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Die Rechtsextremen

28. August 2009

Rassistische und ausländerfeindliche Parolen gehören bei rechtsextremen Parteien zum Standardrepertoire im Wahlkampf. Auch die polnischen und tschechischen Nachbarn geraten zunehmend ins Visier.

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Flagge der NPD (Foto: AP)
Flagge der NPDBild: AP

Das Superwahljahr in Deutschland geht in seine heiße Phase. Am Sonntag (30.08.2009) werden in Sachsen, Thüringen und dem Saarland die Landtage neu gewählt. Vier Wochen später, am 27. September, folgen die Bundestagswahl und die Landtagswahlen in Brandenburg und Schleswig-Holstein. Für die rechtsextremen Parteien NPD und DVU, die in jüngster Zeit vor allem mit Finanzskandalen, Personalquerelen und Richtungskämpfen auf sich aufmerksam gemacht haben, steht dabei viel auf dem Spiel.

Die NPD will den Wiedereinzug in den sächsischen Landtag schaffen. Im Freistaat war sie bei der Wahl im September 2004 auf 9,2 Prozent und zwölf Sitze gekommen, von denen sie nach internen Streitigkeiten derzeit noch acht Mandate innehat. NPD und DVU konkurrieren außerdem um die rechtsextremen Wähler in Brandenburg, wo die DVU schon seit 1999 in Fraktionsstärke im Landesparlament sitzt.

Wahlkampfaktionen gegen die östlichen Nachbarn

Polenfeindliches Wahlplakat der NPD (Foto: DW)
NPD-Wahlplakat

Unter den Schlagworten Grenzkriminalität, Fremdarbeiter und Sozialmissbrauch versuchen NPD und DVU in den Grenzregionen Sachsens und Brandenburgs Stimmung gegen Polen und Tschechen zu machen. "Pawel bleib zu Hause!", heißt eine Flugblattkampagne der Brandenburger DVU, für die extra eine eigene Internetseite geschaltet wurde. Die NPD wiederum hat an der Grenze zu Polen in großer Zahl Plakate mit dem Slogan "Polen-Invasion stoppen" aufgehängt.

Christoph Kopke, Wissenschaftler am Moses Mendelssohn Zentrum der Universität Potsdam und Mitherausgeber des Handbuchs "Rechtsextremismus in Brandenburg", sieht denn auch die Gefahr, dass solche Parolen zumindest in Teilen der Bevölkerung verfangen könnten. "Die anti-polnischen Stimmungen gibt es in Teilen der Bevölkerung und die NPD versucht natürlich hier anzuknüpfen und zu punkten", so Kopke. Allerdings zeige die Kampagne auch, "dass die NPD für die wirklichen Probleme im Lande keine Lösungen parat hält".

Polen reagieren sehr empfindlich

Schon bei der sächsischen Kommunalwahl im Juni 2009 hatte die NPD mit ähnlichen Plakaten in der Grenzstadt Görlitz für einen Eklat gesorgt. Polnische Touristen und Einwohner der Stadt reagierten geschockt auf die unverhohlene "Ausländer raus"-Rhetorik. Die polnische Regierung protestierte. Mehrere Bürger der Stadt erstatteten Anzeige wegen Volksverhetzung. Doch die Staatsanwaltschaft Görlitz sah sich nicht in der Lage einzugreifen. Sie gab an, Volksverhetzung läge laut Gesetz nur dann vor, wenn entsprechende Äußerungen gegen Teile der inländischen Bevölkerung gerichtet seien. Das sei hier aber nicht der Fall.

Witold Kaminski ist Gründer des Polnischen Sozialrates in Berlin und seit 25 Jahren ein engagierter Streiter für das Miteinander von Polen und Deutschen. Er warnt vor einem allzu leichtfertigen Umgang mit der rechtsextremen Stimmungsmache: "Die Polen reagieren sehr empfindlich. Und sie sagen nicht, dass die NPD solche Plakate aufgeklebt hat. In Polen sagt man: Die Deutschen, die dulden das". Deshalb sei ein NPD-Verbot wichtig. Allerdings verweist er darauf, dass rassistische und ausländerfeindliche Einstellungen kein Randgruppenphänomen seien, sondern die Auseinandersetzung auch in der Mitte der Gesellschaft geführt werden müsse.

Rechtsextreme können Beziehungen nicht wirklich gefährden

Dass die NPD bei ihren Kampagnen häufig die Realitäten auf den Kopf stellt, zeigt das Beispiel Sachsen. Hier erklärt die rechtsextreme Partei in ihren Presseerklärungen ganze Regionen an der Grenze zu Tschechien zum "Notstandsgebiet". Bei den östlichen Nachbarn, so ihre Botschaft, handele es um potentielle Kriminelle, gegen die man sich abschotten müsse. Deshalb: "Grenzkontrollen statt offene Grenzen für Diebe und Ganoven", so die NPD-Forderung. Dabei belegt die im März 2009 vorgelegte sächsische Polizeistatistik, dass im Jahre 2008, dem ersten Jahr der Grenzöffnung, die Kriminalität in den 51 Gemeinden mit direkter Berührung der Außengrenze um 14 Prozent gesunken ist.

Mittel- und langfristig, da sind sich Kaminski und der Potsdamer Rechtsextremismus-Experte Kopke einig, können die aggressiven Kampagnen von NPD und DVU die Beziehungen zwischen Deutschen und den östlichen Nachbarn aus Polen und Tschechien jedoch nicht gefährden. Schon jetzt stehe ein beachtlicher Teil der Bevölkerung einem gedeihlichen Miteinander offen oder sogar positiv gegenüber. "Wir hatten in den letzten Jahren eine ganze Reihe positiver Entwicklungen in den Grenzgebieten zwischen Deutschen, Polen und Tschechen", so Kopke. "Große Rückschläge wird es in dieser Entwicklung durch die Kampagne der NPD nicht geben."

Autor: Carsten Hübner

Redaktion: Kay-Alexander Scholz