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Gericht erlaubt muslimisches Gebet an Schule

29. September 2009

Ein Berliner Schüler darf nach einem Gerichtsurteil in seiner Pause nach islamischem Ritus beten. Der 16-Jährige hatte geklagt, weil die Schulleitung ihm das mit Hinweis auf die Neutralität der Schule verboten hatte.

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Betende Muslime in einer Moschee (Foto: AP)
In die Moschee kann ein Schüler nicht immer zum BetenBild: AP

Einmal täglich darf der 16-jährige Muslim Yunus M. zukünftig im Diesterweg-Gymnasium des Berliner Stadtteils Wedding beten. Mit seinem Urteil bestätigte das Berliner Verwaltungsgericht am Dienstag (29.09.2009) eine Eilentscheidung, die schon im März 2008 ergangen war. In dem neuen Urteil heißt es, die Schule müsse dem Kläger ein ungestörtes Beten in einem für andere nicht ohne weiteres zugänglichen Bereich ermöglichen.

Yunus M. hatte sich bei seiner Klage auf die Religionsfreiheit berufen. Die Schulleitung hatte ihm verboten, das Mittagsgebet im Schulflur zu verrichten. Die jungen Männer hatten dazu dort ihre Jacken ausgebreitet und sich niedergekniet, während andere Mitschüler ihnen dabei zuschauten.

Gutachten bestätigt Glaubwürdigkeit des Schülers

In seiner Argumentation stützt sich das Gericht im Wesentlichen auf das Gutachten des Erlanger Islamwissenschaftlers Mathias Rohe. Es sollte klären, inwieweit die muslimischen Gebetszeiten bindend für in Deutschland lebende Muslime sind. Nach Auffassung von eher traditionalistischen Muslimen dürften im Notfall zwei der insgesamt fünf täglichen Gebete zusammengefasst werden, heißt es im Gutachten von Rohe.

Der Kläger hatte betont, dass für ihn die Gebetszeiten verpflichtend seien. Einen Notfall sähe er nur, wenn eine Klassenarbeit geschrieben und dafür auch die Pause benötigt würde. "Dann kann ich halt nicht beten", sagte der Jugendliche. Das Gericht wertete seine Ausführungen als glaubwürdig.

Schulleitung will Berufung prüfen

Direktorin Brigitte Burchardt zeigte sich enttäuscht. Sie kann der Ansicht der Richter nicht folgen, es träten keine konkreten und unzumutbaren Beeinträchtigungen des Schulbetriebes auf, wenn der Jugendliche seinen Gebeten nachkäme. "Wenn es ein Präzedenzurteil ist, können wir den Bildungsbetrieb so nicht mehr aufrechterhalten", so die Schulleiterin. Sie müsste an ihrer Schule die Freiheit von 650 Schülern beachten. Bis 90 Prozent davon seien Migranten, alle großen Konfessionen der Welt seien versammelt.

Der Sprecher der Berliner Senatsverwaltung, Jens Stiller, sagte, die Schule sei hier ein Stück allein gelassen worden. Das Gericht habe die Raumfrage, die sich jetzt sehr wohl stelle, nur unzureichend berücksichtigt. Man überlege, in Berufung zu gehen.

Autorin: Sabine Faber (ap, epd, dpa, kna)

Redaktion: Thomas Grimmer