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Faire Oliven

6. Juli 2009

Landwirtschaft ist das Rückgrat der palästinensischen Wirtschaft. Wichtigstes Exportmittel ist das Olivenöl. Doch Bauern in abgelegenen Gegenden haben Probleme, Käufer zu finden. Hilfe bietet eine Fairtrade-Organisation.

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Mahmoud Issa ist Olivenbauer aus Jenin (Foto: Diana Hodali)
Mahmoud Issa ist Olivenbauer aus JeninBild: DW/ Diana Hodali

Die Szenen einer Olivenernte sind unvergesslich. Dutzende von Leitern ragen in den Himmel, auf denen die Pflücker nach der grünen Frucht greifen. Einer aus der Runde fängt an zu singen und ganz schnell stimmen alle anderen mit ein. Auf dem Boden liegen ausgebreitete weiße Laken, sanft fallen die Oliven auf die sauberen Tücher – so bleibt jede Olive heil und unbeschädigt. Jedes Jahr im Oktober erlebt der Olivenbauer Mahmoud Issa aus der Nähe von Jenin diese Prozedur aufs Neue – und immer mit großer Freude. "Wir kommen alle zusammen, Frauen, Kinder, einfach alle, pflücken die Oliven, sammeln sie und bringen sie in die Olivenpresse. Dann nehmen wir das Olivenöl mit nach Hause. Es ist immer ein so schöner Moment für uns, denn dann sehen wir das Resultat unserer harten Arbeit."

Familienbetrieb bevorzugt

In den 1990ern arbeitete der 35-jährige Issa noch als Tagelöhner in Israel. Die Preise für das Olivenöl waren damals schlecht. Bei 7 oder 8 Schekel lag der Preis pro Liter für kaltgepresstes Olivenöl, das sind umgerechnet gerade mal 1, 50 Euro. Irgendwann entschied sich Mahmoud Issa für eine Umkehr und konzentrierte sich fortan auf sein Eigentum, seinen Landbesitz. Eine zukunftsweisende Entscheidung: Denn heute können er und seine Familie ihr Olivenöl für den dreifachen Preis verkaufen. Weil ihm die Palestine Fairtrade Association PFTA in Jenin dabei hilft. Diese garantiert ihm jetzt einen fairen Preis für das Öl.

Fairtrade Olivenöl aus Palästina - in britischen Supermarktketten zu haben (Foto: Diana Hodali)
Fairtrade Olivenöl aus Palästina - in britischen Supermarktketten zu habenBild: DW/ Diana Hodali
Olivenfelder im Westjordanland, Foto: Diana Hodali
Bild: DW/ Diana Hodali

Zwei parallele Zertifizierungsprozesse

Mittlerweile gehören PFTA 41 Olivenölkooperativen an - bestehend aus insgesamt 1100 Bauern. Alle Kooperativen tragen seit 2006 das "Fair for Life"-Siegel aus der Schweiz. Acht Kooperativen verkaufen seit Januar dieses Jahres zusätzlich ihr Olivenöl mit dem Fairtrade-Siegel des internationalen Unternehmens Flo-Cert, so wie Mahmoud Issa. Ein Jahr hat es gedauert bis Issa dieses Fairtrade Siegel erhalten hat. Um die Qualität des Öls ging es dabei nicht, vielmehr um das Einhalten von Umwelt-, Sozial- und wirtschaftlichen Standards. Dass diese erfolgreich umgesetzt werden, könne man daran erkennen, dass man in britischen Supermarktketten das palästinensische Olivenöl bereits kaufen kann, erzählt der Präsident der PFTA, Nasser Abu Farha. "Wir haben beobachtet, dass die Kooperativen mit dem Flo-Cert Siegel besonders gut ihr Öl in Europa absetzen und wir mit dem "Fair for Life"-Siegel momentan mehr Erfolg in den USA haben. 50 Prozent unserer Verkäufe gehen in die USA."

Zwei Siegel – mehr Umsatz

Mahmoud Issa (l.) und Nasser Abu Farha bei einem Treffen bei PFTA (Foto: Diana Hodali)
Mahmoud Issa (l.) und Nasser Abu Farha bei einem Treffen bei PFTABild: DW/ Diana Hodali

Mahmoud Issa ist Sprecher der acht Kooperativen mit dem Flo-Cert Siegel. Für ihn hat sich der lange aufwändige Zertifizierungsprozess gelohnt. Er verkauft mittlerweile rund drei Tonnen Olivenöl pro Jahr ins Ausland. Mahmoud Issa sieht sich als Vermittler zwischen den Bauern und den Händlern. Eine Entwicklungsprämie von 0,50 Eurocent pro Liter gibt den Kooperativen zusätzlich Geld in die Hand, über das sie dann kollektiv entscheiden – meist kaufen sie neue Behälter. "Fairtrade hat unser Leben verändert und uns Zugang zu einem internationalen Markt verschafft, der uns einen festen Absatzpreis garantiert", sagt Issa. "Sonst haben wir unsere Erträge immer unterhalb des Handelspreises verkauft. Außerdem haben wir jetzt auch wirtschaftliche Kontakte. Organisationen und Käufer kommen auf uns zu und besuchen uns."

Probleme bei der Ernte

Stolz ist der Olivenbauer auf seinen Familienbesitz. In der eigentlich kargen Landschaft verleihen die Blätter seiner etwa 1500 ehrwürdigen Bäume der gesamten Umgebung einen silbergrünen Schimmer. Doch es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Denn weitere 300 Bäume, die im Besitz der Familie sind, befinden sich hinter einer Mauer, der Trennmauer, die Israel seit 2002 um das Westjordanland baut. Diese verläuft genau durch den Besitz der Familie Issa und vieler anderer Familien in dem kleinen Ort Anin. Die Früchte der Olivenbäume auf der anderen Seite drohen einzugehen, denn nur einen Monat im Jahr dürfen Issa und seine Familie auf das Feld und dann noch nicht mal jeden Tag: "Es werden zwei Tage pro Woche festgelegt, an denen wir zu unseren Olivenbäumen auf der anderen Seite dürfen. Sogar die Uhrzeiten werden festgelegt, meist ist es von 6 Uhr bis 15 Uhr. Egal ob es regnet oder was anderes passiert, wir können immer erst dann heim, wenn das Tor wieder aufgemacht wird."

Es gibt nur diesen Eingang durch die Mauer zu den Feldern auf der anderen Seite (Foto: Diana Hodali)
Es gibt nur diesen Eingang durch die Mauer zu den Feldern auf der anderen SeiteBild: DW/ Diana Hodali

Durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit habe er bereits 70 Prozent der Erträge dieser Bäume verloren, sagt Mahmoud Issa. Aber er will nicht aufgeben, kämpft immer wieder um sein Land, stellt immer wieder einen Antrag auf einen Passierschein, denn: "Der Boden, das Land bedeutet alles für mich", sagt er. "Das Land versorgt mich, es ist Teil unseres Lebens, ein Teil von mir. Ich kann es mit nichts vergleichen. Das Land und die Bäume sind einfach für uns bestimmt."

Autorin: Diana Hodali

Redaktion: Peter Koppen