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Zweckbündnis ohne große Sympathie

30. Juni 2009

Trotz der Proteste im Iran hält der Kreml dem daheim umstrittenen Amtsinhaber Ahmadinedschad die Treue. Man schätzt ihn als pragmatischen Partner in der Region, sowohl wirtschaftlich als auch politisch.

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Wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem Iran und Russland (Foto:DW)
Russland stellte den Atomreaktor Buscher in Teheran fertigBild: AP GraphicsBank

Alexander Sadownikow wird von nicht wenigen seiner Kollegen im Teheraner diplomatischen Corps beneidet. Der russische Botschafter im Iran gilt als wichtigster und meist umworbener Diplomat, dem sich Tor und Tür öffnen während andere Repräsentanten fremder Staaten mühsam antichambrieren müssen. Diese Sonderstellung des russischen Vertreters in Teheran verdeutlicht die tiefen Veränderungen, die die Beziehungen zwischen Moskau und Teheran seit dem Zerfall der Sowjetunion durchgemacht haben. Russland ist heute einer der wichtigsten Handelspartner des Iran und bei den bisherigen amerikanischen Bemühungen um internationale Sanktionen gegen den Iran wegen des Atomstreits, waren die Russen immer wieder eher Bremser und Verhinderer. Was nicht nur ihren wirtschaftlichen Interessen entsprach, sondern auch ihrem neuen geopolitischen Verständnis. Denn da zählt der Iran – neben China und Indien – zu den drei wichtigsten Partnern Moskaus.

Der Atomreaktor Buschehr im Iran (Foto:AP)
Gemeinsame Interessen - AtomkraftBild: AP

Schon immer Interesse am Iran

Das war keineswegs immer so. In der Geschichte hatte Russland sich zwar immer schon für den Iran interessiert, aber nicht als Partner sondern zur Mehrung der eigenen Macht. So trennte es Teile des alten persischen Reiches ab und gliederte sie dem eigenen Reich ein oder es besetzte – so geschehen im Zweiten Weltkrieg - andere Teile im Nordiran, während die Briten sich im Süden bedienten

Nach der Islamischen Revolution 1979 lag das gegenseitige Interesse zunächst auf Eis. Zwar haben die Sowjets sicher mit Genugtuung den Bruch zwischen Teheran und Washington beobachtet, sie waren aber ebenso verunsichert vom harten religiösen Kurs im Iran, der auf die muslimischen Randgebiete des Sowjetreiches überzugreifen drohte. Und die neuen Machthaber dort konnten ihrerseits mit dem Kommunismus nichts anfangen. Sie waren überdies verbittert wegen der langjährigen engen Verbindung zwischen der Sowjetunion und dem Irak mit dem der Iran von 1980 bis 1988 in einem blutigen Krieg lag.

Gemeinsamer Atomreaktor

Erst drei Jahre nach Beendigung dieses Krieges und dem Ende der Sowjetunion, war der Weg zu einer Vertiefung und Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen frei. Erleichtert wurde dies dadurch, dass die USA den Iran mit Sanktionen belegt hatten und die wichtigsten westlichen Staaten sich trotz ihrer eigenen Interessen am Iran diesen Sanktionen teilweise anschlossen.

Treffen der Schanghai Gruppe (Foto:AP)
Mittlerweile gehört der Iran der Schanghai Gruppe anBild: AP

Wichtigstes Beispiel hierfür ist zweifellos der Atomreaktor von Buschehr, den deutsche Firmen noch zur Schahzeit begonnen hatten, nach der Revolution aber nicht bereit waren, die im Krieg auch noch beschädigte Anlage weiterzubauen. 1995 vereinbarten Moskau und Teheran, dass Russland Buschehr fertig stellt. Die Arbeiten an dem Milliardenprojekt wurden nach zahlreichen Verzögerungen im Februar 2009 mit einem ersten Testlauf

abgeschlossen. Die russische Atomenergiebehörde Rosatom hat inzwischen bereits weitere Verträge über den Bau zusätzlicher Reaktoren abgeschlossen. Ein einträgliches Geschäft für Moskau und Rückenstärkung für Teheran, das vom Westen bedrängt wird, keine atomare Selbständigkeit anzustreben, weil diese letztlich zum Bau von Atomwaffen führen könnte.

Wirtschaftliche Gründe

Russland ist längst auch in anderen Bereichen aktiv. So will es auch im Bereich der Gas- und Erdöl-Exploration und -Förderung groß einsteigen nachdem westliche Firmen auch hier weitgehend den Sanktionsbeschlüssen ihrer Regierungen unterliegen. Die Russen bieten sich deswegen auch gezielt als Alternative an. Ein überzeugender Grund für Moskau, Iran-Sanktionen abzulehnen und die wirtschaftlichen wie politischen Beziehungen zum Iran weiter auszubauen.

Russland gelingt es dabei sogar gute und sehr gute Beziehungen mit Israel zu unterhalten, während man gleichzeitig Israel-Gegner Ahmadinedschad hofiert. Wankelmütig und unschlüssig wird Moskau nur, wenn dieser moderne Luftabwehr-Raketen haben möchte, um sich gegen einen möglichen israelischen Angriff zu schützen. Ebenso versucht Moskau, eine aktive Rolle im nahöstlichen Friedensprozess zu spielen während Teheran Israel und einen Frieden mit diesem ablehnt.

Russland Israel Lavrov Lieberman
Außenminister Avigdor Lieberman (l.) zu Besuch bei seinem Amtskollegen Sergey Lavrov in MoskauBild: AP

Gegen den Einfluss der USA

Neben wirtschaftlichen Gründen gibt es für die engen russisch-iranischen Beziehen sicher auch eine politische Motivation: Moskau und Teheran sind gleichermaßen beunruhigt über den verstärkten Einfluss der USA in der Region und dies führte unter anderem zur Stärkung der "Schanghai-Gruppe“, der der Iran inzwischen als Mitglied angehört. Und bei aller betonten Freundschaft zwischen Teheran und Ankara: Nicht ganz geheuer sind Iranern wie Russen die Ansprüche, die der NATO-Partner Türkei in der Region erhebt.

Bei so vielen Gemeinsamkeiten ist mit einem Abflauen der russisch-iranischen Affinität nicht zu rechnen. Es handelt sich um ein Zweckbündnis ohne große Sympathie. In Frage gestellt würde es erst, wenn der Westen - besonders die USA - einen neuen Zugang zum Iran finden könnten. Das aber zeichnet sich gegenwärtig nicht ab.

Autor: Peter Philipp

Redaktion: Diana Hodali