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Hat die GUS noch eine Zukunft?

20. August 2009

Mit dem Vollzug des Austritts Georgiens aus der GUS zum 18. August 2009 stellt sich die Frage nach der Relevanz des Staatenbundes. Die Antworten fallen niederschmetternd aus.

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Logo der GUSBild: AP Graphics

Den Austritt ihres Landes aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) hatte die georgische Führung vor einem Jahr unmittelbar nach dem "Fünf-Tage-Krieg" um Südossetien verkündet. Die Entscheidung Georgiens kam nicht überraschend. "Es ist klar, dass vor dem Hintergrund eines militärischen Konflikts Georgien nicht in der GUS bleiben konnte. Tiflis brachte die Mitgliedschaft keine Vorteile", meint der russische Politologe Sergej Markedonow.

Der Austritt aus der GUS bedeute aber nicht, dass Tiflis nun die Zusammenarbeit mit den anderen ehemaligen Republiken der Sowjetunion aufgeben werde. Georgien bleibe Unterzeichner von 75 internationalen Abkommen, die mit einzelnen Staaten der Gemeinschaft bestünden. Auch würden künftig gute bilaterale Beziehungen mit den meisten Ländern der Organisation weiter gepflegt.

Was die GUS und das Lenin-Mausoleum gemeinsam haben

Doch der Rückzug Georgiens aus der GUS gibt Anlass für eine neue Debatte über die Zukunft der Gemeinschaft. Mit oder ohne Georgien sei die Arbeit der Organisation in jüngster Zeit sehr ineffektiv gewesen, unterstreicht Aleksej Malaschenko vom Moskauer Carnegie Center. "Ich glaube, dass die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten in ihrer heutigen Form auf egal welches Mitglied verzichten könnte. Es ist eine Mumie, die einfach daliegt, niemanden stört und auch nichts unternimmt. Sie ist wie das Lenin-Mausoleum", so der Experte.

Dass die GUS als Organisation ihre Ressourcen erschöpft hat, glaubt auch Sergej Markedonow. Der Politikwissenschaftler stellt fest, dass in den frühen 90er Jahren die Gemeinschaft durchaus eine positive Rolle gespielt habe. Beispielsweise seien innerhalb der GUS Diplome der Sowjetunion anerkannt und der visumfreie Verkehr aufrechtgehalten worden. "Doch ein effektives Integrations-Modell konnte die GUS nicht liefern", betont Markedonow.

Der Leiter der Stiftung Petersburger Politik, Michail Winogradow, ist der Meinung, dass die GUS heute eine "Niete" ist. "Die Gemeinschaft ist nichts anderes mehr als eine Gesprächsplattform für Staatschefs, die an einem ‚Unzertrennlichkeits-Syndrom‘ leiden. Die GUS ist nicht zu einem Mittelpunkt geworden, wo aufeinander abgestimmte Entscheidungen getroffen werden. Mit dem russisch-georgischen Krieg wurde die GUS weiter geschwächt, wenn nicht gar aufgelöst", sagte Winogradow im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Was bringt die GUS – und vor allem wem?

In offiziellen russischen Kreisen hingegen hält man die GUS nach wie vor für bedeutsam. Einen Tag vor dem offiziellen Austritt Georgiens aus der GUS verbreitete das russische Außenministerium eine Erklärung, wonach "die Nichtteilnahme Georgiens an der GUS sich auf die einfachen Bürger negativ auswirken wird". Markedonow hält dies für übertrieben. Nach Ansicht des Politologen werden sich nicht der Austritt Georgiens aus der GUS, sondern die Spannungen in den russisch-georgischen Beziehungen auf die Bürger Georgiens negativ auswirken.

Eine ähnliche Meinung vertritt Malaschenko. "Wie kann sich das auf Georgien negativ auswirken, wenn Russland und Georgien nicht einmal diplomatische Beziehungen unterhalten? Und wenn etwas geschehen wird, dann wird sich das außerhalb der GUS im Rahmen der bilateralen Beziehungen abspielen", so der Experte.

Wahrung nationaler Interessen im Vordergrund

Die GUS-Mitgliedstaaten machen regelmäßig deutlich, dass sie unabhängig von der Gemeinschaft handeln können. So hat sich Kirgisistan bereit erklärt, den amerikanischen Stützpunkt Manas beizubehalten, wenn auch unter einem anderen Namen. Turkmenistan denkt über eine Beteiligung an dem Nabucco-Projekt nach, obwohl der Bau der künftigen Erdgas-Pipeline den Interessen des Kreml klar zuwiderläuft. Belarus, die Republik Moldau, die Ukraine, aber auch die Kaukasus-Staaten Georgien, Aserbaidschan und Armenien haben sich der EU-Ostpartnerschaft angeschlossen.

In Moskau werden unterdessen wieder Stimmen laut, die sogar für eine mögliche Erweiterung der GUS eintreten, beispielsweise um die Mongolei. Die Experten betonen aber, dass solche Ideen nicht ernst zu nehmen seien.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Birgit Görtz