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Polizei nach Datenschutz-Demo in der Kritik

13. September 2009

Zehntausende haben in Berlin gegen Internet-Zensur und Überwachung demonstriert. Dabei schlug die Polizei auf einen Demonstranten ein, wie ein Internet-Video beweist. Nun wird wegen Körperverletzung im Amt ermittelt.

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Screenshot (Foto: DW)
Wie die Polizei gegen Demonstraten vorging, ist im Internet zu sehenBild: YouTube

Die Demonstration "Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn", die am Wochenende in Berlin stattfand, wird für die Polizei wohl noch ein Nachspiel haben. Denn die Beamten sind in Berlin offenbar brutal gegen einige Demonstranten vorgegangen. Ein auf dem Internetportal "Youtube" veröffentlichtes Video zeigt, wie ein Radfahrer von einem Polizisten ins Gesicht geschlagen wurde und dann von mehreren Beamten zu Boden gezerrt und getreten wurde.

Echtheit des Videos außer Zweifel

Demonstration (Foto: AP)
Zehntausende demonstrierten gegen ÜberwachungBild: AP

Die Organisatoren zeigten sich bestürzt über das Vorgehen der Polizei. "Uns ist völlig unverständlich, wie die Polizei so agieren konnte", teilten sie am Sonntag (13.09.2009) mit. Der Vorfall müsse lückenlos aufgeklärt werden. An der Demonstration am Samstag in Berlin, die sich insbesondere gegen Internet-Sperren und die so genannte Vorratsdatenspeicherung richtete, hatten nach Polizeiangaben rund 10.000, nach Veranstalterangaben 25.000 Menschen teilgenommen. "Die Demo war absolut friedlich, wie es friedlicher nicht hätte sein können", sagte der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montags-Ausgabe).

An der Echtheit des Videos bestünden keine Zweifel, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag in Berlin. Nun werde wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt in den Reihen der Polizei ermittelt. Allerdings sei die Vorgeschichte auf dem Video nicht zu sehen: Die Polizei habe verhindern wollen, dass rund 700 Angehörige des so genannten "antikapitalistischen Blocks" in Berlin-Kreuzberg von der angemeldeten Wegstrecke abweichen. Dabei seien die Beamten vereinzelt mit Flaschen beworfen worden. Dem Radfahrer, der in besagtem Video zu sehen ist, sei wiederholt ein Platzverweis erteilt worden. Als dieser dem nicht nachgekommen sei, hätten die Beamten ihn festgenommen: "Der 37-Jährige erlitt bei seiner Festnahme Verletzungen im Gesicht und kam zur Behandlung in ein Krankenhaus", beschrieb die Polizei den Vorfall.

Gegen "Überwachungswahn"

Demonstration (Foto: AP)
Gesucht: ein Datenschutzrecht für das digitale ZeitalterBild: AP

Die Demonstration war Teil eines internationalen Aktionstages für Datenschutz. Frank Bsirske, Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, kritisierte auf einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus vor allem das Ausspionieren von Arbeitnehmern durch ihre Vorgesetzten. Die Linke-Politikerin Petra Pau kritisierte die Vorratsdatenspeicherung als "unsinnig". "Wir brauchen endlich ein Datenschutzrecht des 21. Jahrhunderts", forderte sie. Bei der Vorratsdatenspeicherung werden alle Telefon- und Internetverbindungen erfasst und ein halbes Jahr lang gespeichert. "Der Überwachungswahn der Bundesregierung verdient eine klare Absage", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth.

Anstatt die Informations- und Meinungsfreiheit einzuschränken, müsse die Strafverfolgung professioneller werden, sagte der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert. Es dürfe keine "Totalkontrolle" der Bevölkerung geben. An der Demonstration nahm auch der ehemalige nordrhein-westfälische Innenminister Burkhard Hirsch (FDP) teil. (det/hp/afp/dpa/epd/rtr)