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Politikneuling oder Polit-Clown?

1. Oktober 2009

Der neue Bürgermeister von Split sorgt für viel Aufsehen – allerdings weniger durch Kompetenz als durch unwürdiges Auftreten. Nun will er auch noch eine eigene Partei gründen.

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Zeljko Kerum hält Split in AtemBild: picture-alliance/ dpa

Zeljko Kerum kannte man in Split als erfolgreichen Geschäftsmann. Doch dann trat er bei den Kommunalwahlen in diesem Jahr als unabhängiger Kandidatat an und wurde prompt Bürgermeister von Kroatiens zweitgrößter Stadt. Nun will er seinen politischen Einfluss erweitern und hat dazu eine Partei gegründet – die Kroatische Bürgerpartei. Kaum drei Monate im Amt macht der Politikneuling viel von sich reden. Jüngst durch nationalistische Äußerungen in der beliebten Sendung des Kroatischen Fernsehens „Sonntags um 2“. Er würde Handelsketten aus Serbien verbieten, sich in Kroatien niederzulassen. Serben müssten schließlich wissen, wo ihr Platz sei. In seiner Familie sei ebenfalls kein Platz für Serben oder Montenegriner. „Keine Chance. In unserer Familie hat es sie nie gegeben und wird sie nie geben“, sagte Kerum. Zur Begründung sagte er, er sei eben so erzogen worden.

Vom Bagger zum Maybach

Zu anderen Gelegenheiten unterstreicht Kerum gerne seine menschlichen Seiten: Er habe Menschen in schweren Zeiten geholfen – sogar Serben. Kerum ist ein Self-Made-Man. Sein erstes Geld verdiente er als Baggerfahrer im Irak. Beachtliche Gewinne machte er dann später im Einzelhandel. Als er im Kroatischen Fernsehen gefragt wurde, wie er an seine erste Million gekommen sei, antwortete er unwirsch, dass alles in seinen Büchern stehe.

Seine Kritiker hingegen behaupten, er habe seine erste Million durch den illegalen Verkauf von Waren aus humanitären Hilfssendungen und staatlichen Warenreserven gemacht. Bekannt ist, dass Kerum jedenfalls als kleiner Einzelhändler in den 90er Jahren am Stadtrand von Split angefangen und bis heute ein Imperium geschaffen hat. Er ist unter anderem Inhaber des größten Handelszentrums und Hotels in Split. In seinen Geschäften und Hotels beschäftigt er mehr als 3.000 Mitarbeiter. Stolz nennt er sich Besitzer eines Maybachs und von Yachten. Nun scheint er neue Herausforderungen zu suchen. Er habe sich für die Kandidatur entschieden, als er gesehen habe, dass in den kommenden vier Jahren die Wirtschaft in Split stagnieren werde.

Vetternwirtschaft in Split

Im Wahlkampf versprach Kerum den Splitern viel: vom Kindergarten für die Jüngsten bis hin zur 13. Monatsrente für die Ältesten. 40.000 Einwohner von Split stimmten für ihn. Im Wahlkampfspot gab er sich wie ein Volkstribun: Das Volk habe seine Kandidatur gefordert. Und was ist aus den Wahlversprechen bis jetzt geworden? Beispiel Kindergärten: Den Zuschlag für den Bau des Kindergartens über 800.000 Euro bekam ein Freund von Kerum - ohne Ausschreibung. Der Politikneuling rechtfertigt sich: Er vertraue nur Freunden und Verwandten. So hat er seinen besten Freund zum Präsidenten des Fußballklubs Hajduk Split gemacht. Seine Schwester, Nevenka Becic Kerum, will er als Vorsitzende des Stadtrates einsetzen. Von den stellvertretenden Oberbürgermeistern der Stadt ist einer Kerums Geschäftsführer und eine weitere die Ehefrau eines Geschäftsführers. Die Ratsmitglieder von Kerums Liste sind allesamt entweder Vertraute oder Mitarbeiter.

Lästige Journalisten

Kerum braucht für die Mehrheit im Magistrat die Unterstützung der unabhängigen Ratsmitglieder und der kleinen Parteien. Als guter Geschäftsmann hat er sie auf einträgliche Posten in Aufsichtsräten gesetzt und muss so nicht mehr um die Mehrheit bangen. „Ich kann alles: Yes, I can. Ich spreche zwar kein Englisch, aber ich bin häufig in Kontakt mit Menschen, die Business treiben“, sagte er selbstbewusst in einem Wahlkampfinterview. In der Regel sind ihm aber Journalisten ein Dorn im Auge. So auch der renommierte Journalist Drago Miljus, der seinem Deal mit dem Kindergarten auf die Schliche gekommen ist. Als er auf einer Pressekonferenz darauf angesprochen wurde, reagierte Kerum erbost: „Du bist bestochen worden! Du schreibst für 500 Kuna (zirka 70 Euro). Mit dir möchte ich nicht reden! Schluss!“

Nach diesem Vorfall bekamen die Journalisten in Split die Mitteilung, dass Kerum mit ihnen künftig ausschließlich schriftlich kommunizieren werde. Im umstrittenen Interview im Kroatischen Fernsehen hat er auch die Journalisten nicht verschont: „In Kroatien sind 70 Prozent der Journalisten Jugoslawen, die keinen Staat haben, sie können nirgendwo hin, also sind sie hier geblieben. Daher ist es nur natürlich, dass sie ständig alles kritisieren, Unterstellungen machen, destruktiv sind.“ Auf die Frage, woher er denn wisse, wer Jugoslawe sei, antwortete Kerum lakonisch, „an den Namen“.

Autoren: Goran Vezic / Mirjana Dikic

Redaktion: Birgit Görtz