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Bonner Perspektiven

13. August 2009

Zurzeit wird in Bonn über ein neues weltweites Klimaabkommen verhandelt, das bis Ende des Jahres fertig werden soll. Die Differenzen sind noch groß, vor allem zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern.

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Dürre in der Sahelzone (Foto: dpa)
Klimawandel: in vielen afrikanischen Staaten längst RealitätBild: picture-alliance/ dpa

Die Vertreter der Entwicklungsländer sind bei den Klimadiskussionen in Bonn in Wartestellung. Damit es bis zu den abschließenden Verhandlungen Ende des Jahres in Kopenhagen einen Durchbruch gibt, müssen sich zunächst die Industrieländer bewegen, so die Bedingung der wirtschaftlich schwächeren Staaten. Denn die großen Verhandlungspartner knausern bisher mit Zusagen, etwa bei der Einsparung der klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen.

Ephraim Mwepya Shitima, Verhandlungsführer für das zentralafrikanische Sambia, ist enttäuscht von den Vorschlägen der Industrieländer. Es sei wichtig, dass die vorangehen, meint er. "Sie müssen demonstrieren, welche Maßnahmen sie bereit sind zu ergreifen. Bisher reichen die Zusagen meiner Ansicht nach nicht aus." Die Industrieländer würden so kein echtes Vertrauen schaffen, auch nicht gegenüber den großen Entwicklungsländern.

Weniger Kakao aus Ghana

Verarbeitung von Kakaobohnen in Ghana
Ghana wird in Zukunft weniger Kakao produzierenBild: dpa - Bildarchiv

Nach Ansicht des Weltklimarats, in dem wissenschaftliche Experten aus der ganzen Welt über die Folgen des Klimawandels beraten, müssen die CO2-Emissionen in den kommenden zehn Jahren um bis zu 40 Prozent im Vergleich zum Stand von 1990 sinken. Diese Verringerung der Emissionen ist nötig, damit sich extreme Klimaveränderungen in Grenzen halten. Laut der Nachrichten-Agentur Reuters haben Staaten wie Russland, Japan, Kanada und Mitglieder der Europäischen Union bisher allerdings nur Minderungen von bis zu 21 Prozent, also nur halb so viel, angeboten.

Doch egal wie das Verhandlungsergebnis Ende des Jahres in Kopenhagen ausfallen wird: Der Klimawandel findet längst statt, so zum Beispiel in Ghana: Dort belasten zunehmende Dürren nicht nur die Bevölkerung, auch die Produktion von Kakao, dem wichtigsten Exportprodukt des Landes, ist immer mehr betroffen, sagt William Kojo Agyemang-Bonsu von der ghanaischen Umweltschutzbehörde. "In den kommenden 20, 30 Jahren wird die Kakaoproduktion in den Hauptanbaugebieten abnehmen. Damit wirkt sich der Klimawandel sehr deutlich auf die ghanaische Wirtschaft aus."

Weniger ghanaische Schokolade in Deutschland

Und diese Auswirkungen spürt man auch in Ländern wie Deutschland, den Niederlanden und den USA, die Hauptabnehmer des ghanaischen Kakaos sind. Wissenschaftliche Studien warnen bereits vor Engpässen für die großen Schokoladenhersteller der Industrieländer durch die einbrechenden Kakaolieferungen. Längst versucht sich Ghana auf die veränderten Klimabedingungen einzustellen. Doch solche Projekte sind oft aus der Not geboren. Ein Beispiel: Weil durch die erhöhten Temperaturen nicht mehr ausreichend Wasser in den Flüssen Ghanas fließt, liefern Wasserkraftwerke immer weniger Strom. Deshalb spart der westafrikanische Küstenstaat nun Energie.

Überschwemmungen in Kenia (Foto: AP)
Nicht nur Wüstenbildung, auch Überschwemmungen werden zunehmenBild: AP

Auch auf weitere negative Klimaeffekte würde sich Ghana gerne einstellen, kann es aber nicht. Es fehlt an Geld. Ein weiterer wichtiger Streitpunkt bei den Klimaverhandlungen in Bonn: mehr Hilfsmittel der Industrieländer, um den Staaten des Südens zu helfen, sich etwa auf zunehmende Wetterkapriolen einzustellen. Weil die reichen Staaten aber bisher nur wenig Geld und Technik schicken, ist an teure Klimaschutzprojekte in Ländern wie Ghana nicht zu denken. "Wir sind bereit, etwas zu unternehmen", sagt Agyemang-Bonsu, "aber dafür brauchen wir finanzielle und technologische Unterstützung. Erhalten wir die nicht, dann können wir aufhören zu verhandeln."

"Moralische Verpflichtung der Industriestaaten"

Darin sind sich die Vertreter der Entwicklungsländer einig: Machen die reichen Staaten nicht mehr Zugeständnisse, dann wird es keine Einigung geben. Zu viel steht für die Staaten des Südens auf dem Spiel: Dürren, Überflutungen, die Verbreitung von Krankheiten und weniger landwirtschaftliche Produktion werden sie in den nächsten Jahrzehnten erleiden. Auch der sambische Delegierte Ephraim Mwepya Shitima sieht die Industriestaaten in der Pflicht. "Entwicklungsländer leiden am meisten unter den Auswirkungen des Klimawandels, auch wenn sie dafür nicht verantwortlich sind." Schon aus moralischer Verpflichtung müssten die Industrieländer den Entwicklungsländern mehr entgegenkommen.

Bis Kopenhagen kommen die Verhandlungspartner zu zwei weiteren Sitzungen zusammen. Es wird also noch einige Gelegenheiten für Kompromisse geben. Die Delegierten aus den Entwicklungsländern müssen so lange noch auf Zugeständnisse warten.

Autor: Moritz Schröder
Redaktion: Sarah Mersch

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