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Gratis durch die Stadt

16. September 2009

Die "Europäische Mobilitätswoche 2009" vom 16.-22. September soll in hunderten europäischen Städten die Bürger für autofreie Fortbewegung begeistern. Im belgischen Hasselt ist das längst Alltag.

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Stadt Hasselt (Foto: DW/Susanne Henn)
Bild: DW

Der gelb-weiße Pendelbus zwischen dem Marktplatz von Hasselt und dem Bahnhof ist nur einer von vielen Linienbussen, die sich durch die schmalen Gassen der Innenstadt schlängeln. Und doch ist er etwas ganz Besonderes: Hasselt, eine Kleinstadt mit 70.000 Einwohnern, war 1997 die weltweit erste Stadt, die auf kostenlose Stadtbusse für Einheimische und Touristen setzte. Das flächendeckende Gratis-Busnetz von Hasselt ist in Belgien bis heute einzigartig.

Mehr Mobilität für die Bürger

Seit dem Start des kostenlosen Busprojekts hat sich die Zahl der Busfahrenden in Hasselt pro Tag von etwa 1000 auf über 13.000 vervielfacht. Über 90 Prozent der Bürger von Hasselt wohnen weniger als 200 Meter von der nächstgelegenen Bushaltestelle entfernt. Vor allem ältere Leute seien dank der kostenlosen Busse viel mobiler, meint ein Rentnerehepaar, das am Bahnhof auf den Bus wartet: "Wir müssen uns nicht durch den Verkehr kämpfen, sondern steigen einfach in einen Bus ein, und dann wieder aus - wo wir wollen."

Stadt Hasselt (Foto: DW/Susanne Henn)
Bild: DW

Diesen Service lässt die Stadt sich pro Jahr über eine Million Euro kosten. Das Stadtzentrum sei "einfach zu klein, um jeden Tag zehntausende Autos aufzunehmen", sagt Rob Beenders, der im Stadtrat für Mobilität zuständig ist. Doch noch immer fährt ein Viertel der Bürger von Hasselt kurze Strecken von weniger als fünf Kilometern mit dem Auto. Das soll sich bald ändern.

Radfahren wird gefördert

Zurzeit verschenkt die Stadt Hasselt gemeinsam mit der Region Flandern und ortsansässigen Arbeitgebern fast 1000 Fahrräder an Berufstätige, die weniger als zehn Kilometer von ihrem Arbeitsplatz entfernt wohnen. Rob Beenders glaubt, dass das Gratisangebot der Schlüssel zum Erfolg ist: "Man muss so etwas kostenlos anbieten. In vielen anderen Städten gibt es Radfahrprojekte, die viel innovativer sind - aber diese kosten auch immer Geld."

Stadt Hasselt (Foto: DW/Susanne Henn)
Bild: DW

In Hasselt gibt es direkt hinter dem Rathaus, im Schatten der Bäume, einen großen Radtreffpunkt. Die Bürger können ihre Fahrräder hier sicher parken. Angestellte der Stadt in lila Westen verteilen kleine Parkzettelchen und achten darauf, dass keine Räder gestohlen werden. Gleichzeitig verleihen sie kostenlos Fahrräder an alle, die nur für wenige Stunden eines benötigen.

Auf dem Weg zur autofreien Innenstadt

Vor einem Monat haben in den Straßen rund um den Radtreffpunkt noch viele Autos geparkt. Das ist nun verboten. Im Gegenzug kauft die Stadt jedes Jahr 200 neue Fahrradständer. Das erklärte Ziel des Stadtrates ist es, aus dem Zentrum von Hasselt eine komplett autofreie Zone zu machen.

Keine einfache Aufgabe, gibt Rob Beenders vom Stadtrat zu. Über ein Jahr habe man gebraucht, die betroffenen Ladenbesitzer von der Idee zu überzeugen. Aber Beenders ist sich sicher, "dass die Menschen sich bei uns in einem Jahr dafür bedanken". So sei es schließlich auch mit den kostenlosen Bussen gewesen, über die sich heute lediglich die Taxifahrer und einige wenige Ladenbesitzer noch ärgern.

Touristen sind oft überrascht

Stadt Hasselt (Foto: DW/Susanne Henn)
Bild: DW

Restaurantbesitzer Umut Gül hat keine Probleme damit, dass seine Gaststätte seit Kurzem in einer autofreien Zone liegt: "Vor allen Dingen für die Umwelt ist es sehr gut und wir bleiben mobil, obwohl man nicht mit dem Auto in die Stadt fahren kann." Der Erfolg der Gratis-Busse brachte Gül neue Kunden und dem kleinen Hasselt internationale Aufmerksamkeit.

Im nur wenige Schritte entfernten Tourismus-Büro von Hasselt erläutert Zygmund Krzywania den auswärtigen Besuchern freundlich die verschiedenen Busrouten. Natürlich seien die Leute oft überrascht, wenn sie von den kostenlosen Angeboten zur Mobilität in Hasselt hören: "Selbst Menschen aus Belgien fragen uns 'Ist das auch für mich umsonst?' Ja! Für Amerikaner, für Chinesen, für Belgier - für alle".

Autor: Susanne Henn
Redaktion: Heidi Engels