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Prozess gegen Suu Kyi

26. Juni 2009

In Rangun steht die birmanische Oppositionspolitikerin Suu Kyi vor Gericht. In einem Prozess, der den Namen nicht verdient, meint Anwalt und Amnesty-International-Mitarbeiter Bernd Forster im Interview mit DW-WORLD.DE.

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Aung San Suu Kyi Foto: AP)
Aung San Suu KyiBild: AP

DW-WORLD.DE: Warum zieht sich der Prozess gegen Aung San Suu Kyi so lange hin?

Bernd Forster: Die ganze Sache zieht sich schon über einen sehr langen Zeitraum hin. Aung San Suu Kyi ist ja seit 1989 immer wieder ohne rechtlichen Grund verhaftet worden. Die Hintergründe dafür sind rein politisch. Und jetzt wird wohl auch aus politischen Gründen das Urteil verzögert werden. Man will sich offenbar den Anschein einer gewissen Rechstaatlichkeit geben.

Welches Interesse haben denn die Generäle in Rangun daran, sich diesen Anschein einer Rechtstaatlichkeit zu geben - denn eigentlich haben sie ja bisher sämtliche Proteste der internationalen Gemeinschaft ignoriert.

Sie wollen die eigene Macht erhalten, das ist der einzige Grund. Seit fast fünf Jahrzehnten gibt es nun schon eine ganz repressive Militärdiktatur in Birma. Die meiste Zeit bekommt die Weltöffentlichkeit davon nicht viel mit. Es gibt allerdings Ausnahmen, zum Beispiel den Studentenaufstand von 1988. Die jungen Leute demonstrierten damals friedlich gegen steigende Preise - das Militär aber beendete ihre Aktion mit voller Brutalität. Und vor zwei Jahren dann der sogenannte Marsch der Mönche. Auch das ein friedlicher Protest, der blutig niedergeschlagen wurde. Sogar ein ausländischer Pressefotograf aus Japan wurde dabei durch den gezielten Schuss eines Militärs getötet.

Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi ist ja sehr beliebt im Land, die Menschen nennen sie respektvoll "die Lady" und hoffen entgegen aller Vernunft, dass sie in dem derzeitigen Prozess eventuell freigesprochen werden könnte. Große Demonstrationen für die Gefangene gibt es aber bisher nicht - ist es den Generälen mit ihrer Brutalität in den vergangenen Jahren gelungen, grundsätzlich den Willen zum Protest beim birmanischen Volk zu brechen?

Ja, so ist es. Die Menschenrechte werden in Birma nicht geschützt, freie Meinungsäußerung ist nicht möglich, gleiches gilt für Versammlungen mit politischem Hintergrund. Selbst ein friedlicher Aufmarsch barfüßiger Mönche wird niedergeschossen. Insofern sind die Menschen natürlich schon sehr vorsichtig und wissen ganz genau, dass das Regime in dem Moment, in dem sie politisch aktiv werden, sofort zuschlägt.

2010 stehen in Birma die nächsten Wahlen an. Wahlen, mit denen sich das Regime in Rangun noch einmal den Anschein der Rechtstaatlichkeit geben und der Welt beweisen will, wie "demokratisch" das System ist. Diese Wahlen gelten als ein Hauptgrund dafür, dass Aung San Suu Kyi jetzt wieder unter Anklage steht.

So sehe ich es auch. Die Wahlen im Jahr 1990 waren an für sich frei - damals zugelassen von den Militärs. Und diese Wahlen hat Suu Kyi haushoch gewonnen. Seitdem wartet sie auf die Machtübergabe. Stattdessen ist sie im Hausarrest gelandet, sitzt jetzt im Gefängnis und steht unter Anklage. Die Militärs wollen sich den Anschein geben, dass hier ein Straftatbestand vorliegt und man deshalb praktisch einen Prozess gegen Aung San Suu Kyi führen muss. Dabei war der Hausarrest an sich schon willkürlich und stellt einen Verstoß gegen die Menschenrechte dar: Kein Mensch darf willkürlich ohne Anklage und ohne Grund verhaftet werden. Und die offizielle Begründung, warum die Oppositionspolitikerin jetzt vor Gericht steht, ist ja auch sehr mysteriös. Wenn eine Person in Schutzhaft genommen wird und zum sogenannten Eigenschutz unter Hausarrest gestellt wird, dann kann man dieser Person ja nicht vorwerfen, wenn ein Dritter es schafft, in ihr Haus einzudringen. Stattdessen müsste sich das Militär eigentlich selbst den Vorwurf machen, die "Schutzbefohlene" eben nicht ausreichend geschützt zu haben. Der gesamte Ansatz ist schief. Logisch, rechtlich und verglichen mit internationalen juristischen Standards haben wir es hier mit einem völlig absurden Vorwurf gegen Aung San Suu Kyi zu tun. Die Friedensnobelpreisträgerin soll einfach aus dem Verkehr gezogen werden.

Bernd Forster ist Anwalt und Mitarbeiter bei Amnesty International.

Das Gespräch führte Nicola Reyk.
Redaktion: Esther Broders