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"Streik" für ein besseres Bildungssystem

17. Juni 2009

Hunderttausende Schüler und Studenten sind bundesweit zu Demonstrationen für mehr und bessere Bildung auf die Straße gegangen. In rund 70 Städten versammelten sie sich zu Kundgebungen. Gelegentlich gab es auch Randale.

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Studentin reckt gelbes Protestspruchband in die Luft (Foto: dpa)
Mit Transparenten für bessere Bildung und gegen StudiengebührenBild: picture-alliance/ dpa

Bereits Anfang der Woche hatte der so genannte "Bildungsstreik" mit Debatten und Besetzungen von Hochschulgebäuden begonnen. Insgesamt sollen die Proteste fünf Tage andauern. An diesem Mittwoch (17.06.2009) erreichten sie ihren vorläufigen Höhepunkt.

Marschierende Demonstranten werden von einer Reihe Polizisten aufgehalten (Foto: dpa)
Manchmal wie hier in Frankfurt kamen sich Polizei und Demonstranten gefährlich naheBild: DPA

Rund 240.000 Schüler und Studenten in rund 70 Städten waren nach Angaben der Veranstalter beteiligt. Im Zentrum ihrer Kritik stehen vor allem Studiengebühren, die Verschulung des Studiums im Rahmen der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge sowie die verkürzte Oberstufe beim achtjährigen Gymnasium. Die Gewerkschaften Verdi und GEW unterstützen die Aktionen zum Teil.

Randale im Dortmunder Rathaus

Der überwiegende Teil der Demos verlief friedlich, doch gelegentlich kochte auch die Wut über. In Mainz verschafften sich Demonstranten Zugang zum Abgeordnetenhaus des rheinland-pfälzischen Landtages. Sie drangen in das Gebäude ein und beschmierten Wände mit Parolen. Eine Foto-Ausstellung der CDU-Fraktion über den Volksaufstand in der DDR, sei beschädigt worden, so eine Sprecherin der Partei.

Am Rande eines Protestmarsches in Dortmund drangen Randalierer ins Rathaus ein. Sie zerstörten das Mobiliar und beschmierten die Wände. Auch in Jena kam es zu Zwischenfällen, als Demonstranten ein Studien- und Prüfungsamt stürmten, Tische und Stühle umwarfen und Plakate von den Wänden rissen. Darüber hinaus wurde in vielen Städten der Verkehr lahmgelegt.

Bildungsministerin Anette Schavan (Foto: DW)
Zeigt wenig Verständnis: Bildungsministerin SchavanBild: DW-TV

Bundesbildungsministerin Annette Schavan zeigte wenig Verständnis für die Proteste. Im Deutschlandfunk nannte die CDU-Politikerin die Forderungen der Studierenden "zum Teil gestrig". Wer etwa die verkürzten Bachelor- und Masterstudiengänge wieder abschaffen wolle, der müsse auch zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland mittlerweile Teil eines europäischen Bildungsraumes sei. Schavan kündigte an, im Juli auf einer Konferenz bei den Studenten für mehr Akzeptanz zu werben.

"Soziale Auslese nicht tragbar"

Hunderte Schüler tragen ein Transparent vor sich her (Foto: dpa)
Auch Schüler ziehen seit Tagen protestierend durch die Straßen wie hier im hessischen GießenBild: dpa

Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), begrüßte unterdessen die bundesweiten Proteste. Diese seien längst überfällig, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Alle Expertisen von Bildungs- wie von Wirtschaftsforschern wiesen seit Jahren darauf hin, dass die soziale Auslese im deutschen Bildungssystem nicht länger tragbar sei. Es gebe dringenden Korrekturbedarf bei der weiteren Umsetzung der so genannten "Bologna-Reform", so Burchhardt. Dazu gehörten eine echte Überprüfung der Lehrinhalte, aber auch eine solide personelle Ausstattung.

Europäischer Hochschulraum

Am 19. Juni 1999 hatten 30 europäische Staaten die so genannte "Bologna-Erklärung" unterzeichnet. Heute stehen 46 Länder hinter diesem Projekt. Dessen Ziel ist es, bis zum Jahr 2010 einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu schaffen.

Auch die Vorsitzende der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz, Margaret Wintermantel, räumte praktische Probleme bei der Umsetzung in den vergangenen zehn Jahren ein und zeigte deshalb Verständnis für die Kritik der "Streikenden". Am Grundsatz der Studienreform wollte sie dennoch nicht rütteln. Deren "europaweite Logik", sagte sie im Zweiten Deutschen Fernsehen, sei richtig. (uh/mas/ap/dpa/kna)