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Die Muslimbrüder

14. September 2009

Die in Ägypten offiziell verbotene Muslimbruderschaft hat Probleme. Ihr Chef hat seinen Rücktritt erklärt. Zudem ist die Organisation gespalten und zahlreiche Anhänger und Funktionäre wurden verhaftet.

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Mehdi Akef ist der "Oberste Führer" der Muslimbrüder (Foto: AP)
Mehdi Akef ist der "Oberste Führer" der Muslimbrüder - noch.Bild: AP

Der 81-jährige "Oberste Führer" der ägyptischen "Muslimbrüder", Mehdi Akef, will mit einer Tradition brechen, die er einst so umschrieb: In Ägypten gebe es keine "ehemaligen", sondern nur "tote Amtsträger": Nach nur fünf Jahren an der Spitze der islamistischen Organisation hat Akef angekündigt, er werde im kommenden Jahr zurücktreten. Die "Muslimbrüder" sind nun auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolge-Kandidaten. Sie erkennen aber auch, dass es in keiner Weise gut steht um ihre Organisation, die offiziell zwar verboten ist, in den letzten Jahren aber stillschweigend geduldet wurde. Bei den Wahlen 2005 kamen sie als „unabhängig“ deklarierte Kandidaten auf 20 Prozent der Stimmen. Die Organisation ist im Inneren gespalten und sie steht immer mehr unter Druck der Behörden.

Viele sind im Gefängnis

Mindestens 1700 Anhänger und Funktionäre aus den Reihen der "Muslimbruderschaft" wurden in den letzten Monaten verhaftet und verschwanden im Gefängnis. Wichtiger Auslöser waren die Unruhen, die die "Muslimbrüder" während und nach den israelischen Angriffen auf Gaza ausgelöst hatten: Die Untätigkeit der ägyptischen Regierung schien ihnen ein geeigneter Anlass, wieder einmal gegen die vermeintliche Allianz zwischen dem zionistischen "Erbfeind" und den eigenen traditionellen Herrschern zu protestieren.

Hosni Mubarak mit Benjamin Netanjahu (Foto: AP)
Hosni Mubarak hat sich erneut mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu getroffenBild: AP

Hosni Mubarak fühlte sich in mehrfacher Weise herausgefordert: Einmal natürlich grundsätzlich, dann aber auch, weil er gegenüber dem israelisch-palästinensischen Konflikt wie auch dem Bruderzwist der Palästinenser - zwischen "Hamas" und "Fatah" – seine eigene Strategie verfolgt. Er will zum wichtigsten regionalen Akteur werden, aber auch die Verbindung zu den USA stärken. Schließlich aber geht es Mubarak auch um seine eigene Zukunft und die seines Regimes. 2011 läuft seine gegenwärtige Amtszeit ab und wenn – der dann 83-jährige – Mubarak nicht wieder kandidieren sollte, dann will er seinen Sohn Gamal ins oberste Staatsamt hieven.

Muslimbrüder stehen Mubarak im Weg

Und hierbei kann er die "Muslimbrüder" nur als Störfaktor betrachten, obwohl ihre Stärke allgemein keineswegs als beachtlich betrachtet wird, wie die Demonstrationen wegen des Gaza-Krieges es noch erscheinen ließen. Hunderttausende zogen damals auf die Straßen. Aber es wäre falsch zu glauben, dass diese nun allesamt Anhänger der "Muslimbrüder" sind.

Muslimbrüder demonstrieren in Kairo (Foto: AP)
Immer wieder gehen die Muslimbrüder in Kairo auf die Straße und demonstrierenBild: AP

Das Verbot der Organisation, sich offiziell als Partei zu formieren und als solche anzutreten, macht es praktisch unmöglich, ihre wahre Stärke zu definieren. Umso mehr, weil es inzwischen konkurrierende Strömungen unter den "Muslimbrüdern" gibt. "Reformer", die sich am politischen Geschehen beteiligen wollen, Jugendliche, die sogar eine moderne auf dem Islam basierende Bewegung fordern und "Konservative", die in Anlehnung an die eigentliche Ideologie der (1926 in Ägypten gegründeten) Bewegung jede Beteiligung am bestehenden politischen System ablehnen und sich mehr auf soziale Arbeit konzentrieren wollen.

Neue Struktur?

Welche dieser Strömungen die Oberhand gewinnt, wird sich vielleicht erst zeigen, wenn ein Nachfolger für den "Obersten Führer" Akef gefunden werden muss: Dies wird in halbwegs demokratischer Weise geschehen und hierbei dürften sich nicht nur die Machtverhältnisse innerhalb der Bewegung zeigen, sondern auch, wie stark sie überhaupt ist. Sollte der konservative Flügel sich durchsetzen, dann würde dies nicht nur einen Rückzug der "Muslimbrüder" aus der aktiven Politik bedeuten, sondern auch das Ende der Hoffnung jener, die glauben, die Gefahr der Islamisten könnte durch ihre Beteiligung reduziert werden. Und international wäre es ein Signal der Ermutigung für ähnliche Gruppen, der Versuchung zu widerstehen und sich weiter einer Anpassung zu widersetzen.

Autor: Peter Philipp
Redaktion: Diana Hodali