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„Serbien“ in Bosnien-Herzegowina

10. September 2009

Im Beisein des serbischen Staatspräsidenten wurde eine Grundschule in Pale mit dem Namen „Serbien“ eröffnet. Bosniakische Politiker protestieren. Sie sehen darin eine Verletzung der staatlichen Souveränität ihres Landes.

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Grundschule "Serbien" in PaleBild: DW

Die Eröffnung einer Grundschule namens „Serbien“ in Pale, an der Serbiens Präsident Boris Tadic und der Premier der Serbenrepublik, Milorad Dodik, im Rahmen des zwischen Belgrad und Banja Luka bestehenden Abkommens über kulturelle Zusammenarbeit teilnahmen, hat wie erwartet stürmische Reaktionen bei bosniakischen Politikern hervorgerufen. Politische Vertreter der bosnisch-kroatischen Föderation bewerteten den Besuch des serbischen Präsidenten als eine weitere Missachtung der Institutionen von Bosnien und Herzegowina. Er habe am Protokoll vorbei bzw. ohne die Kenntnis des bosnisch-herzegowinischen Außenministeriums die Serbenrepublik besucht.

„Schlag gegen Souveränität“

Haris Silajdzic, bosniakisches Mitglied der Präsidentschaft von Bosnien-Herzegowina, teilte in einer Erklärung mit, das Vorgehen stelle einen direkten Schlag gegen die Souveränität von Bosnien und Herzegowina dar. Zudem sei der Eindruck geweckt worden, dass die Republika Srpska ein internationales Subjekt sei. Der stellvertretende Vorsitzende der Partei für Bosnien und Herzegowina, Beriz Belkic, erklärte, der Besuch von Tadic habe gegen die Verfassung von Bosnien und Herzegowina verstoßen. „Wenn eines Tages in Serbien eine Schule eröffnet wird unter dem Namen ‚Bosnien und Herzegowina’ dann okay. Trotz der besonderen Beziehungen zwischen Banja Luka und Belgrad wäre es wünschenswert gewesen, dass alles über das gesamtstaatliche Außenministerium organisiert und der Besuch des serbischen Präsidenten verabredet worden wären“, sagte Belkic.

Tadic verteidigt Besuch

Tadic indes erklärte, kein gesamtstaatliches Organ von Bosnien-Herzegowina habe sich für sein Kommen interessiert, auch wenn der Besuch angekündigt gewesen sei. Er versicherte ferner, Serbien werde sich immer für den Gesamtstaat Bosnien-Herzegowina interessieren. „Persönlich werde ich keinen politischen Akt mittragen, der den Frieden und die europäische Zukunft von Bosnien und Herzegowina in Frage stellt“, sagte Tadic.

Hinweis auf Srebrenica

Der stellvertretende Vorsitzende des Parlaments der Republika Srpska, der Bosniake Sevket Hafizovic, sagte dagegen, Tadic habe die Souveränität von Bosnien-Herzegowina untergraben. Dass die Schule den Namen „Serbien“ bekommen habe, ist Hafizovic zufolge absichtlich geschehen, um die Bürger von Bosnien-Herzegowina zu beleidigen. „Gut wäre es, wenn dann in Serbien eine Bildungsanstalt den Namen „11. Juli –Srebrenica“ bekommen würde. Dann könnten sich die kommenden Generationen fragen, warum es in Serbien eine Schule mit diesem Namen gebe. Ich glaube, dies würde den Effekt erzielen, dass die Menschen in dieser Region versuchen, interethnisch und zwischenstaatlich normal zu leben“, sagt Hafizovic.

Erinnerung an Kriegszeiten

Ugo Vlaisavljevic, Philosophieprofessor in Sarajewo, findet den Namen „Serbien“ keinesfalls diskussionswürdig, weil es in Sarajewo ein Türkisches und ein Persisches College und eine Amerikanische Universität gibt. Er weist allerdings auf einen wesentlichen Unterschied hin: Bei der Schule in Pale „handelt es sich um eine staatliche Schule. Die von mir genannten sind dagegen private Colleges oder Schulen.“ Wenn eine staatliche Schule in Bosnien-Herzegowina den Namen eines anderen Staates trägt, „weckt es Erinnerungen an Graffitis, die in Kriegszeiten in Bosnien und Herzegowina grassierten wie ‚Das ist Serbien’ oder ‚Bis hier hin ist Kroatien’“, so Vlaisavljevic.

Autoren: Dragan Maksimovic / Mirjana Dikic

Redaktion: Bernd Johann