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Koalitionsspiele - Es wird immer bunter

21. September 2009

Bei der Bundestagswahl stehen sich zwei Lager gegenüber: das bürgerliche und das linke Lager. Beide wollen die große Koalition beenden und setzen stattdessen auf erprobte oder vielleicht auch auf ganz neue Bündnisse.

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Fähnchen von CDU, Grünen und FDP vor dem Reichstag (Foto: DPA)
Bild: dpa

Die CDU/CSU will wieder mit ihrem alten Partner FDP zusammen regieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es mehr als einmal deutlich gesagt: Sie strebt eine schwarz-gelbe Koalition an. An der Spitze einer solchen Regierung kann sie ihre Politik am besten umsetzen.

Auch ihr Wunschpartner Guido Westerwelle will, dass seine Partei mit der Union koaliert. Ein wirtschaftsfreundliches, konservativ-liberales Bündnis soll die große Koalition ablösen und in Berlin wieder für klare Verhältnisse sorgen. Das heißt, es soll eine bürgerliche Regierung auf der einen Seite und eine linke Opposition auf der anderen Seite geben.

Rückkehr zu den ideologischen Lagern

Gerhard Schröder und Joschka Fischer (Foto: AP)
Waren die Väter der ersten rot-grünen Koalition: Gerhard Schröder (rechts) und Joschka FischerBild: AP

Die SPD will das Zweckbündnis mit der Union auch nicht mehr, in das sie durch die Pattsituation nach der letzten Wahl im Jahr 2005 hineingedrängt wurde. Die undankbare Rolle als Juniorpartner in einer großen Koalition hat dazu geführt, dass sie in den letzten vier Jahren zunehmend eigenes Profil einbüßte. Die Sozialdemokraten streben daher wieder eine rot-grüne Koalition an, wie sie einst 1998 in Bonn geschmiedet wurde und mit der die lange Regierungszeit von Helmut Kohl und seiner schwarz-gelben Koalition beendet wurde.

Die Rückkehr zu den ideologischen Lagern ist also das Motto dieses Wahlkampfs. Doch so einfach wie es aussieht, ist es nicht. Denn die Parteienlandschaft hat sich inzwischen verändert. Die großen Volksparteien müssen um ihre Vorrangstellung kämpfen. Vor allem die SPD muss um ihre Stellung als Volkspartei fürchten. Das erklärte Ziel von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, die stärkste Kraft im Bund zu werden, scheint kaum erreichbar zu sein.

Die Kleinen sind erwachsen geworden

Die kleinen Parteien dagegen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und werden von den Großen als mögliche Partner umworben. Sogar Parteien mit eng begrenzten Partikularinteressen, wie die neu gegründete Piraten-Partei, ziehen in einer immer breiter aufgefächerten Parteienlandschaft Aufmerksamkeit auf sich.

Dadurch werden neue Konstellationen möglich - Koalitionen in den Regenbogenfarben des politischen Spektrums. Die sogenannte Jamaika-Koalition zum Beispiel. Dieses Bündnis in den Nationalfarben Jamaikas - also bestehend aus CDU/CSU (schwarz), Grünen und Liberalen (gelb) - wird zwar nicht gewünscht, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Sollte es für Schwarz-Gelb nicht reichen, wäre das eine mögliche Alternative.

Sogar eine schwarz-grüne Koalition stößt bei den Wählern der Union und der Grünen längst nicht mehr auf kategorische Ablehnung. Vor allem die Grünen, die in den letzten Jahren zusammen mit ihrer Partei älter wurden, sind inzwischen in der bürgerlichen Mitte angekommen. Viele von ihnen können sich ein Bündnis mit der CDU - in den Gründertagen der Grünen eine undenkbare politische Zusammenarbeit - inzwischen durchaus vorstellen. Sollte die FDP ihren Höheflug nicht fortsetzen können und hinter den Erwartungen zurückbleiben, wäre eine schwarz-grüne Regierung nicht mehr auszuschließen.

Weniger Möglichkeiten für die SPD

Frank-Walter Steinmeier vor einem SPD-Plakat (Foto: AP)
Die SPD hat ihre linke Seite eingebüßtBild: AP

Den zahlreichen Möglichkeiten der Union kann die SPD nicht viel entgegen setzen. Die Sozialdemokraten stecken in einer Zwickmühle, denn ein Bündnis mit der Linken, eigentlich eine natürliche Folge des Lagerwahlkampfs, schließen sie kategorisch aus. Darum hat Kanzlerkandidat Steinmeier eine Wiederauflage der sozial-liberalen Koalition ins Gespräch gebracht, ein Vorschlag, der bei den Liberalen auf keine große Gegenliebe stößt.

Auch die wegen der Reformpolitik von Gerhard Schröder an die Linke verlorenen SPD-Wähler dürften sich von der Aussicht auf eine rot-gelbe Regierung kaum zurückholen lassen. Zu eindeutig stehen die Liberalen heute für die Interessen der Wirtschaft.

Das Dilemma der SPD ist, dass sie ihre Identität als linke Partei verloren hat, die Wähler in der Mitte aber kaum von sich überzeugen kann. Das schränkt auch ihre Koalitionsmöglichkeiten ein. Für die Union ist die Lage bequemer. Sie hat eine breitere Wählerbasis als die SPD und viele mögliche Koalitionspartner. Selbst eine Neuauflage der großen Koalition will Kanzlerin Merkel nicht ausschließen. Und so könnte die Wahl am 27. September ein Ergebnis bringen, das keiner der Beteiligten will - nämlich die Fortsetzung der großen Koalition.

Autorin: Bettina Marx

Redaktion: Kay-Alexander Scholz