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Prozess gegen Karadzic nochmals verschoben

14. Oktober 2009

Das UN-Tribunal in Den Haag hat den Start des Völkermord-Prozesses gegen den ehemaligen bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic nochmals verschoben. Seinen Antrag auf Immunität wies das Gericht nun endgültig zurück.

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Portrait Karadzic (Foto: AP)
Karadzic kann seine Selbstverteidigung nun eine Woche länger vorbereitenBild: AP

Karadzic hatte beantragt, sämtliche Anklagepunkte gegen ihn fallen zu lassen. Er berief sich dabei abermals auf eine angebliche Zusage des damaligen US-Gesandten Richard Holbrooke. Dieser soll ihm 1996 Immunität versprochen haben, falls er sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehe. Holbrooke, der inzwischen Sondergesandter von US-Präsident Barack Obama für Pakistan und Afghanistan ist, bestreitet diese Angaben.

Die Richter in Den Haag entschieden am Dienstag (13.10.2009), Karadzic Behauptungen seien für die internationale Strafverfolgung der Verbrechen im Bosnien-Krieg (1992-95) nicht von Bedeutung. "Selbst wenn die angebliche Absprache belegt würde, begrenzte dies nicht die Zuständigkeit dieses Gerichts", befanden die Richter.

Hohes öffentliches Interesse

Allein der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen könne das Mandat des Tribunals begrenzen und einzelne Personen vor Strafverfolgung schützen. Dem gegenüber sei aber das öffentliche Interesse an "weltweit verurteilten" Verbrechen viel schwerwiegender, so die Richter.

Allerdings gaben sie Karadzic, der sich selbst verteidigt, eine Woche mehr Zeit zur Vorbereitung auf die Verhandlung ein. Während der Vorsitzende Richter, der Südkoreaner O-Gon Kwon, zunächst einen Prozessbeginn für den 21. Oktober ins Auge gefasst hatte, kann das Verfahren jetzt frühestens am 26. Oktober beginnen.

Langer Prozess soll vermieden werden

Portrait Karadzic (Foto: AP)
Karadzic war nach jahrelangem Versteckspiel 2008 gefasst wordenBild: AP

Hintergrund ist, dass es der Staatsanwaltschaft nicht gelungen war, bis Dienstag eine gestraffte Version der umfangreichen Anklageschrift vorzulegen. Dies hatte der Richter gefordert, damit das Hauptverfahren sich nicht übertrieben in die Länge zieht. Karadzic hatte geltend gemacht, dass er die neue Fassung der Anklage zunächst studieren müsse, bevor er sich vor dem Tribunal verantworten könne.

Dem 64-Jährigen werden elf Anklagepunkte zur Last gelegt. Dazu gehören Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Kriegs. Karadzic soll einer der Hauptverantwortlichen für die Massaker an mehr als 8000 bosnischen Muslimen 1995 in der damaligen UN-Schutzzone Srebrenica sein.

Er war im vergangenen Jahr gefasst worden, nachdem er fast dreizehn Jahre lang untergetaucht war. Der "gelernte" Psychiater hatte unter falschem Namen als Arzt in Serbien gelebt.

Autorin: Eleonore Uhlich (dpa,afp,rtr)
Redaktion: Ranty Islam