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Strahlenschutzbericht

15. Juli 2009

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat seinen neuen Jahresbericht vorgestellt. Umweltminister Sigmar Gabriel nutzte den Termin für den Wahlkampf. Ein neues Leck im Atommülllager Asse half ihm dabei.

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Fotomontage: Umweltminister Gabriel und das explodierte Kraftwerk in Tschernobyl (Foto: dpa)
Gegen Atomkraft - Sigmar GabrielBild: picture-alliance/ dpa

Das Lager Asse liegt bei Wolfenbüttel in Niedersachsen. Sigmar Gabriel kommt aus der Region. Der Bundesumweltminister will am 27. September im Wahlkreis Salzgitter-Wolfenbüttel-Vorharz wieder direkt in den Bundestag gewählt werden. Auch deswegen hat der SPD-Politiker seinen Ton gegenüber der Atomwirtschaft in den letzten Wochen weiter verschärft und damit die energiepolitische Kluft innerhalb der Großen Koalition offenbart. Gabriel beißt mit seinen Forderungen, die acht ältesten deutschen Atomkraftwerke sofort vom Netz zu nehmen und eine Bundesaufsicht über die insgesamt 17 deutschen Kernkraftwerke einzurichten, bei CDU und CSU auf Granit. Die neue Asse-Panne spielt ihm zum richtigen Zeitpunkt in die Hände. Dort ist erneut radioaktiv belastete Lauge ausgetreten, unter anderem am tiefsten Punkt der Grube.

Einsturzgefährdetes Atommülllager - wer zahlt für die Sanierung?

Entsprechend drehte sich auch das gesamte erste Kapitel des Jahresberichts, den das Bundesamt für Strahlenschutz am Mittwoch (15.07.2009) vorgestellt hat, um die Zustände im maroden Atommülllager Asse. In dem ehemaligen Salzbergwerk sind mehr als 126.000 Fässer mit Atommüll eingelagert.

Ein unterirdisches Sperr-Schild in Asse (Foto: AP)
Gesperrter Durchgang im maroden Lager AsseBild: AP

Das Bundesamt ist seit Anfang des Jahres für die Sanierung des teilweise einsturzgefährdeten Atomlagers zuständig. Diese Sanierung wird den Steuerzahler viel Geld kosten, aber ginge es nach Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, würden andere bezahlen: “Wir halten es für zwingend geboten, dass in Zukunft die deutsche Atomwirtschaft für die Folgen ihres verantwortungslosen Umgangs mit Atommüll auch die Kosten trägt." Die Arbeiten in Asse könnten nach den schlimmsten Prognosen bis zu vier Milliarden Euro kosten.

Kopfschütteln beim Koalitionspartner

Bei der Union stößt Gabriels Finanzierungsvorschlag für die Asse auf Ablehnung. Auch die Liberalen weisen die Idee in dieser Form zurück. Michael Kauch, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, weist darauf hin, dass der "größte Teil des eingelagerten Atommülls nicht von den Kernkraftwerksbetreibern stammt, sondern aus Forschungseinrichtungen des Bundes und ähnlicher Einrichtungen, so dass man hier die Kosten schon verursachergerecht zuweisen muss." Was der Bund verursacht habe, müsse er auch zahlen. Laut Bundesumweltministerium werden allerdings gut zwei Drittel der Strahlung des schwach- und mittelradioaktiven Abfalls in Asse durch Brennelemente aus Kernkraftwerken verursacht.

Bohrende Frage - wo soll der hochradioaktive Müll gelagert werden?

Für hochradioaktiven Abfall aus den Atomkraftwerken gibt es in Deutschland noch kein Lager. Für die Suche nach einem solchen Endlager hat das Bundesamt für Strahlenschutz inzwischen aber neue, allgemeingültige Sicherheitskriterien entwickelt. Das heißt: Der wahrscheinlichste Standort, der Salzstock im niedersächsischen Gorleben, kann es werden, muss es aber nicht. Mit dem Beschluss zum atomaren Ausstieg im Januar 2000 wurde auch ein vorläufiger Forschungsstopp für Gorleben beschlossen, der noch mindestens bis Jahresende gilt. Der energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer, hält das für einen genauso großen Fehler wie den Atomausstieg selber: “Wenn wir in Gorleben nicht weiter erkunden, können wir ja nicht feststellen, ob es geeignet wäre. Insofern wird politisch die Endlagerfrage als Geisel genommen, um zu sagen: Die Endlagerfrage ist nicht gelöst, deshalb können wir mit der Kernkraft nicht weitermachen. Die Endlagerfrage ist technisch gelöst. Da brauchen wir keine neuen Kriterien, und da ist Herr Gabriel aufgerufen, nicht ständig neue Nebelkerzen zu werfen.”

Ein Bergmann bei Bohrarbeiten im Bergwerk Asse (Foto: dpa)
Unter Tage in AsseBild: picture-alliance/ dpa

Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, hält es nicht für ausgeschlossen, dass die Bundestagswahl am 27. September auch unmittelbare Konsequenzen für die Frage der Endlagerung des atomaren Mülls hat - vor allem dann, wenn eine neu gewählte Bundesregierung den Atomausstieg rückgängig machen würde: "Dient ein Endlager dazu, die Belastung, die wir schon haben, zu lösen oder dient so ein Endlager dazu, die Laufzeiten zu verlängern und den Neubau von Kraftwerken zu ermöglichen?" Für Wolfram König ist die Antwort "ganz entscheidend für die Frage, wie wir im nationalen Maßstab ein Endlager realisieren können”.

Autor: Benjamin Braden

Redaktion: Sandra Petersmann