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Indien boomt wieder

14. Juli 2009

Indiens Wirtschaft scheint glimpflich davongekommen zu sein. Für 2010 erwartet die Weltbank für Indien ein Wachstum von acht Prozent. Abgeschottete Banken und geringe Export-Abhängigkeit sind Trumpfkarten in der Krise.

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Zwei indische Frauen halten lächelnd ein Buch über Indien in der Hand (Foto: AP)
Indien hat gut lachenBild: AP

Die indische Wirtschaft ist 2008 um sechs Prozent gewachsen. Das sind drei Prozentpunkte weniger als die Jahre davor. Dieses geringere Wachstum habe zwar zu Arbeitslosigkeit und Rück-Abwanderung geführt, meint der Ökonom Abusaleh Shariff, "aber das ist nicht vergleichbar mit China".

Auch in diesem Jahr wird Indiens Wirtschaft voraussichtlich wieder in dieser Größenordnung wachsen. Davon können Industrie-Länder wie Japan, Deutschland oder die USA nur träumen.

Abgeschottete Banken und geringe Exportabhängigkeit

Indische Arbeiter bei der Automontage (Foto: DW)
Wachstumsmarkt Indien: für die Automobilindustrie besonders attraktivBild: DW-TV

Dass die indische Wirtschaft die Krise so gut übersteht, hat verschiedene Gründe. Zunächst einmal sind die direkten Auswirkungen ausgeblieben, weil das indische Bankenwesen relativ stark reguliert ist. So durften die indischen Banken gar nicht erst in riskante Finanzpapiere investieren. Und ausländische Banken spielen in Indien kaum eine Rolle. "Die indischen Unternehmen verlassen sich komplett auf die indischen Banken", erklärt Abusaleh Shariff. 95 Prozent des Banken-Umsatzes in Indien werde im öffentlichen Sektor gemacht.

Blick auf das Hochhaus der indischen ICICI Bank im Bandra Kurla Komplex in Bombay (Foto: dpa)
Indische Banken sind von den internationalen Finanzmärkten abgeschottetBild: picture-alliance/ dpa

Staatsgarantien für Banken in der Krise konnte sich Indien somit sparen. Und während ostasiatische Länder wie China, Japan und Korea indirekt von der Krise betroffen sind, weil ihre Exporte in die USA plötzlich einbrachen, ist die indische Wirtschaft weitaus weniger exportabhängig. Darin sieht Oliver Müller, Chefvolkswirt der deutsch-indischen Handelskammer in Neu-Delhi, Indiens große Stärke. Entscheidend sei daher ein robuster Binnenmarkt, der sehr stark von dem Konsum in den ländlichen Gebieten abhängt, wo immer noch fast 700 Millionen Menschen leben, sagt Oliver Müller.

Für die ländlichen Konsumenten ist eine gute Ernte wichtiger als alle Kapriolen der Welt-Märkte. Der Regierung und auch der indischen Börse macht es aktuell daher mehr Sorgen, dass der jährliche Monsun-Regen in Nordindien bisher nur schleppend einsetzt.

Trotz guter Aussicht weiteres Konjunkturpaket aufgelegt

Landleben in Indien (Foto: KfW)
Die Mehrheit der Bevölkerung in Indien machen die Bauern ausBild: John Hay

Um die Binnen-Nachfrage zu stabilisieren, hat es die Regierung für nötig befunden, im vergangene Woche vorgelegten Haushalt noch einmal ein massives, kreditfinanziertes Konjunktur-Programm aufzulegen. Für Oliver Müller ist das nicht ohne Risiko. Im Moment möge ein solches Programm noch sinnvoll sein, aber "spätestens ab nächstem Jahr - die Weltbank sagt für 2010 schon wieder acht Prozent Wachstum voraus in Indien - spätestens dann muss die Regierung umschwenken, und zwar sehr schnell umschwenken auf Haushaltskonsolidierung", sagt Oliver Müller weiter. Im Moment hat Indien ein gesamtstaatliches Defizit von elf bis zwölf Prozent.

Wenn die Regierung diese Kehrtwende schafft, steht Indien aber voraussichtlich ausgesprochen gut da und dürfte auch für ausländische Investoren wieder attraktiv werden - wenn die denn wieder Geld haben.

Autor: Thomas Bärthlein
Redaktion: Zhang Danhong