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Erzbischof Zollitsch in Nigeria

8. September 2009

Immer wieder kommt es im Land zu Spannungen zwischen den Religionen. Und immer wieder gibt es dabei Tote und Verletzte. Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch wollte in Nigeria vermitteln. <I>Von Alexander Göbel</i>

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Erzbischof Robert Zollitsch (Foto: AP)
Erzbischof Zollitsch reiste zum ersten Mal nach AfrikaBild: picture-alliance/ dpa

Zehn Tage lang (26.08.-05.09.2009) reiste Erzbischof Robert Zollitsch durch Nigeria. Er hörte zu, feierte Gottesdienste, schrieb einen Internet-Blog. Und schüttelte unzählige Hände, christliche und muslimische. Bei seiner Reise quer durch Nigeria wollte Robert Zollitsch nicht nur seinen Kollegen und den christlichen Hilfswerken Misereor und Missio den Rücken stärken. Der amtierende Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz wollte mehr – er wollte auch das Land kennenlernen, dessen Bevölkerung von rund 150 Millionen Menschen sich etwa zur Hälfte in Christen und Muslime teilt. Wie kaum anderswo in Afrika hat in Nigeria die Religion einen tiefen Keil in die Gesellschaft getrieben. Immer wieder wurden in den letzten Jahren Menschen verfolgt und getötet, Moscheen und Kirchen zerstört.

Ohne Versöhnung keine Zukunft

Unruhen zwischen Christen und Muslimen in Nigeria (Foto: AP)
Immer wieder kommt es zu religiösen UnruhenBild: AP

Ziel seiner Reise sei es gewesen, sich für die Versöhnung zwischen den verfeindeten Gruppen einzusetzen, erklärte Zollitsch. "Denn nur dann hat dieses Land eine Zukunft, sonst kommt immer eine Rechnung gegen die andere. Ich sehe das als meine Aufgabe, und ich habe da auch aufmerksame Zuhörer gefunden". Zum Beispiel den Emir von Wase, den höchsten muslimischen Würdenträger des Landes. Er residiert in Jos, der Hauptstadt von Plateau State in Zentralnigeria. Ausgerechnet hier, wo es im Namen der Religion schon viele Tote gab, wo heftig über die Einführung der islamischen Scharia-Rechtsordnung gestritten wird, sprach der deutsche Erzbischof über Religionsfreiheit als Menschenrecht. "Es ist wichtig, dass Religionen nicht nur den Glauben an Gott weitergeben, sondern dass sie zugleich auch mit dafür sorgen, dass diese Gesellschaft eine menschlichere, eine gerechtere, eine friedvollere Gesellschaft wird."

Kritik an der Regierung

Ein Junge im Nigerdelta (picture-alliance/dpa)
Nur die wenigsten profitieren vom ÖlreichtumBild: picture alliance/dpa

Die eigentliche Ursache der Konflikte sieht der Erzbischof allerdings nicht im Streit zwischen Bibel und Koran, sondern in der Armut des Landes. In seiner Kritik an Nigerias politischer Führung hat Zollitsch kein Blatt vor den Mund genommen und sich für einen hohen katholischen Würdenträger erstaunlich deutlich geäußert. Religiöse Radikalisierung wie zuletzt bei der islamistischen Sekte Boko Haram sei nichts anderes als das Symptom eines kranken Staates, in dem die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft. So lange der Ölreichtum des Landes nicht gerecht verteilt werde und statt einer demokratischen Verfassung nur noch die Korruption regiere, sei auch das religiöse Experiment Nigeria gefährdet. Deswegen hat Zollitsch versprochen, er werde wiederkommen. Nicht nur beten und mahnen, sondern auch fleißig weiter bloggen.

Autor: Alexander Göbel

Redaktion: Katrin Ogunsade