent der französischen Atomabfälle wurden in den vergangenen Jahren nach Russland geschafft. Am Mittwoch (14.10.2009) wurde bekannt, dass auch Deutschland seit Jahren große Mengen giftige Abfälle aus der Herstellung von atomaren Brennelementen nach Sibirien geschafft hatte. Zwar wurden die Transporte inzwischen eingestellt, das radioaktive und giftige Material lagert jedoch weiterhin in Stahlbehältern unter freiem Himmel. Aus dem westfälischen Gronau waren rund 21.000 Tonnen Uranhexafluorid zur Wiederanreicherung nach Russland gebracht worden. Nach Angaben von Atomkraftgegnern wurden davon jedoch nur rund zehn Prozent angereichert und wieder zurück nach Deutschland gebracht, der Rest abgereicherten Urans blieb in Russland. Um Atommüll handelt es sich streng genommen bei abgereicherten Uran aber nicht. Es fällt nicht unter das Atomrecht. Das Bundesumweltministerium argumentiert daher, es sei international üblich, dass das bei der Wiederanreicherung anfallende abgereicherte Uran vor Ort bleibe. Dies gelte auch für die Lagerung in Behältern auf Freiflächen. In Gronau lagert der Atommüll auf gleiche Weise.

Autorin: Sarah Judith Hofmann (afp, ap, dpa, rtr)
Redaktion: Wim Abbink