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Experte warnt vor Budgetproblemen

1. Oktober 2009

Die Ukraine scheint sich von dem Schock der Wirtschaftskrise vom Herbst 2008 zu erholen. Der deutsche Experte Ricardo Giucci warnt allerdings vor Erhöhungen staatlicher Ausgaben als Folge von Wahlversprechen.

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Ricardo GiucciBild: BE Berlin Economics

Die Wirtschaft der Ukraine weise erste Anzeichen für eine Stabilisierung auf. Das sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle Ricardo Giucci, Leiter der Deutschen Beratergruppe bei der ukrainischen Regierung. Der Experte betonte, nach einem schwierigen Jahr 2008 habe sich die Lage in letzter Zeit nicht weiter verschlechtert, und eine Reihe makroökonomischer Indikatoren zeigten positive Tendenzen.

Allerdings würden nun neue Risiken hinzukommen, die diese fragile Stabilität in Frage stellten. Früher habe es externe Risiken gegeben, über Kapitalverkehr und Handel. Jetzt gebe es in erster Linie interne Risiken, die auf den Wahlkampf zurückzuführen seien. "Die Gefahr ist, dass im Budget Ausgaben getätigt oder geplant werden, die zu hoch sind, die dann über die Nationalbank finanziert werden müssen, was Inflation bedeuten würde", sagte Giucci. Ein weiterer Anstieg des Budgetdefizits würde zudem die Fortsetzung des Programms mit dem IWF gefährden.

Präsident kritisiert Regierung

Vor kurzem hatte der ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko deswegen die Regierung Julija Tymoschenko gerügt. Sie habe, so das Staatsoberhaupt, Zusagen gegenüber dem IWF nicht eingehalten. Von sechs mit dem IWF abgestimmten Maßnahmen seien nur fünf umgesetzt worden. Juschtschenko weist in erster Linie auf das zu hohe Budgetdefizit hin. Er fordert zudem, die Finanzlage des staatlichen Energiekonzerns Naftogas Ukrajiny schnellstens zu verbessern, unter anderem mittels einer Anhebung der Gaspreise.

Unpopuläre Maßnahmen seien in dieser Situation unvermeidlich, meint auch Giucci: "Es ist dringend erforderlich, dass die Energiepreise für die Haushalte angehoben werden. Nur: kurz vor den Wahlen will die Regierung das offensichtlich nicht machen. Es war mit dem IWF fest vereinbart, dass dies im September erfolgt. Das wurde auch angekündigt und ist dann doch nicht zustande gekommen. Natürlich bedeutet dies, dass die Fiskalpolitik geschwächt wird, dass man Naftogas weiterhin stark subventionieren muss." Diese hohen Ausgaben seien ein Riesenproblem, so Giucci.

Gefährliche Forderungen der Opposition

Der deutsche Experte hält auch Gesetzentwürfe der oppositionellen Partei der Regionen, die eine starke Anhebung von Mindestlöhnen, Transferleistungen und Renten vorsehen, für gefährlich. "Vor den Wahlen besteht die Gefahr, dass man versucht, auf Kosten der Stabilität des Landes Geld zu verteilen", erklärte Giucci. Die Forderungen der Regionen-Partei hält der Leiter der Deutschen Beratergruppe für unrealistisch. Sie seien ein Beispiel für Maßnahmen, die populistisch seien und nicht implementiert werden dürften.

Giucci zufolge kommt es allerdings auch darauf an, ob viele solcher Maßnahmen umgesetzt würden. "Wenn beispielsweise die Energietarife nicht erhöht, aber die Renten und Mindestlöhne angehoben würden, und zwar stark, so dass das Budgetdefizit weiter stiege, und das Ganze dann über die Nationalbank finanziert werden und dadurch der IWF sagen müsse: Wir machen nicht mehr mit, dann ist es zuviel", erläuterte der Experte. Es sei eine Frage, wie viel populistische Politik der IWF dulden würde.

"Streit mit Nationalbank beenden"

Das größte Problem für die ukrainische Währung ist Giucci zufolge nicht, dass zuviel importiert wird oder dass zuviel Kapital das Land verlässt. Das Problem seien die Erwartungen der Menschen. "Aufgrund der Präsidentschaftswahlen und aufgrund der politischen Probleme denken sie, dass die Währung schwach wird, und dann kaufen sie Dollar", erklärt der Experte. Und gerade dies schwäche die Währung. Gucci unterstrich abschießend: "Dazu gehört natürlich auch, dass kein Streit zwischen Regierung und Nationalbank stattfindet, weil auch das die Währung schwächt und die Stabilisierung des Landes erschwert."

Autor: Eugen Theise / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann