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Eine neue Außenpolitik für Deutschland?

28. September 2009

In einer schwarz-gelben Koalition möchte FDP-Chef Guido Westerwelle gerne Außenminister werden. Was könnte das für die künftige Außenpolitik Deutschlands bedeuten?

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Möchte neuer deutscher Außenminister werden: FDP-Chef Guido Westerwelle
Das Außenamt ist sein Traumjob - Guido WesterwelleBild: AP

In vielen Punkten liegen die Liberalen außen- und sicherheitspolitisch auf einer Linie mit den Christdemokraten, aber nicht in allen. Zum Beispiel in der Afghanistan-Politik: Grundsätzlich sei der Kurs der großen Koalition richtig gewesen, sagt Guido Westerwelle, kreidet der Regierung aber Versäumnisse beim Wiederaufbau an. Vor allem kritisiert der FDP-Chef, dass die Bundesregierung nicht genug für den Polizeiaufbau tue. Deutschland erfülle seine internationalen Verpflichtungen nur zur Hälfte: "Man darf den Aufbau von eigenen Polizeistrukturen in Afghanistan nicht länger so fahrlässig schleifen lassen."

Der ehemalige Aussenminister Hans-Dietrich Genscher und der FPD-Vorsitzende Guido Westerwelle.
Vorlbild und Lehrmeister: Hans-Dietrich GenscherBild: AP

Nach einem Besuch in Afghanistan äußerte Westerwelle sich entsetzt darüber, wie wenige ausländische Polizeiausbilder in diesem großen Land tätig seien. Erst wenn die afghanische Polizei und Armee gut ausgebildet seien, könne die NATO-Truppe ISAF abziehen. Ein übereilter Abzug der Bundeswehr würde Afghanistan in Gefahr bringen und Deutschlands Sicherheit bedrohen, darin ist sich der Anwärter auf das Außenamt mit der Bundeskanzlerin einig. "Wir wollen, dass unsere Bundeswehr so schnell wie möglich aus Afghanistan abgezogen werden kann, aber das darf nicht kopflos geschehen!"

Themen mit Konfliktpotenzial: Bundeswehr und Abrüstung

Überkreuz liegen die künftigen Koalitionspartner beim Bundeswehr-Einsatz im Libanon, gegen den die FDP im Bundestag gestimmt hat. Die Begründung: Deutsche Soldaten hätten im Nahen Osten nichts zu suchen. Nach gut drei Jahren Einsatzdauer könnte dieser Einsatz der deutschen Marine vor der Küste des Libanon also noch einmal auf den Prüfstand kommen, zumal er von Beobachtern als wenig effektiv bewertet wird.

Das Thema Bundeswehr birgt weiteren Konfliktstoff: Die FDP will die Wehrpflicht abschaffen, an der die CDU ausdrücklich festhält. Die Wehrpflicht sei "zutiefst ungerecht", kritisiert die FDP in ihrem Wahlprogramm, ja sogar "kontraproduktiv für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr". Die Liberalen plädieren für eine Freiwilligenarmee – bis dato eine Schreckens-Szenario für CDU-Verteidigungsminister Franz Josef Jung, der diese Forderung auch aus finanziellen Gründen stets weit von sich wies. In die Diskussion über die Wehrpflicht, die die große Koalition auf Eis gelegt hatte, könnte nun also wieder Bewegung kommen.

Zu lasch findet die FDP die deutsche Außenpolitik in Sachen Abrüstung. Die verbliebenen amerikanischen Atomwaffen würden im Verlauf der kommenden Legislaturperiode aus Deutschland verschwinden, hatte Guido Westerwelle vor der Wahl selbstbewusst verkündet. Nach Jahren der Aufrüstung müsse die Abrüstungspolitik wieder "zum Markenzeichen der deutschen Außenpolitik" werden."

Liberale Außenminister als Vorbilder

Auf diesem Foto vom 12. Mai 2009 trainiert ein deutscher Polizeiausbilder afghanische Polizisten in Feyzabad in Afghanistan.
Westerwelle fordert mehr deutsche Polizeiausbilder für AfghanistanBild: AP

Zwar hat sich der 47jährige FDP-Chef mit solchen Einschätzungen in jüngster Zeit immer wieder in außenpolitische Debatten eingemischt, an praktischer Erfahrung auf dem internationalen Parkett mangelt es ihm aber. Da könnte er dann bei der Kanzlerin in die Lehre gehen, oder er könnte die Vorbilder in seiner eigenen Partei studieren: Außenminister Walter Scheel handelte gemeinsam mit dem sozialdemokratischen Bundeskanzler Willy Brandt 1970 die Ostverträge aus und Hans-Dietrich Genscher, der am längste amtierende Außenminister in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (1974 - 1992), hatte einen wesentlichen Anteil an der Wiedervereinigung. Vor allem bei ihm holte sich Westerwelle Rat für seine mögliche neue Aufgabe. Die wird, trotz eigener Akzente, im wesentlichen daraus bestehen, Deutschland sicher durch das gewohnte außenpolitische Fahrwasser zu steuern.

Autorin: Nina Werkhäuser

Redaktion: Manfred Böhm